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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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Esslöffel und erhitze alles mit dem Feuerzeug. Nach nur vier, fünf Minuten hat sich die Tablette in Flüssiges verwandelt. Ich schütte die Soße in den Zitronensprudel und schüttele ihn mäßig stark und mäßig vorsichtig. Sicherheitshalber zähle ich das Geld. Gut. Stimmt alles. Ich lege den Umschlag in die Ledertasche zurück. Ich stecke einen Strohhalm in den Sprudel und nehme einen langen, tiefen Zug. Dann drehe ich den Wasserhahn zu und ritualisiere mich aus der Toilette. Eine Viertelstunde später sauge ich die letzten Tropfen Zitronensprudel in mich hinein, während ich den Brief an den Professor weiterschreibe, inzwischen auf der Rückseite der Interrailkarte.

    Grauer Nebel legt sich über die Augen. Ich höre fast nichts, außer den Rädern, die auf die Schienen schlagen, wieder und wieder. Ich verspüre den Geschmack von gezuckertem Motorenöl, der im Mund herumplätschert. Über meine Gedanken habe ich keine echte Kontrolle mehr, auch nicht über den Körper, alles verschwindet, ich will aufstehen, aber der Körper hält mich auf dem Stuhl fest, die Zunge ist immer noch steinhart und wunderbar ruhig. Das genügt. Es wäre unverantwortlich, noch mehr Odinsuppe in sich reinzusaugen, das reicht jetzt, sonst schaffe ich es nicht aus dem Sitz und ins weitere Leben.

    Der Zug fährt durch die grauen Vororte, vorbei an der Autobahn, dem Tal, wieder Autobahn, neue Vororte, neuer Regen. Im Bauch tut es weh, ich bin traurig, diese verdammte Depression. Der Gestaposchaffner verkündet: »Nächster Halt Hauptbahnhof, Hauptbahnhof, dieser Zug endet hier. Sieg Heil.« Die Lok beginnt zu bremsen, die Wagen rütteln, aber ich sitze still. Ich höre kaum etwas. Ich stehe auf, entspannt und sanft und schön. Keine Rituale drücken mich in den Sitz zurück, keine zwanghaften lebensgefährlichen Gedanken beherrschen mich, nur Zwangsgedanken, die ich mit einem zweiminütigen Expressritual wegdrücke. Ich hänge mir die Ledertasche über die Schulter, bewege mich durch den Waggon, die Stufen hinunter und auf den Bahnsteig.

    Und hier endet die Reise.

Nebel

    Wie ich es sehe:

    Der Gestaposchaffner steht ganz am Ende des Bahnsteigs. Er spricht mit jemandem, vielleicht dem Lokführer, vielleicht der Zugbetreuerin, doch während er redet, schaut er die ganze Zeit zu mir. Ein Mann scheint mich etwas zu fragen, nein, es sind zwei Männer. Sie tragen Jeans, doch, Jeans, und etwas, das wie Fjällräven-Windjacken aussieht. Der eine hat einen Hund an der Leine, der andere fragt nach meinem Pass.

    Zucken im Bauch.

    »Der Gestaposchaffner hat mich doch schon fünfzehn Mal danach gefragt«, antworte ich verärgert.

    Der Hund bellt mich an, ich äffe ihn nach, was ihn nur noch wütender macht. Einer der Männer versucht, den Hund unter Kontrolle zu bringen, aber nur zum Teil, er erlaubt dem Hund dennoch, mir am Schritt zu schnüffeln. Ich wedele das Hundeekel weg, sage, dass ich weiter muss, dass ich eine Kiste Kleider holen und in nur wenigen Stunden mit dem Nachtzug wieder zurück nach Schweden muss. Aber die zwei Männer und das Hundeekel lassen nicht locker. Jetzt zeigen sie ihre Dienstmarken und bitten mich, ihnen zu folgen. Ich kapiere noch nicht wirklich, was hier geschieht, denn ich denke immer noch, dass ich es innerhalb von höchstens zwei Stunden zur alten Dame und wieder hierher schaffen muss. Also gehe ich mit den Männern. Meine Augen sind weit aufgerissen, die Ohren sind eingeschlafen, das gezuckerte Motorenöl hält den Mund lebendig – es geht mir ganz einfach gut.

    Dann versinkt das meiste im Nebel.

    Sie führen mich in ein kleines Zimmer, ein weißes Zimmer mit Spiegeln an den Wänden, ein paar Stühlen in der einen Ecke, einem kleinen Tisch in der Mitte. Auf dem Tisch liegen Stifte, Papier, Servietten, Gummihandschuhe. Einer der Männer erklärt etwas. Dass das Gesetz ihn berechtige, meinen Körper abzusuchen, da ich verbotenerweise im Besitz von unerlaubten Chemikalien, nicht lizensierten Tabletten, Narkotika sei. Ich erinnere mich nicht an die genauen Worte. Sie zeigen mir ein Papier, ein Papier, das ich sorgfältig lesen soll, ehe ich es unterschreibe. Ich kann das Papier nicht lesen, denn meine Augen haben Genickstarre, und ich höre nicht alles, was sie sagen, weil meine Ohren eingeschlafen sind, also unterschreibe ich das Papier. Ich meine, je schneller ich unterschreibe, desto schneller komme ich hier weg. Nachdem ich das Papier unterschrieben habe, nehme ich meine Ledertasche und versuche,

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