Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
er Luna sieht. Getreu dem Machomotto Frauen meinen Ja, wenn sie Nein sagen geht er meiner Zicke, ohne zu zögern, an den Hintern. In eindeutiger Absicht! Mit Kennenlerngeschnuffel hat das nichts mehr zu tun.
Luna haut ihm ein paar vor den Latz. Das hilft aber nichts.
Der Mann bleibt dran.
Ich laufe mit dem widerspenstigen Pärchen eine Stunde lang durch den Wald und habe bald so dicke Arme wie zu den Zeiten, als Aiko Gast bei uns war und zusammen mit Luna vor Bauer Fürmanns grünem Tor wütend an der Leine riss. Nur dass Aiko damals seine Sprünge mit hovawartscher Bedächtigkeit absolvierte, während Harpo mit seinen drei eingebauten Terriersorten an der Leine zickzackt wie ein Knallfrosch.
In meinem Kopf summt derweil dreierlei.
Erstens, dass Harpo nie und nimmer der Hund meiner Töchter werden kann. Die gehen mit ihm genauso fliegen wie mit Luna.
Zweitens, dass dieser wunderschöne, hässliche Hund auf immer und ewig im Tierheim festsitzen wird, wenn nicht bald einer auf sein liebes Gemüt aufmerksam wird.
Und drittens: Moviestar oh Moviestar Ahahaaa! Hundenamen sind wirklich Glücksache. Wie kann man so einen knackigen Kerl bloß nach einem schwedischen Schmonzettensänger aus den Siebzigern benennen?
Da ich Beagle total klasse finde, aber nie im Leben einen geschenkt haben möchte, ist Kuno von vornherein tabu. Warum er trotzdem als Kandidat Nummer sieben auf unserer Liste landet, ist ganz allein der Geschicklichkeit meiner Brut zu ver danken.
Ich bin erschüttert.
Wer in so jungen Jahren schon so professionell die Alten über den Tisch zieht, wird später mit Sicherheit eine Trickbetrügerkarriere einschlagen. Oder Heiratsschwindler werden. Oder Banker.
»Warum steht da Kuno auf dem Zettel?«, frage ich misstrauisch, als wir nach dem Spaziergang mit Harpo im Garten des Tierheims stehen.
Unschuldiger Lottablick. »Wo denn?«
»Na da! Wir hatten besprochen, dass Kuno nicht infrage kommt. Das ist ein halber Beagle. Niemals Beagle!«
Marie reckt den Hals und linst auf das Papier:
»Da steht doch gar nicht Kuno.«
»Was denn dann?«
»Da steht, ähm, warte mal, da steht Uma«, sagt Max. »Siehste, das ist ein U, kein K. Uma. Sorry, Sauklaue.«
»Ah so. Und wer ist Uma?«
»Anderes Tierheim. Aber guck mal, da drüben.«
Was für ein Zufall aber auch!
Kuno sitzt im selben Tierheim wie Harpo und zwar gleich da drüben im Außenzwinger und Uma können wir ja am nächsten Tag besuchen und wo wir doch schon mal hier sind und noch ein bisschen Zeit haben und Harpo ist ja viel zu groß und zu kräftig und Papa hier und Papa da und schon stehe ich an Kunos Zwinger und halte ihm meine Hand zum Schnuppern hin und Kuno zieht sich meine Hand mit der Pfote durch die Gitterstäbe und schließt beim Halskraulen die Augen und brummt vor Zufriedenheit und ich bin hin und weg.
Auf der Internetseite des Tierheims sieht Kuno wie ein Beagle aus, der von der Natur versehentlich wie ein Schäferhund lackiert wurde. Das liegt daran, dass auf dem Kunofoto außer Kuno nichts zu sehen ist, was auf seine wahre Größe schließen ließe. In Wirklichkeit wurde da gar nichts lackiert. In Wirklichkeit hat ein Schäferhund seinen Pelz abgelegt, und ein Beagle ist passgenau hineingewachsen.
Kuno ist ein Mordstrumm von einem Beagle.
Ein elefantengroßer Beagleschäferhund.
Mit einer reinrassigen Beaglenase.
Kuno nimmt mich an die Leine, saugt sich mit seinem Rüssel an der erstbesten Fährte fest und schnauft wie eine Dampflok durch den Wald. Durch Luna, die mit Max unterwegs ist, läuft er einfach hindurch. Obschon an der kurzen Leine, genießt Kuno seine Zwingerfreiheit und lässt vor Freude alles hinter sich: Luna, die Kinder, mich, mein Rufen, den lächerlichen Leinenimpuls. Kuno bleibt unerreichbar. Die Duftspur auf dem Boden ist sein Auftrag, Beagle sein Beruf.
Noch nie habe ich einen Hund erlebt, der so sehr mit allen Fasern nach Vollbeschäftigung schreit. Arbeite, schufte, unter nimm was mit mir! Vierundzwanzig Stunden am Tag! Sonst wachse ich dir über den Kopf!
Kuno braucht nicht ganz eine Stunde, um jedem von uns klarzumachen, dass er nicht nur eine Nummer zu groß für uns ist, sondern zehn. Schweren Herzens bringe ich ihn zurück. Als er zum Abschied wieder meine Hand durch die Gitterstäbe zieht und beim Kraulen brummt, kommen mir die Tränen. Dieser wunderbare Hund mit seiner triebigen Beaglenase und den Schäferhundmuskelpaketen wird vermutlich auf ewig Tierheiminsasse bleiben.
Im Übrigen wundere ich
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