Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
Vom Netzwerk:
Kampfhundbeimischung bedeutet Ladenhüter. Deshalb hat das Tierheim dem leichtgläubigen Wilfried den Hund einfach als Labradormix verkauft. Labbi geht immer gut.
    Emma leidet erheblich unter Mokka, dem einzigen Männchen unserer Gruppe, einem braunen Minirüden, halb Setter, halb Dackel, der ständig nur poppen will. Sein Frauchen sagt, er habe es am Herzen und müsse sich schonen.
    Wie denn, bei vier Mädels?
    Hn-hn-hn, die Schnauzerdame, deren komplizierten altgriechischen Namen ich mir nie merken kann, sieht rattenscharf aus. Elli, ein Schäferhundmix mit kettenrauchendem Frauchen, hat sensationelle Hüften. Meine Luna, hochexplosiv, ist auch nicht gerade dafür bekannt, dass sie etwas anbrennen lässt. Kurz: Mokka kommt das Testosteron zu den Ohren raus, die Mädels zicken rum und unser Grüppchen wartet mit einem Erziehungsbedarf und Chaospotenzial auf, von dem locker zehn Krauses satt würden.
    Wir haben aber nur einen.
    Den, auf den wir warten.
    Mit ihm durchquere ich bei Wind und Wetter Wald und Wiesen, um meinem Hund Grundgehorsam made by Scheff beizubringen. Das heißt, ich übernehme tapfer die Führung, lasse kein Zaudern zu, setze einmal gegebene Kommandos rigoros durch und ahnde jeden Versuch, mich für blöd zu verkaufen, mit (Lehrbuch auf) liebevoller Konsequenz (Lehrbuch zu).
    So weit die Theorie.

    In der Praxis klappt das eher schlecht als recht. Ich bin aber nicht der Einzige, der vor der großen Abschlussprüfung zittert.
    DIE GROSSE ABSCHLUSSPRÜFUNG!
    Legenden ranken sich darum, wispernd vorgetragen in rauen Nächten am Kamin. Man munkelt, die große Abschlussprüfung bestehe nicht aus Zickzacklaufen auf einem eingezäunten Hundeplatz, sondern finde in freier Wildbahn statt: zuerst auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof, danach in der Altstadt.
    Der klassische Übungsteil mit Sitz, Platz, Fuß und Laut gehöre natürlich dazu. Die spektakulärsten Übungen aber seien: Hund vor den Pressekiosk setzen und für fünf Minuten im Laden verschwinden, gefolgt von: Hund auf den Bahnsteig legen, hinter dem Brezelstand verstecken und Reisende um den liegenden Hund herumwuseln lassen sowie der Königsdisziplin: Dicke Bratwurst direkt vor der Schnuffelnase platzieren und zwei Minuten lang Bratwurst essen verbieten.
    Ja! Genau da will ich irgendwann mal hin. Noch ist das aber Zukunftsmusik. Noch profiliere ich mich nicht am Hauptbahnhof, sondern stehe mir am Jaberg die Beine in den Bauch und warte auf den Meister.
    Im Grunde ist unser Scheff-Krause ein guter Typ. Wenn man mit seiner Schandschnauze zurechtkommt, kann das Arbeiten mit ihm sogar angenehm sein. Manche seiner Sprüche sind allerdings grenzwertig.

    Eddie the Beagle kommt zu uns in den Kurs, obwohl Beagles eigentlich nicht aufgenommen werden. Wie seine Besitzerin, Frau Murzin, das geschafft hat, ist mir noch heute ein Rätsel.
Krause hat nämlich ein Geschäftsmodell, das nicht beaglekompatibel ist: Für vierhundertvierzig Euro Flatrate so viele Unterrichtsstunden, bis das Kursziel erreicht und der Mensch Scheff ist.
    Bello Normalhund erreicht das in durchschnittlich fünfundzwanzig Stunden. Mit einem widerspenstigen Beagle übt man vierzig Stunden Grundgehorsam, und wenn es dumm läuft, fängt man in der einundvierzigsten wieder von vorne an. Meistens läuft es dumm, daher sind Beagle im Kurs nicht erwünscht. Der Trainer zahlt da drauf. In der Schule unserer Kinder hieße das Ausgrenzung von Minderheiten und zöge umgehend einen Krisenelternabend nach sich.
    Eddie ist trotzdem da. An diesem milden Sommertag, wo wir mal wieder warten, warten, warten, steht er mit seiner Frau Murzin plötzlich an unserem Treffpunkt: »Tag allerseits, wir sind die Neuen.«
    Eddie hat ein Problem. Er hört nicht und macht, was er will. Ihm geht es gut damit, Frau Murzin weniger. Frau Murzin möchte mir eingehender erläutern, was es damit auf sich hat, kommt aber nicht weit. Endlich rumpelt der blaue VW-Bus von Krause auf den Parkplatz. Er springt mit seinen fünf Hunden heraus und winkt uns grußlos hinter sich her. Das ist normal. Meistens bringt er eine Laune mit, als hätten wir uns verspätet.
    Krause trägt wieder sein Lieblings-T-Shirt. Da ist Hundetrainerhumor drauf. Auf der Brust prangt der Satz DER TUT ALLES, WAS ICH SAGE. Auf dem Rücken ist unter der Schlagzeile PLATZ! ein explodierender Hund abgebildet. Den kann nur keiner sehen, weil Krause seine Wolfstatzenfleecejacke darüber gezogen hat.
    Ansonsten klassische Ausstattung: an den Füßen

Weitere Kostenlose Bücher