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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stehen.
Die NAUTILUS trieb auf dem Wasser eines riesigen,
halbkreisförmig angelegten Hafenbeckens. Die Kaimauern erhoben
sich erstaunlich hoch über die Wasseroberfläche, und die dahinter liegenden Gebäude kamen Mike irgendwie… sonderbar
vor, ohne daß er genau hätte sagen können, warum.
Sie waren auch zu weit entfernt, um sie genau zu erkennen.
Was er hingegen ganz genau sehen konnte, waren die Schiffe,
die an der Kaimauer vertäut waren oder in kleinen Gruppen
aneinandergebunden davor auf dem Wasser trieben.
Es mußten an die hundert sein. Die meisten waren uralt und
zum Großteil verfallen und vermodert, und es waren alle nur
vorstellbaren Schifftstypen darunter
– spanische Galeonen, die
aussahen, als wären sie einem Buch mit historischen Illustrationen entsprungen, ebenso wie ganz moderne Dampfschiffe,
kleine Ruderboote ohne Segel genauso wie gewaltige fünfmastige Kriegsschiffe. Schlanke Wikingerboote waren an plumpen
Lastkähnen vertäut. Es waren Schiffe darunter, wie Mike sie
noch nie zuvor gesehen hatte, aber auch ganz moderne, die er
kannte.
»Unglaublich«, flüsterte Mike.
»Wenn dir das schon unglaublich erscheint, dann
schau
doch bitte mal nach oben«, sagte Ben.
Mike gehorchte – und riß zum zweiten Mal binnen kürzester
Zeit ungläubig die Augen auf.
Der Anblick des Hafens war bizarr gewesen, aber der des
Himmels war… absurd. Es war nämlich keiner.
Über dem Hafen spannte sich eine gewaltige, halbrunde
Kuppel aus – Wasser!
»Aber das ist doch vollkommen unmöglich!« krächzte Mike.
»Du bist genau der fünfte, der das sagt«, erklärte Ben mit einem säuerlichen Grinsen. »Übrigens auch mit derselben Betonung. Wer weiß – vielleicht sind wir ja längst tot, und das hier ist
die Hölle?«
»Laß das!« sagte Trautman streng. »Mit so etwas
scherzt
man nicht.«
»Es war auch nicht als Scherz gemeint«, antwortete Ben.
Mike hörte nicht mehr hin. Mühsam löste er den Blick von der
gigantischen Wasserkuppel und sah zum Heck der NAUTILUS
hin. Der halbrunde Himmel setzte sich auch dort fort, bis er in
einer Entfernung von mindestens drei oder vier Meilen mit dem
Wasser des Hafens verschmolz. Hinter ihnen befanden sich keine Schiffe mehr, aber irgend etwas trieb auf dem Wasser. Auf
den ersten Blick sah es aus wie Fetzen von weißem Segeltuch,
aber dazu war es zu groß, und es setzte sich zu weit unter Wasser fort. Es war die Qualle. Sie hatte die NAUTILUS zwar freigegeben, aber sie befand sich noch immer in ihrer unmittelbaren
Nähe; vielleicht, um sofort zugreifen zu können, sollten sie einen Fluchtversuch wagen. Mike verspürte ein eisiges Frösteln,
als er sah, wie gewaltig die Qualle wirklich war. Viel größer, als
sie alle geglaubt hatten. Selbst die NAUTILUS mußte dagegen
wie ein Zwerg erscheinen.
Mike drehte sich wieder zu den Schiffen herum. »Ob sie…
wohl alle auf die gleiche Weise hierhergekommen sind?« fragte
er stockend.
Trautman hob die Schultern. »Die Vermutung liegt nahe«, gab
er zurück. »Und jetzt frag mich bloß nicht, warum.«
Das tat Mike auch nicht. Und er ersparte sich auch die andere
Frage, die ihm auf der Zunge lag – nämlich, was mit den Besatzungen all dieser Schiffe geschehen war. Er kannte die Antwort.
Sie hatten den Angriff der Qualle mit Müh und Not überlebt,
aber nur, weil sie sich in einem Unterseeboot befanden, einem
Schiff, das dazu gebaut war, in große Wassertiefen vorzustoßen.
Die Männer und Frauen auf all diesen Schiffen hier mußten
jämmerlich ertrunken sein.
»Ich denke, wir werden uns diesen sonderbaren Hafen einmal
ein wenig genauer ansehen«, sagte Trautman. »Ihr bleibt hier
oben. Haltet die Augen offen.« Er ging in den Turm zurück, in
dem sich ein zweites Steuerruder befand, so daß er die
NAUTILUS im Notfall auch von hier aus steuern konnte. Es
verging nur ein Moment, bis sie hören konnten, wie die Motoren
des Schiffes wieder ansprangen. Die NAUTILUS setzte sich in
Bewegung.
Mike kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, während
die NAUTILUS zwischen den miteinander vertäuten Schiffen
hindurchglitt. Beim Näherkommen konnten sie sehen, daß sich
die meisten Schiffe in einem sehr viel schlechteren Zustand
befanden, als es von weitem den Anschein gehabt hatte. Spieren und Ruder waren geknickt und zersplittert, Masten gebrochen, und in dem einen oder anderen Rumpf gähnten gewaltige
Löcher. Dicke Krusten aus Muscheln und Algen hatten das Holz
überwuchert, es roch nach Fäulnis und

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