Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
nette Buchhändlerin bietet an, ihren Kater Rudi kurz durchs Publikum zu schicken, damit jeder weiß, wovon ich spreche. Ich kenne Rudi und lehne dankend ab. Rudi gehört zu der Sorte Kater, die nicht weglaufen, wenn ein Hund kommt, sondern stehen bleiben, sich umdrehen und die Messer wetzen. Soll mein Hund ein Auge verlieren, nur wegen eines ungläubigen Thomas im Publikum?
In der Pause stehen alle vor der Tür. Ein zarter Cocker spaniel trottet mit seinem Herrchen durch die Fußgängerzone. Sie laufen viel zu nahe an der Buchhandlung vorbei. Luna detoniert kurz, aber heftig.
Na bitte, geht auch ohne Katergemetzel.
Reinheim
Wir lesen in der Äppelwoikneipe Zum kühlen Grunde . In einem schwachen Moment gestehe ich, dass ich aufgrund eines frühkindlichen Traumas noch nie Äppelwoi getrunken habe.
Als ich klein war, musste ich früher jeden zweiten Samstag zur Oma. Da traf sich um fünfzehn Uhr dreißig die ganze Familie. Die Tante, die in der Bäckerei bediente, brachte Restkuchen mit. Um sechzehn Uhr war der Kaffee warm und der Fernseher vorgeglüht. Blauer Bock! Die Hölle! Heinz Schenk erzählte Witze, die ich nicht verstand, die Band war das Grauen, alle schwenkten Bembel, zwischendurch jodelten drei waghalsig geföhnte Herren a cappella unter dem Künstlernamen Medium-Terzett. UND DU BIST SIEBEN UND KANNST NICHT WEG!
Nach der Pause bekomme ich den ersten Äppelwoi meines Lebens gereicht, einen sogenannten Süßen , der so sauer ist, dass ich gar nicht wissen will, wie der saure schmeckt. Überdies habe ich das Gefühl, ich trinke Fruchtsaft; im Kopf kommt aber so etwas Ähnliches wie Stroh Rum Achtzig an. Danach habbe ich leise Swirichkeiten mit einem Texsst, in dem dreimal Hannibal Smith und einmal Hannibal Smiths Pläne pforkommd.
Ich finde mal wieder kein Ende. Gegen dreiundzwanzig Uhr stellt sich Luna demonstrativ in den Scheinwerfer und gähnt.
Mettmann
Als ich von unserer großen Abschlussprüfung erzähle, wo alle Hunde in der Düsseldorfer Altstadt liegen und Bratwürste vor der Schnauze haben, die sie nicht verzehren dürfen, fragt tatsächlich ein Zuhörer, wer eigentlich die Bratwurst bezahlt habe.
Das habe ich mich in den vergangenen sechs Jahren noch kein einziges Mal gefragt. Aber jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen: ich!
Hunderte von Euro für einen Hundekurs ausgegeben und die Bratwurst auch noch selbst bezahlt!
So eine Sauerei!
Dormagen
Es ist bereits Ende September, aber immer noch brütend heiß. In der Buchhandlung herrschen geschätzte zweiunddreißig Grad. Wie bei fast jeder Lesung wird zuerst Luna vorgestellt und irgendwann dann auch ich unter ferner liefen .
Pfff! Dann soll halt der Hund was machen, und ich lege mich auf die rote Decke.
Datteln
In den Krawallmaustagebüchern jammere ich öffentlich, dass Luna immer Leckerchen auf den Lesungen kriegt und ich nicht. Simone bietet mir an, frischen Zwetschgenkuchen nach Datteln mitzubringen. In doppelt gesicherter Tupperware, damit Luna nichts merkt! Ich lehne ab mit der Begründung, ich könne mit vollem Mund so schlecht vortragen. Ich Idiot! Wo ich doch nach den Lesungen immer so einen Kohldampf schiebe, weil ich vorher stundenlang nichts essen kann.
Auf der Heimfahrt grüble ich darüber, ob sich positive Bestär ker auch schon mal gegenseitig beschimpfen und wenn ja, wie.
Du Schleppleineamhalsbandbefestiger, du!
Sei bloß still, du Hundnachoptischengesichtspunktenkäufer!
Dülmen
Ich gebe Schulstraße statt Schulgasse in das Navi ein und lande pünktlich zu Lesungsbeginn im neun Kilometer entfernten Stadtteil Rorup.
Die richtige Buchhandlung – wir finden sie doch noch – riecht sehr interessant, weil es da einen Labbirüden als Ladenhüter gibt. Der ist zwar persönlich nicht anwesend, olfaktorisch aber schon. Ich bete im Stillen, dass meine Rüdin nicht markiert. Vor allem nicht ins Bildbandregal, wo die ganz teuren Schinken stehen.
Wasserschaden wäre mal etwas Neues für unsere Haftpflicht.
Velbert
Vielleicht liegt es daran, dass der freundliche Buchhändler im historischen Stadtkern von Langenberg Katzen statt Hunde hält. Oder mein Verlag den Beipackzettel zur Lesung verbaselt hat. Oder Langenberger einfach cooler sind als ich. Als ich vier Tage vor der Lesung anrufe, um Details abzustimmen, rutscht mir jedenfalls das Herz in die Hose.
Aus Publikumshunde müssen leider draußen bleiben! ist in der Vorankündigung ein launiges Publikumshunde willkommen! geworden.
Der Buchhändler verspricht,
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