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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Erinnerungen eines Menschen gegeben.
Mike resignierte. Von allen Eingeständnissen, die der Kater
bisher gemacht hatte, überzeugte ihn dies am meisten. Normalerweise sprang Astaroth jedem mit allen Krallen zusammen
ins Gesicht, der es auch nur wagte, ihn mit einem menschlichen
Wesen zu vergleichen. »Du warst unsere letzte Hoffnung«, sagte
er traurig.
Ich weiß, antwortete Astaroth. Und ich würde euch helfen,
wenn ich könnte. Weißt du, ich hänge genauso am Leben wie
ihr.
»Auch wenn du neun Stück davon hast?« murmelte Mike. Er
lächelte müde.
Ich fürchte, das eine oder andere habe ich wohl schon verbraucht, gab der Kater in sanftem Tonfall zurück.
Mike sah ihn traurig an, dann stand er auf und ging zur Tür.
Aber bevor er die Kabine verließ, blieb er noch einmal stehen
und blickte zu Serena zurück. Sie lag wieder mit geschlossenen
Augen auf dem Bett und schlief, so wie sie die ganze vergangene
Woche dagelegen hatte, und trotzdem kam ihm das Bild vollkommen verändert vor. Der Unterschied war nicht wirklich
greifbar. Vielleicht gab es auch gar keinen, und er sah Serena
jetzt nur mit anderen Augen. Sie kam ihm viel verwundbarer
vor als bisher, viel zarter, wie sie so dalag, in ihrem weißen
Kleid, mit ihren lockigen blonden Haaren und dem Gesicht, das
so weiß und weich war wie frisch gefallener Schnee.
He, an dir ist ein Dichter verlorengegangen! spöttelte Astaroth. Du hast dich doch nicht etwa in sie verliebt?
»Blödsinn!« antwortete Mike heftig.
Du solltest nicht versuchen, jemanden zu belügen, der deine
Gedanken liest, sagte Astaroth. Und wenn du einen guten Rat von
mir willst –
»Will ich nicht«, sagte Mike.
– dann gib dich keiner falschen Hoffnung hin, fuhr Astaroth
unbeeindruckt fort. Sie kann Jungs nicht ausstehen.
Mike spießte den Kater mit seinen Blicken regelrecht auf,
aber Astaroth reagierte darauf nur mit seinem unverschämten
Katergrinsen, zu dem von allen Katzen auf der Welt wahrscheinlich nur er fähig war. Mike verbrachte einige Sekunden
damit, sich alle möglichen unangenehmen Dinge vorzustellen,
die er dem Kater antun konnte, aber diesmal funktionierte der
Trick nicht. Astaroth grinste nur noch breiter, und schließlich
fuhr Mike wütend auf dem Absatz herum und stürmte hinaus.
Und Adelige schon gar nicht, fügte Astaroths lautlose Stimme
in seinem Kopf noch hinzu.
    Es war unheimlich still geworden. Nach dem gequälten
Heulen
der Maschinen waren nach und nach auch fast alle anderen
Geräusche verstummt, nachdem Trautman die meisten elektrisch betriebenen Geräte abgestellt hatte, um Luft zu sparen.
Sie selbst verbrauchten zwar keinen Sauerstoff, wohl aber die
Generatoren, die den Strom erzeugten.
    Trotzdem war die Luft bereits spürbar schlechter geworden.
Mike redete sich das nicht nur ein, obwohl er es gerne geglaubt hätte. Aber es war wirklich stickig im Salon der
NAUTILUS, und jedesmal, wenn er einatmete, spürte er ein leises Kratzen im Hals, so als kündigte sich eine Erkältung an. Sie
sprachen sehr wenig. Trautman hatte ihnen nicht verboten zu
reden, aber sie wußten alle, daß sie damit nur Sauerstoff vergeuden würden. Aber schließlich hielt Mike das Schweigen
einfach nicht mehr aus.
»Wie tief sind wir?« fragte er.
    Trautman hob die Schultern. Er warf einen Blick auf seine
Instrumente und seufzte tief. Die Geräte waren nutzlos. Die
riesige Qualle hüllte das Schiff vollkommen ein, so daß sie sozusagen blind und taub waren; ganz wie Mike es vorhin ausgedrückt hatte. Trotzdem antwortete Trautman nach einer Weile:
»Ich weiß es nicht. Aber ich denke, sehr tief. Einige tausend
Meter dürften es wohl sein.«
    »Wie kommen Sie darauf?« wollte Ben wissen.
»Weil die Vermutung auf der Hand liegt«, antwortete
Trautman. »Sie wird bestimmt in ihre angestammte
Umgebung zurückkehren, sobald sie Beute gemacht hat. Und nach
allem, was ich weiß, leben Tiere dieser Größe normalerweise
nur sehr tief unten im Meer.«
    »Wenn das alles nur ein schreckliches Mißverständnis ist«,
sagte Ben kampflustig, »dann erklär mir doch mal einer, wieso
dieses Ding uns eine Woche lang beharrlich verfolgt hat.«
    Genau das hatte sich Mike auch schon gefragt, ohne zu einer
befriedigenden Antwort zu gelangen. Er glaubte nicht, daß das
Wesen durch einen reinen Zufall ausgerechnet jetzt aufgetaucht
war.
    Es fiel ihm jetzt immer schwerer zu denken. Der Sauerstoffmangel begann sich deutlich bemerkbar zu machen. Ihm
war schwindelig, und jede Bewegung fiel ihm

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