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Herr Möslein ist tot (German Edition)

Herr Möslein ist tot (German Edition)

Titel: Herr Möslein ist tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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biege hinter dem KDW rechts ab, lasse die Partymeile zurück und parke einfach quer auf dem Bürgersteig. Auch hier, in der Bayreuther, sind alle Parkflächen heillos zugestellt. Die Tür zum Goldenen Apfel steht offen.
    »Betty, heute kann ich gar nicht umfallen, so viele Leute sind hier!«, schreie ich aufgeregt, denn Daliah Lavi singt so laut, dass es auf die Straße hallt: Ich wollt nur mal mit dir reden. Ich wollt nur mal deine Stimme hörn, und verhindert fast, dass Betty meine Stimme hört. Tatsächlich stehen hier dicht gedrängt Menschen aus Ost und West, ummantelt von einem an- und abschwellenden Stimmengewirr und eingehüllt in eine wabernde Wolke Zigarettenrauch. Die Bar ist für uns nicht einsehbar. Betty, Ingo und ich drängeln uns im Gänsemarsch bis zum ersten Tisch, rechts neben der Tür. An diesem sitzt, auf dem einzigen daran stehenden Stuhl, ein älterer Herr mit grauen Haaren. Er trägt ein rotes Jackett, die Ärmel hochgekrempelt, mit einem grauen T-Shirt darunter. Fast zu modern für einen Mann seines Alters, denke ich hinterwäldlerisch und schaue im nächsten Moment wieder Richtung Bar.
    »Hallo!«, sagt der Mann, weil wir, von den Massen gedrängt, schon fast auf seinem Tisch sitzen. »Ich heiße Karl-Heinz!« Betty stellt uns vor. Ich nicke Karl-Heinz zu und stelle mich auf die Zehenspitzen. Obwohl Carsten 1,96 m groß ist, kann ich seinen Kopf nirgends erblicken. »Seid ihr aus dem Osten?«, fragt Karl-Heinz hinter mir.
    »Ja, sieht man das?«, fragt Ingo schelmisch.
    »Ich weiß nicht«, erwidert unser neuer Bekannter, »ich frage bloß, weil ich allen Ostdeutschen ein Getränk anbieten möchte.« Ich drehe mich um, und plötzlich ist mein Durst größer als meine Sehnsucht. Vor dem grauhaarigen Gönner stehen mehrere Gläser Bier, Wein und Saft.
    Fast gleichzeitig sagen wir: »Ja, wir sind aus dem Osten!«, greifen nach den alkoholischen Getränken und stoßen mit Karl-Heinz an. Betty fragt gutgelaunt: »Sie scheinen sich ja sehr über uns Ostdeutsche zu freuen!«
    »Kannst ruhig du sagen!« Karl-Heinz stellt sein Bierglas ab und sich neben uns.
    »Warum schaust du dich die ganze Zeit so unruhig um?«, fragt er mich.
    »Ich suche Carsten, kennst du ihn?«
    »Natürlich!«, Karl-Heinz lächelt so, wie nur feine ältere Herren lächeln können, nicht süffisant, eher höflich. »Er arbeitet hier. Ist ein netter Bursche.«
    Sofort summen wieder die Bienen in meinem Kopf, und Käfer krabbeln durch meinen Bauch. »Ist er hier?«
    »An so einem Tag? Selbstverständlich!«
    »Okay, dann versuche ich, mich jetzt durch die Massen zu drängeln! Bleibt ihr hier?«
    Ich warte Bettys und Ingos Zustimmung nicht mehr ab und drücke mich mit ganzer Kraft gegen die Menschenmauer, die sich träge öffnet. Daliah singt gerade Ohohohohohoh, wann kommst du? Jetzt!, möchte ich ihr zurufen, jetzt komme ich! Ich schlüpfe durch die Körper, wie ein Flummi aus einer eingefetteten Hand. Mit jedem Durchflutschen streife ich auch jede eventuell vorhandene Skepsis und alle Zweifel ab. Nur wenige Meter entfernt muss er sein, der, nach dem ich so lange gesucht habe. Der Mann, dem ich mein erstes Buch gewidmet habe, der seit 2006 in meinem Leben die absolute Hauptrolle spielt. Mit Tunnelblick und nur noch einem Ziel vor Augen, zwänge ich mich gerade an einer furchtbar schwitzenden Frau mit Stonewashed-Jeans vorbei, und Daliah singt dazu: Nur wenn ich lachen muss, tut es weh! Immer Daliah. Hier heißt sogar der Haushund, der für meinen Sturz verantwortlich ist, Daliah. Der Drecksköter wird heute bestimmt totgetrampelt, denke ich gerade, als ich durchgeschwitzt den Tresen erreiche. Mir ist völlig egal, wie ich aussehe. Ich habe auch keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn plötzlich steht Carsten vor mir. Zwischen uns sind nur der Tresen und der Drink, den er gerade mixt. Carsten trägt wieder das grüne Hemd, die helle Bundfaltenhose und die Fliege. Ich finde seine Klamotten immer noch befremdlich. Aber, beruhige ich mich, es kommt nicht auf die Hose an, sondern auf das Herz, das über ihr schlägt!
    Carstens durch die Blondierung widerspenstig vom Kopf abstehende Haare flackern im Rhythmus der am Barschrank befestigten Lichterkette abwechselnd grün, blau und rot. »Hallo, Carsten!« Ich schreie es fast. Carsten schaut zu mir auf. In seinem Blick liegt etwas Unscharfes, aber außerordentlich Glückliches. Mein Pulsschlag erhöht sich auf das gefühlte Hundertfache.
    »Hallo, Tatjana! Willst du etwas

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