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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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weiter befestigt. Irgendwann waren wir alle besoffen und ich bin dagegen gedengelt. Das sollte fünftausend Kracher kosten, stand direkt dran. Da fing er gerade an, eine große Nummer zu werden. Fünftausend Steine. Und ich hab’s runtergeworfen. Ist komplett zu Bruch gegangen. Fünftausend Mark. Ich hab ihn gefragt, ob ich ihm jetzt fünftausend Mark schulde. Und das Ding, das kommt noch dazu, das war wirklich gut gewesen. Wirklich gut. Und er hat bloß gesagt: Scheiß drauf, ich mach was Neues. Das war dein Bruder.”
    “Er war schon cool”, gab Herr Lehmann zu.
    “Cool ist gar kein Ausdruck. Und so einer schweißt jetzt in New York Heizungen zusammen.”
    “Vielleicht macht’s ihm ja Spaß”, sagte Herr Lehmann. “Ich meine, wenn er wirklich cool ist, dann regt er sich über so einen Scheiß vielleicht nicht groß auf. Jedenfalls war er nicht schlecht drauf, als er mir das erzählt hat. Er hat noch gemeint, wenn er schon als Holländer geht, dann kann er auch gleich große Schinken malen.” Er lachte. Karl nicht.
    “Das ist eine ganz traurige Geschichte, Herr Lehmann.”
    “Ich weiß nicht”, sagte Herr Lehmann. “Vielleicht ist es schlimmer für dich als für meinen Bruder.”
    “Wie meinst du das?”
    “Keine Ahnung, kommt mir nur so vor. Wundert mich, daß du dich so aufregst.”
    “Hier, ich zeig dir mal was!” Sein bester Freund Karl ging zur Werkbank, faßte hinter ein großes Schrott-Artefakt, das darauf stand, und warf es auf den Fußboden. Es zerbrach in viele Teile. “Daran habe ich jetzt zwei Tage gearbeitet. Ist aber nichts wert.”
    “Warum nicht?”
    “Weil es Scheiße ist. Und das da auch.” Sein bester Freund Karl ging zu einem Objekt, das auf dem Boden stand und trat es um. Dann drehte er sich zu Herrn Lehmann um und sah ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an, so als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
    “Schluß, aus, hör auf mit dem Scheiß”, rief Herr Lehmann, der jetzt furchtbar erschrocken war. “Das ist doch Quatsch! Was soll der Scheiß. Das ist einfach nur Quatsch.” Er ging zu Karl und hielt seinen Arm fest.
    “Herr Lehmann, ich sag dir mal was. Wenn dein Bruder zwei Heizungsrohre zusammenschweißt, oder was immer er da macht, dann ist das schon mehr wert als der ganze Scheiß hier.”
    “Jetzt mach mal halblang.” Herr Lehmann konnte diesen pathetischen Mist nicht ausstehen, und der weinerliche Unterton, den die Stimme seines Freundes hatte, ging ihm auf die Nerven. Das ist nicht der Karl, den ich kenne, dachte er. “Du bist ja bloß mit den Nerven fertig”, sagte er. “Du solltest dich mal richtig ausschlafen oder vernünftig was essen, oder einen wegstecken oder so. Das ist doch Superzeug, was du da machst.”
    “Du hast doch überhaupt keine Ahnung davon. Was weißt du denn?”
    “Natürlich habe ich keine Ahnung. Du aber auch nicht. Du bist ja wohl der letzte, der seinen eigenen Kram beurteilen kann. Dir fehlt der Abstand. Laß das mal alles so stehen und denk ein paar Tage nicht mehr dran. Außerdem müssen wir gleich los.”
    “Wohin?”
    “Zur Arbeit, du Dödel. Wir haben gleich eine Schicht im Einfall. Du auch. Das wird dich auf andere Gedanken bringen. Manchmal glaube ich, Erwin hat recht, und man sollte sich Sorgen um dich machen.”
    “Hat er das gesagt?”
    “Ja.”
    “Der soll sich mal lieber Sorgen um seine Leber machen.” Karl wirkte plötzlich wieder entspannt und heiter. “Schicht im Einfall?”
    Herr Lehmann seufzte. “Ja. Im Einfall.”
    “Hatte ich ganz vergessen.”
    “War klar.”
    “Eigentlich müßte ich hier weitermachen.”
    “Nix! Komm mal lieber mit ins Einfall. Das bläst dir die Scheiße aus dem Kopf, wenn du mal was Vernünftiges machst.”
    “Ach Frank”, seufzte sein Freund Karl und legte einen schweren Arm um Herrn Lehmanns Schulter. “Weißt du, was ich an dir so mag?”
    “Nein.”
    “Daß du mit Kunst und dem ganzen Scheiß nichts zu tun hast. Du bist so… so …” Sein bester Freund Karl wedelte mit der freien Hand in der Luft herum, als wollte er dort das passende Wort erhäschen.
    “Langweilig?” schlug Herr Lehmann vor.
    “Nein, nicht langweilig. Nur so … so erfrischend simpel.”
    “Ja”, sagte Herr Lehmann amüsiert. “Das sagen viele. Und du solltest mal eben noch duschen, Herr Schmidt. Du stinkst.”
    “Siehst du, das meine ich.”
    “Ich weiß.”

    Kapitel 14

    WIEDERVEREINIGUNG

    Es tat Herrn Lehmann gut, wieder mit seinem besten Freund zu arbeiten. Das hat mir

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