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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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gerade einschlagen, als ich hinter mir die Geräusche laufender Schritte höre, in einem mir sehr bekannten Rhythmus. Die beiden Joggerinnen, die mir schon mal einen Strich durch die Rechnung gemacht haben! Ja, was denn? Laufen die denn den ganzen Tag hier herum, so ungefähr wie die schiitischen Sittenwächter durch die Parks von Teheran, um mir wirklich immer einen Strich durch meine Flirtrechnung zu machen?
    »Achtung«, ruft die erste Joggerin mit den schmalen Hüften und den Shorts, »der Typ ist ein Aufreißer.«
    »Der skatet nicht, der will nur eine Frau kennenlernen«, ruft die andere.
    Die beiden schenken mir ein bitterböses Lächeln und hüpfen weiter. Ich blicke meine Retterin unsicher an. Die aber lächelt ungerührt und streckt mir immer noch die Hand hin. »Trifft sich gut. Ich bin nämlich auch nur hier, um einen
Mann kennenzulernen. Bladen finde ich eigentlich total bescheuert. Hallo, ich heiße Sabine.«
    Eine halbe Stunde später sitze ich mit Sabine im Biergarten und fühle mich rundum wohl. Allerdings nicht, weil ich meinem Ziel wirklich nähergekommen wäre. Sabine ist dreiunddreißig Jahre alt, attraktiv und echt nett. Aber mein Typ ist sie leider nicht. Trotzdem unterhalten wir uns gut, und das ist ja auch schon mal was. Vor allem ist es besser, als auf Rollschuhen durch den Park zu eiern.
    Dass es mit uns nicht klappt, liegt übrigens daran, dass Sabine Bladen zwar wirklich nicht mag, sie ansonsten aber ein Sportmaniac ist und nur auf Männer steht, die ihr Leben mit der Jagd nach körperlichen Höchstleistungen verbringen. Ihr letzter Freund war Triathlet, der davor Leistungsschwimmer und der davor Radrennfahrer.
    »Und woran ist es gescheitert?«, erkundige ich mich.
    »Ich weiß nicht genau. Vielleicht daran, dass mir Sport auf Dauer doch zu langweilig ist?«
    »Aber ich dachte, genau das suchst du?«
    »Ja, tue ich auch. Aber will man wirklich immer das finden, wonach man sucht?«
    Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich ihre Antwort wirklich verstanden habe, aber sie hat mich nachdenklich gemacht. Kommt mir vor wie ein Rätsel, das ich bei Gelegenheit mal knacken muss. Aber eben nicht heute und nicht mit ihr. Weil mir dazu leider die Zeit fehlt.
     
    22:35 Uhr: Rufe Andy an und erzähle ihm von den ganzen Reinfällen gestern und heute. Er verspricht mir, sich etwas einfallen zu lassen. Ich soll mir morgen Abend freihalten.

    »Danke, Andy.«
    »Kein Problem, Alter. Dafür bin ich ja dein Datedoktor.«
    Dann will er wissen, was aus dem Porsche geworden ist.
    »Ich habe ihn immer noch. Hab mich nicht getraut, ihn zurückzubringen.«
    »Und was sagt der Händler dazu?«
    »Keine Ahnung. Ich habe nicht mit ihm gesprochen.«

19. Tag: Mittwoch
    20:03 Uhr: Ein Blind Date zu haben, ist an sich schon nicht so einfach, denn du kannst alles Mögliche falsch machen: die falsche Begrüßung, die falsche Location, das falsche Deo, das falsche Outfit. Aber es ist immer noch ein Spaziergang im Vergleich zu dem, was ich vor mir habe.
    Meine Verabredung heißt Lucy, ist siebenundzwanzig Jahre alt, hat Möpse wie ein Topmodel, eine Zahnlücke wie ein Eishockeyspieler und ein Lächeln wie ein Engel. Andy hat das Treffen arrangiert. Wenn ich es richtig verstanden habe, war Lucy mal hinter ihm her, hatte aber keine Chance, weil Andy Zahnlücken abturnend findet.
    Ich betrete das Lokal, in dem das Date stattfinden soll. Alles ist eigentlich wie immer - bis auf ein kleines, aber entscheidendes Detail. In meinem Ohr steckt ein kaum sichtbares Headset, das mit meinem Handy in der Tasche verbunden ist. Über das höre ich Andys Stimme. Er hockt vor dem Lokal in seinem Wagen und ich bin sozusagen sein ferngesteuerter Gigolo. Da er Erfolg bei Frauen hat, muss ich logischerweise dadurch auch Erfolg bei Frauen haben. Meint er.
    Und? Siehst du sie schon?, fragt Andy im Flüsterton.
    »Negativ«, gebe ich genauso leise zurück.

    Dann such nach ihr.
    »Was glaubst du, was ich mache?«, gebe ich genervt zurück, was mir die ersten argwöhnischen Blicke anderer Gäste einträgt. Andererseits sollte heutzutage doch jeder wissen: Typen, die seltsam vor sich hinbrabbeln, sind nicht unbedingt geistesgestört. Sie haben vielleicht nur ein Headset. Und, stimmt, das läuft aufs Gleiche raus.
    »Ich glaube, sie ist noch nicht da«, raune ich in das kleine Sprechteil, das irgendwo versteckt unter meinem Hemdkragen baumelt.
    Unsinn. Lucy ist immer pünktlich.
    »Und wenn sie gar nicht kommt?«
    Sie kommt hundertprozentig. Das,

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