Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
Juppi.
»Sieben Mauersmileys habe ich dafür bekommen«, sage ich.
»Was sind Mauersmileys?«, will Walter wissen.
»Knallrote, wütende Köpfchen, die im Gleichtakt mit der Stirn vor die Wand schlagen. Das tun die immer. Vierundzwanzig Stunden am Tag, sogar wenn man offline ist.«
»Das wäre mal ein Fall für den Arbeitsschutz«, sagt Peter.
»Smileys sollten in Foren sowieso verboten werden«, sagt Juppi. »Wer Smileys setzt, missbraucht kleine Wesen.«
»Am Montag rufe ich den Krause an«, sage ich. »Obwohl ich gar nicht will. Irgendwie langt’s mir mit denen. Am Jaberg stand neulich ein umgebauter Krankenwagen mit der Aufschrift Hundisch lernen mit www.derleitwolf.de aus Rommerskirchen. Ohne Witz jetzt. Auf der Wiese haben Wiki und ich den Leitwolf dann entdeckt. Mit neun Schülern und vierzehn Hunden. Die machten alle Kssscht , hopsten breitbeinig um ihre Hunde herum und nahmen ihnen den Raum. Das sah sehr eigenartig aus. Außerdem hatten alle noch einen abgesägten, gelben Schlauch in der Hand und warfen ihn nach ihren Hunden. Irgendeiner hat mir am nächsten Tag erzählt, dass sei eine Schweizer Methode. Schlegel hieße der Erfinder. Kssschten und Schlauchwerfen scheint der neue Erziehungstrend zu sein. Man kann aber auch Ksssten und einen Ausfallschritt machen. Darüber gibt es ein Buch von einer Krause, die in Berlin mit dem Hund tanzt.«
»Ich glaube, Hundehalter haben alle einen Hau«, sagt Walter und gießt großzügig Betäubungsmittel in die Gläser.
»Mach ruhig voll«, sage ich. »Ich bin noch lange nicht fertig. Es gibt welche, die starren auf die Rute ihres Hundes. Wenn sie runterhängt, ist das ein Zeichen von Gesprächsbereitschaft. Dann darf kommuniziert werden. Und zwar im Ampelsystem! Grün ist freundlich. Gelb ist warnend. Rot ist Anschiss. Die nennen sich auch nicht mehr Hundebesitzer, sondern Piloten. Falls euch diese Farben nicht liegen, solltet ihr euch vielleicht mit dem Konzept Blauer Hund befassen. Damit bleibt ihr immer gelassen und sorgt für ein ausgeglichenes Wohlfühlbudget beim Hund.«
Meine hartgesottene Toskanarunde leidet zusehends.
Juppi schnauft hörbar.
»Hundeschule!«, sagt Peter. »Gestörte helfen Gestörten.«
Dabei habe ich ihnen noch kein einziges Wort von Nadin erzählt, der ein Krause empfohlen hat, stundenlang Schwarzbrot unter den Armen zu tragen und dann den Terrier damit zu füttern, damit der in Zukunft weiß, wo er hingehört. Ergänzend solle sie, da sie Dominanzprobleme habe, in Zukunft gefälligst in Anwesenheit des Hundes Sex haben, weil sich aus Hundesicht nur die Alphas paaren dürfen.
Meine Freunde wissen auch nichts von Kerstin, die sich auf Anraten Krauses zwei Stunden täglich ihren Junghund an den Bauch leint, um die Bindung zu verstärken. Und schon gar nichts wissen sie von Claudia, die neben ihrem frei spielenden Welpen stehen und unaufhörlich spiiiiiielen und liiiieb quieken muss, damit der Hund merkt, wie sehr sie Anteil nimmt.
Nicht zu vergessen Franziska, die ihren Sechzigkilobrum mer laut brüllend auf den Boden schmeißen soll, wenn er nicht hört. Vreni hingegen wird nahegelegt, mit ihrem um sich schnappenden Mischling acht Wochen lang ein antitraumatisches Maulkorbtraining zu absolvieren. Der Gipfel der Erziehungskunst: In der neunten Woche könne der Maulkorb das erste Mal behutsam aufgesetzt werden, aber nur für maximal dreißig Sekunden!
Claudia Zwei umarmt in der Dämmerung Mülltonnen, damit sie ihrem Bautz nicht mehr so unheimlich sind!
Auf Empfehlung einer Tierkommunikatorin soll Nicole ihrer tauben Hündin Sheila Der kleine Prinz vorlesen, damit diese tiefentspannt die Begleithundeprüfung absolviert.
Marian möge bitte im Gewächshaus bei siebenunddreißig Grad trainieren, dann gebe der Hund schneller auf. Außerdem, so der holländische Krause weiter, gelte es zu beachten, dass ein handrückenleckender Hund dominant, ein hand flächenleckender hingegen submissiv sei.
Susanne weigert sich heute noch, in einer Sprudelflasche Eigenurin mitzuführen, um über die Markierungen ihres Rüden zu pinkeln. Sie verprügelt auch nicht vor den Augen des Hundes das gebuddelte Loch mit der Leine und schimpft »Pfui ist das!« Kein Wunder, dass bei ihr nichts klappt.
Chris soll mit einer zusammengerollten Zeitung das Stuhl bein vermöbeln, das sein Welpe angeknabbert hat. Vom selben Krause stammt der Tipp, die Ohren der anderen Hunde mit Senf einzuschmieren, wenn der eigene Hund sich gerne in deren Ohren
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