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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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Augenblick zu beenden, in dem er das Würstchen dem Kunden mit immer demselben Kommentar in die Hand gibt: »Zwölf Reichstaler, danke.« Ich schaue ihm gern zu, betrachte seine Haltung, seine Selbstverständlichkeit, seine Würstchentechnik und seine Worttechnik. Er hat etwas von der selbstverständlichen Haltung von Papa, wenn er Pfannkuchen serviert und gleichzeitig über das Lachsangeln redet, so als könne man beim Pfannkuchenbacken über gar nichts anderes reden.

    An zwei Abenden die Woche stehe ich beim Würstchen-Mann. Immer so gegen halb sieben:

    »Ich hätte gern ein Würstchen mit gerösteten Zwiebeln und Senf im Brötchen …«

    »Welcher Senf?«

    »Der stärkste, den du hast.«

    »Der stärkste, den ich habe, Mister. Bitte schön, zwölf Reichstaler, danke.«

    Ich mag es, dass Winston mich Mister nennt, als wäre ich jemand, ein sehr wichtiger, auserwählter Kunde. Ich lehne mich an den Tresen und genieße die wurstige Leckerei.

    Ich fange von links an von dem Würstchen abzubeißen, dann drehe ich es um und arbeite mich von rechts heran. Dann beende ich das Festmahl, indem ich das Brötchen separat esse, als wäre es ein Nachtisch. Eine halbe Stunde ungefähr bleibe ich stehen, fünfundvierzig Minuten, vielleicht eine Stunde oder zwei. Ich lese eine vergessene Zeitung, ganz gleich welche, es fühlt sich gut an, etwas zu haben, an dem man sich festhalten kann, etwas anderes als die Servietten und den Tresen, der trotz allem verseucht sein kann, man denke nur an all die Finger und Hände, die den Tresen im Laufe der Jahre berührt haben.

    Zwei Wochen später tauche ich dreimal wöchentlich auf. Immer so gegen halb sieben. Winston erkennt mich, grüßt mit einem Nicken.

    »Ein Würstchen mit …«

    »Ein Würstchen mit gerösteten Zwiebeln und Senf im Brötchen. Welcher Senf?«

    »Der stärkste, den du hast.«

    »Der stärkste, den ich habe, Mister. Bitteschön, zwölf Reichstaler, danke.«

    Vier Tage später.

    Ich gehe zum Tresen, aber diesmal ist er schneller:

    »Ein Würstchen mit gerösteten Zwiebeln und Senf im Brötchen, und der stärkste Senf, den ich habe.«

    »Genau.«

    »Genau, Mister. Bitte schön, zwölf Reichstaler, danke.«

    Eine Woche später:

    »Hallo, Mister.«

    »Hallo, Sir.«

    Drei Minuten später bekomme ich mein Würstchen im Brötchen mit gerösteten Zwiebeln und dem stärksten Senf, den er hat. Yes Sir . Ich nenne Winston gern einfach Sir. Er scheint auch nichts dagegen zu haben.

    Die Würstchenbude ist mein neues Ausflugsziel geworden. Das einzige Ziel, das ich am Tag habe. Ich spüre, dass die Rituale in der Nähe des Würstchen-Manns weniger aggressiv sind. Vielleicht kann dies meine neue Timeout-Zone werden. Ich gehe jeden Tag hin, und wir unterhalten uns über alles Mögliche. Meist geht es um Autos und Lachsangeln. Winstons inzwischen verstorbene Frau stammt aus demselben Landstrich wie ich. Sie war das Meer und die Berge gewohnt, die Möwen und das Wetter. Er bereut ein wenig, dass er nicht dorthin gezogen ist, sagt er. Da oben hatte das meiste doch einen Sinn. Wenn Winston fragt, wie ich nur freiwillig vom Schönen ins Hässliche ziehen konnte, dann lüge ich und versuche ein Lächeln:

    »Du weißt schon, die Liebe.«

    »Ich weiß«, antwortet er ernst, ehe er mit einem Lächeln hinzufügt:

    »Das hab ich befürchtet.«

    Er fragt, was ich gemacht habe, wie ich mir das Bein verletzt habe, und ich antworte so, wie es ist:

    »Bei der Arbeit.«

    Da lächelt er, wenn auch nur sehr gedämpft. Zwischendurch, oft während er das nächste Würstchen vorbereitet, sieht er mir ins Gesicht, kommentiert einen Fleck, gibt mir kleine Tipps, wo es Kleider im Schlussverkauf gibt, wo er seine Schuhe kauft, fragt, ob ich nicht weniger Würstchen und dafür viel mehr von allem anderen essen sollte. Ich erzähle, dass ich Rippchen mag. Da fragt er, ob ich sie langsam im Ofen aufwärme oder ob ich sie grille. Ich antworte, dass ich sie grille und dann kalt esse.

    »Aha«, sagt er und fragt, warum ich sie nicht warm esse.

    »Der Job«, antworte ich.

    »Hab ich befürchtet«, erwidert er und gibt mir ein Würstchen im Brötchen mit gerösteten Zwiebeln und dem stärksten Senf, den er hat.

    »Ich lade dich ein«, sagt er. »Ich lade dich ein, wenn du versprichst, nach Hause zu ziehen. Zieh nach Hause«, fährt er fort, während er das nächste Gratiswürstchen fertig macht.

    »Du solltest nicht hier wohnen. Mach dich auf nach Hause, Mister.«

    Eines Tages gibt

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