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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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bloß?
    Luna ächzt im Schlaf.
    Überall unter den Tannenspitzen
    sah ich alte Hasen sitzen.
    Sehr schön. Geht doch. Oder besser, ich mache aus den alten Hasen leckere Häschen. Dann haben wir den Jagdtrieb schon in der vierten Zeile.
    Und droben aus dem Himmelstor
    schaut mit fettigen Augen eine … eine?
    … eine Blutwurst hervor!
    Luna ist gleich mit ihren zwei alten Freunden Gobi und Haron zum Waldspaziergang verabredet.
    Und wie ich strolch’ durch den finstern Wald.
    Oder besser Tann .
    Da sprach mich die himmlische Blutwurst an.
    Gobi und Haron sind kräftige Hovawarte, mit denen man viel Spaß haben kann. Sie bellen rau und laut, rammen ihre Spielgegner aus bloßem Übermut in Grund und Boden, zerren an allem, was nach Tau riecht und rennen Luna zweimal täglich über den Haufen. Bei Haron, der schon zwölf ist, lässt das langsam nach. Aber Gobi steht noch in bestem Saft. Luna weiß das zu schätzen. Ihrer Ansicht nach müssen Männer ordentlich was wegstecken können, sonst taugen sie nicht.
    Man kennt die drei auch unter dem Namen Ratpack. Gelegentlich werden kleinere Hunde auf den Arm genommen, wenn das Ratpack am Horizont auftaucht.
    »He Luni«, rief sie, »alte Zicke!
    Hast du auch die Rehlein im Blicke?
    Eichhörnchen, Füchse, Dachs und Maus?
    Den Dingsbums beim Metzger hinterm Haus?«
    Heute treffen wir uns an einer Stelle des Hildener Stadtwaldes, an der ich noch nie war. Ich schnappe Hund, Leine
und Diktafon. Vielleicht fällt mir unterwegs noch etwas zum Dingsbums ein.

    Missmutig traben wir durch den ungemütlichen Dezemberwald. Kalter Regen tropft von den Bäumen. Die Wege sind matschig, die Hunde selig. Sie schnüffeln zu dritt die Bäume entlang und wiegen mich in Sicherheit.
    Hundert Meter weiter vorn huscht etwas Dunkles über den Weg.
    Gobi und Luna starten sofort durch!
    Eigentlich sind Luna und ich richtig gut. Und eigentlich ist genau dieses eigentlich das Problem. Neunzig Prozent aller Rückrufe klappen mittlerweile. Zehn Prozent klappen nicht. In Wahrheit sind wir also nicht richtig gut.
    Zu den schlechten zehn Prozent gehören jene Fälle, in denen Luna ihre vier Beine in die Hand nimmt und losrennt. Erst neulich habe ich bei einem Fachbuch-Krause gelesen, ich solle in diesen Situationen einfach meine Schnauze halten. Ich verlöre sowieso nur. Der Hund laufe weiter, habe ein Erfolgserlebnis und wolle das so bald wie möglich wiederholen. Auf diese Weise sinke nach und nach die mühselig erarbeitete Erfolgsquote.
    Bevor der Hund also irgendwann überhaupt nicht mehr hört – Zähne zusammenbeißen, Faust in der Tasche machen, Maul halten.
    Das klingt plausibel.
    Aber was mache ich Depp?
    Ich sehe tatenlos zu, bis die beiden Hunde vierzig Meter weiter vorne um die Ecke verschwinden, und brülle dann ein dusseliges Nein! Hier! hinterher.

    Setzen. Sechs.
    An diesem Nachmittag jedoch geschieht das Ungeheuerliche. Auf meinen Ruf hin kommen beide Hunde noch in derselben Sekunde zurück. Gleiches Tempo wie auf dem Hinweg. Die müssen bei Nein! Hier! auf der Stelle kehrtgemacht haben.
    Hinterm Busch! Außer Sicht!
    Meine Brust schwillt vor Stolz.
    Ich kann dieses tiefe Gefühl der Befriedigung eine Minute genießen. Dann stellt sich heraus, dass der wilde Rückzug nichts, aber auch gar nichts mit meinem Ruf zu tun hatte. Was unsere Hunde aus dem Augenwinkel über den Weg hüpfen sahen, war nämlich kein Häschen, sondern die Letzte von drei mächtigen schwarzen Doggen.
    Dieser Übermacht stehen unsere zwei Helden hinter dem Gebüsch Auge in Auge gegenüber. Da hilft nur geordneter Rückzug: »Oh, ihr seid’s, na so was. Ich glaube, wir drehen jetzt wieder mal um, hrm, wir wollten sowieso in die andere Richtung. Und eigentlich ist das ja auch euer Wald. Ja, klar, der ganze. Nein, damit haben wir überhaupt kein Problem. Wenn ihr uns jetzt bitte entschuldigen würdet …«

    Die Krawallmaus kloppt sich nicht nur gern, sie jagt auch mit Leidenschaft. Wenn sie denn dürfte! Sie darf aber nicht. Jeder Ansatz eines Jagdausflugs wird abgebrochen. Dass sie diesbezüglich überhaupt Ambitionen hat, liegt an unserem Haus.
    Für einen halbwegs normal veranlagten Hund ist es ein Traum, in einem hundertfünfzig Jahre alten Fachwerkhaus am Ortsrand zu wohnen. Dachs und Hase sagen sich wohlriechend
gute Nacht. Eichhornlosung und Igelspuren, wohin die Nase schnufft. Iltisse, die gepflegt in den Zwischendecken herumstinken. Marder, die im Dachstuhl kreischen. Eichhörnchen hocken auf Bäumen, Katzen

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