Herrchenjahre
sagt Stella.
Luna enttäuscht uns nicht.
»Sie denkt, das ist der böse Watz«, sagt Stella. »Das macht sie aber nur bei Dunkelheit und wenn sie läufig ist.«
»Wenigstens sind wir die Einzigen hier im Tal«, sage ich. »Aber ich gebe zu, sehr entspannt sind unsere Runden nicht.«
»Ach«, sagt Stella.
»Aber immerhin, das mit dem lauen Abend, das trifft zu«, sage ich.
»Man ist ja schon für Kleinigkeiten dankbar«, sagt Stella. »Würdest du sie anleinen, bis wir am Pferdehof vorbei sind!«
Wir laufen den kleinen Schleichweg an Berkenbuschs Pferdehof bergauf und freuen uns auf die Anhöhe, die in helles Mondlicht getaucht ist. Dort oben hat man einen weiten
Blick über die Felder und sieht schon Hunderte von Metern im Voraus, ob einer kommt. Ideal, um läufige Krawallmäuse wieder abzuleinen.
Ich habe bereits den Karabiner in der Hand, als ich meine Frau zischen höre:
»Lass dran, da oben steht Blu.«
Ich sehe auf. Am Ende des Weges steht ein Colliemischling und nimmt Witterung auf.
»Wo ist denn Frau Dings, äh, Frau Blu?«, will ich wissen. Hundehalter kennen sich nur in den seltensten Fällen beim richtigen Namen. Man spricht von Herrn Luna oder Frau Ridgeback oder den Zweien mit dem Bobtaildingsbums.
»Nichts zu sehen.« Stella peilt besorgt in die Dunkelheit.
Da das Ordnungsamt Frau Blu absoluten Leinenzwang auferlegt hat, weil sie ihren bissigen Köter nicht im Griff hat, trägt diese Auskunft nicht zu meinem Wohlbefinden bei.
Blu hat mittlerweile herausgefunden, dass eine heiße Hündin im Anmarsch ist, und nimmt Maß.
»Hallo!«, belle ich in die Nacht. »Rufen Sie bitte Ihren Rüden zurück.«
»Wieso das denn?«, schallt es hinter einem Baum hervor.
»Unsere Hündin ist läufig«, johle ich.
Blu ist derweil an Lunas Hintern angelangt und vergisst seine Kinderstube. Ich spiele Verhüterli und dränge mich zwischen die beiden Hunde. Über uns taucht die massige, mürrische Gestalt von Frau Blu im Mondlicht auf.
»Na, kommen Sie doch mal hier hoch mit ihrer läufigen Hündin«, faucht sie. »Dann spare ich mir den Weg.«
Das ist mein Schicksal, seit ich sprechen kann: Sobald mir die blanke Unverschämtheit entgegenschlägt, fällt mir nichts ein. Egal ob mitten im Wald, an der Supermarktkasse oder am Kundendiensttresen der Automobilwerkstatt – gähnende
Leere im Hirn. Arschlöcher machen mich sprachlos. Ich kann nichts dafür.
Zwei Stunden später fällt mir immer ein, was ich hätte sagen sollen.
»Weißt du, was ich hätte sagen sollen?«, schäume ich, als die ganze Familie zufrieden im Körbchen liegt.
»Was denn?«, gähnt Stella und knipst das Licht aus.
»Gnä’ Frau, ich bin Arzt. Sollen wir die Kastration gleich hier vor Ort vornehmen?«
»Das wäre ein sauberer Konter gewesen«, lobt Stella. »Ich hätte sogar mein kleines Obstmesserchen dabeigehabt.«
»Das hätten wir dann im Mondlicht blinken lassen können«, freue ich mich.
»Wir sind schon zwei«, murmelt Stella und kuschelt sich bei mir ein.
Das Safari-Syndrom
In dem es hart auf hart kommt und man
zu ahnen beginnt, dass der Mensch ein hilfloses
Würstchen ist, wenn sich Hund, Hase, Marder,
Fuchs, Reh und Iltis vor dem Gute-Nacht-Sagen
gegenseitig auf die Glocke hauen.
Die Blutwurst mit den fettigen Augen
Von draußen, vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es duftet nach mehr!
Überall unter den Tannenspitzen
sah ich goldene … goldene …?
Wenn man zu viel schluckt, kriegt man Magengeschwüre. Die kann ich nicht gebrauchen, also stelle ich in einem Anfall von rufgefährdender Ehrlichkeit die Krawallmaustagebücher ins Internet. Ich schreibe mir in einem Blog die täglichen Blamagen von der Seele und signalisiere damit allen Hundebesitzern: He, ihr seid nicht die einzigen Idioten, die von ihrem besten Freund geknechtet werden!
Diese Form trostspendender Ehrlichkeit kommt an. Der Freundeskreis wächst stetig. Darunter auch Hartgesottene, deren vierzehnjährige Krawallmäuse bereits dreimal so lange ihr Unwesen treiben wie meine und die mir vergnügt mitteilen: Keine Sorge, es wird nicht besser.
Goldene Lichtlein blitzen?
Ich kaue ein bisschen Bleistift und gucke in den trüben Dezembermorgen. Es ist kurz vor Nikolaus. Ich will die eingeschworene Blog-Gemeinde mit einem Festgedicht beglücken. Lichtlein passt gar nicht. Irgendetwas mit Tieren vielleicht. Idealerweise schaut auch nicht das Christkind aus dem Himmelstor hervor, sondern eine andere interessante Gestalt.
Aber wer
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