Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
vierten Mal Theater machen, teilen mir meine Kinder mit, dass es jetzt so langsam peinlich werde und sie schon mal vorausgingen. Netterweise nehmen sie die Hunde mit, sodass Stella und ich noch zehn seelenruhige Minuten beim Espresso haben.
Nebenan nimmt ein holländisches Paar Platz.
Die Frau schiebt ihren Foxterrier unter den Tisch.
Der Kater biegt um die Ecke.
Der Fox rastet komplett aus.
Heulen, Jaulen, Kläffen, Gläserklirren!
»Okay«, sagt Stella. »Wir können nach Hause fahren. Die Ablösung ist da.«
Wilde Wutz auf Lesereise
Während die Familie sich nach der Rückkehr verzagt fragt, in welchen Winkel des proppenvollen Hauses man sieben Kubikmeter Urlaubsgepäck stopfen soll, fahren Luna und ich weiter. Herrchenjahre , unser erstes Buch, ist unlängst erschienen, und wir müssen mal wieder auf Lesereise.
Sie ist bei jeder Lesung dabei und hat viel Freude daran. Gelegentlich langweilt sie sich etwas. Immerhin hat sie alle Geschichten selbst erlebt. Zu allem Überfluss hat sie auch noch zugesehen, wie ich sie aufgeschrieben habe, und musste sie sich unzählige Male von mir vorlesen lassen. Wenn Luna die drei Worte Eddie the Beagle hört, eine Geschichte, die ich immer mit großem Vergnügen lese, legt sie sich seufzend hin und pennt weg.
Eddie the Beagle – chhrrrrrzzzzz.
Ich kenne außer ihr keinen Hund, der auf Kommando schlafen kann.
Unsere Leseabende sind schnell umrissen: Frey liest vor, Luna liegt rum. Oder umgekehrt, da sind wir uns manchmal nicht einig. In kritischen Situationen wird Blutwurst gereicht. Auf Wunsch wird gerne und reichlich signiert.
Das Publikum darf leider keine Hunde mitbringen, sonst verliert Luna die Nerven, und ich beiße mir vor Schreck auf die Zunge, die daraufhin anschwillt wie ein Schnitzel und mich zum unverständlichen Nuscheln zwingt, was auch nicht weiter tragisch wäre, weil man bei dem Schlachtenlärm in der Buchhandlung sowieso kein einziges Wort verstünde.
Was jeden Auftritt so unberechenbar macht wie eine Frontalbegegnung auf der Hunderunde, ist der Umstand, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wie mein Hund sich aufführen wird – und wie das Publikum! Erst recht nicht, wenn die verehrte Hörerschaft bereits mit Äppelwoi, Prosecco oder Aperol vorgeglüht hat.
Hennef
Die erste Lesung meines Lebens. Ich bestehe zu hundertzehn Prozent aus Adrenalin, Lampenfieber und Rescue-Trop fen und hample gestikulierend und kopfkratzend am Tisch herum. Da ich ohne Mikro lese, bleibt mir wenigstens die Schmach erspart, mir versehentlich das Headset vom Kopf zu fegen.
Ausgerechnet diese Lesung wird auf Video aufgenommen. Als die Aufzeichnung später im Netz steht, entdecke ich in einem Hundeforum folgende Analyse: »Man beachte die Körpersprache des Autors. Wenn er so auch mit seinem Hund kommuniziert, dann wundert mich wirklich GAR nix mehr.«
Bei der gemeinsamen Signierstunde mit der ortsansässigen Hundekuchenbäckerin stemple ich einen kleinen Pfotenabdruck in meine Büchlein und fühle mich wie ein Würstchen. Die Bäckerin hat einen Stempel – ach was, ein Riesenbrett – mit dem Originalpfotenabdruck ihrer Goldiehündin dabei und hämmert es munter in ihr monumentales Keksbackbuch.
Köln
Dreigängemenü im Limelight in Köln-Junkersdorf. Luna und ich sind als Pausenclowns gebucht und lesen zwischen den Speisen. Auf meine dankbare Ansage, wie wunderbar ich es fände, dass so viele meinetwegen gekommen sind, hauen die Kölner mir um die Ohren, dass keine Socke meinetwegen da sei, sondern alle nur wegen Luna.
Dafür räche ich mich wenig später fürchterlich, indem ich ankündige, als Vorspeise gäbe es Dialog von grünem Pansen und platt getretenem Laubfrosch an Ochsenziemerreduktion.
Da werden die ersten blass.
Der Rest bei dem Satz, zum Hauptgang würden sie mit Schweineleber gebarft.
Erkrath
Es sind so viele, dass die Veranstaltung geteilt werden muss. Um das Konfliktpotenzial zu minimieren, schlage ich vor, die beiden Großfraktionen der Bravhundehalter und Krawallmausinhaber von vornherein zu separieren.
Fangfrage im Vorverkauf: Haben Sie eigentlich noch eine Hundehaftpflicht?
Hinterher saßen dann doch alle gemischt, und der erste Abend war so wundervoll wie der zweite.
Wie üblich legt sich Luna imageschädigend zum Schlafen nieder, sodass ich mir einmal mehr die Bemerkung anhören muss, der Hund sei ja eine Wucht, was ich denn bloß habe, Luna sei so was von lieb, an dem Buch über die wilde Wutz stimme wohl gar nichts.
Die
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