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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte, war so ungeheuerlich, daß er
sich plötzlich seiner eigenen Gedanken schämte. Er wußte, daß
Trautman die Wahrheit sagte. Und das war wohl auch der
Grund, aus dem er und die anderen Serena unten in der Stadt aus
dem Weg gegangen waren. Verlegen senkte er den Blick.
»Es tut mir leid«, murmelte er.
»Schon gut.« Trautman winkte ab. »Ich kann dich verstehen.
Mir selbst war auch nicht wohl dabei, dich zu hintergehen, aber
wir hatten keine andere Wahl. Es ist schwer, ein Geheimnis zu
wahren, wenn es jemanden gibt, der deine Gedanken lesen
kann.«
»Aber ihr… ihr könnt die Leute hier doch nicht einfach im
Stich lassen!« sagte Mike. »Ich meine, irgend etwas muß man
doch für sie tun!«
Nein, antwortete Astaroth an Trautmans Stelle. Er hat recht,
glaub mir. Ihr könnt nichts tun. Sie wird nicht zulassen, daß irgend jemand ihr die Macht hier streitig macht. Und sie weiß, wie
gefährlich ihr für sie seid. Sie hat vor, euer Schiff zu zerstören.
»Stimmt das?« fragte Mike laut. »Astaroth sagt, daß sie die
NAUTILUS zerstören will?«
»Ja«, antwortete Trautman traurig. »Sie hat Denholms
Leuten
befohlen, das Schiff auseinanderzubauen. Vielleicht ahnt sie,
was wir vorhaben. Sie haben noch nicht damit begonnen, aber
wenn sie es erst einmal tun, gibt es keinen Weg mehr hier heraus.« Seine Stimme wurde leiser, aber auch eindringlicher.
»Wir müssen hier weg, Mike. Vielleicht… vielleicht können
wir später noch einmal zurückkommen, aber im Augenblick ist
unsere einzige Chance, mit der NAUTILUS von hier zu
verschwinden. Ohne sie kommen wir nie wieder nach oben.«
»Und wann?« fragte Mike. »Habt ihr schon einen Plan?« »Soweit man es so nennen kann«, antwortete Trautman. »Wir hatten vor, noch zwei oder drei Tage zu warten, aber ich fürchte,
soviel Zeit bleibt uns nicht mehr. Ich war gestern auf der
NAUTILUS und habe mich umgesehen. Sie hat ein paar kleinere
Schäden abbekommen, aber im großen und ganzen ist sie in
Ordnung. Mit ein bißchen Glück schaffen wir es bis zur Meeresoberfläche hinauf.«
»Und die Qualle?« fragte Mike.
Trautman zuckte mit den Schultern. »Wir müssen es eben
versuchen. Vielleicht schaffen wir es irgendwie, ihr zu entkommen. Es ist gefährlich, ich weiß, aber wir sind fest entschlossen, es zu riskieren.«
Mike schwieg. Die Vorstellung, einfach wegzugehen
und
Denholm und die anderen ihrem Schicksal – und Serena! – zu
lassen, war ihm unerträglich. Es kam ihm so feige vor.
Mut am falschen Platz ist manchmal Dummheit, sagte Astaroth.
»Also gut«, sagte Mike schweren Herzens. »Wann brechen wir
auf?«
Trautman schwieg noch eine Sekunde. Dann sagte er: »Heute
Abend!«
Das Volk wollte an diesem Abend ein Fest feiern, erklärte
Trautman, und das wollten sie ausnutzen, sich an Bord der
NAUTILUS schleichen und versuchen zu fliehen. Bis zum Beginn dieses Festes würden noch gute zwei Stunden vergehen,
und Trautman wollte so lange abwarten, um auch wirklich sicher zu sein, daß sie keiner Wache oder einem verspäteten Besucher des Festes in die Hände liefen, wenn sie sich auf den Weg
zum Hafen machten. Da Mike es nun nicht mehr riskieren konnte, ins Dorf zurückzugehen, hatte sich Astaroth angeboten, André zu holen, und alle hatten
zugestimmt. Trautman hatte dem
Kater einen Zettel ins Maul gesteckt, auf dem er André mit
wenigen und bewußt vage gehaltenen Worten bat, zum Strand
hinunterzukommen, wo sie sich treffen wollten. Selbst wenn dieser Zettel Serena oder einem Angehörigen des Volkes in die
Hände fallen sollte, würden sie nichts damit anfangen können,
denn sie konnten die heutige Schrift ja nicht lesen.
Endlich war es soweit, und sie verließen die Hütte auf der
Klippe und machten sich wieder auf den Weg zum Korallenwald.
Während sie den Hang hinuntergingen, blieb Mikes Blick wieder
an den bizarren Türmen und Mauern der Alten Stadt hängen, die
sich auf der anderen Seite der Bucht erhob. Der Anblick war
noch unheimlicher als das erste Mal, jetzt, wo er wußte, welche
Wesen diese Stadt bewohnten. Vielleicht war es Einbildung, aber
er glaubte zu spüren, daß von dieser Stadt etwas Ungutes ausging, als wäre dort drüben irgend etwas, was lauerte und wartete,
etwas Uraltes und Mächtiges, das einen unsichtbaren Schatten
über die Bucht warf.
Sie waren nun am Fuße des Hügels und am Fluß angekommen,
überschritten aber nicht die Brücke, sondern wandten sich nach
rechts und folgten einem schmalen Weg, der durch den Korallenwald

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