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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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was ich ihr versprochen habe, lässt sie sich garantiert nicht entgehen.
    »Scheiße, Andy. Was hast du ihr erzählt?«
    Ich höre am anderen Ende der Leitung nur ein glucksendes Lachen.
    »Mann, Andy. Was für eine blöde Tour ziehst du hier ab?!«
    Entspann dich, Alter. Freu dich einfach, dass ich dir helfe.
    Ich will gerade mit ein paar Schimpfwörtern antworten, als ich aus den Augenwinkeln eine Frau entdecke, die eine Art Hula-Hula-Tanz veranstaltet und in meine Richtung winkt. »Hier bin ich. Hier hinten! Du bist doch Stefan, oder? Ich bin Lucy. Ich freu mich ja so!«
    »Bin gleich bei dir. Nur eine Sekunde noch«, rufe ich quer durchs Lokal. Im Flüsterton schiebe ich dann nach: »Ich habe sie gefunden.«
    Sehr gut. Dann mach ab jetzt alles wie besprochen. Du sagst nichts mehr, was ich dir nicht vorher ins Ohr geflüstert habe. Verstanden?

    »Klar und deutlich.«
    In den folgenden zwei Stunden erlebe ich das bizarrste Date meines Lebens. Lucy und ich sitzen an einem Ecktisch, essen italienische Feinkost von A wie Amaretto bis Z wie Zabaione, trinken eisgekühlten Pinot Bianco und unterhalten uns im Schein zweier romantisch flackernder Kerzen. Unser Gespräch verläuft entspannt und angenehm, sieht man mal davon ab, dass meine Antworten immer mit ein paar Sekunden Verzögerung erfolgen, so als würden wir nicht voreinander sitzen, sondern ein Interkontinentalgespräch zwischen Europa und Timbuktu führen.
    »Erzähl mir etwas über dich, Stefan. Was machst du so? Wofür interessierst du dich? Und wie kommt es, dass du so dringend eine Frau kennenlernen möchtest?«, fragt sie mich.
    Ich tue so, als müsste ich lange über ihre Worte nachdenken und lausche in der Zeit auf die Worte meines Souffleurs. Sag ihr, dass du nicht EINE Frau kennenlernen möchtest, sondern SIE . Und dass es nur deshalb dringend wäre, weil du gespürt hast, dass das Schicksal heute Abend eine besondere Begegnung für dich vorgesehen hat.
    Zugegeben, darauf wäre ich selbst nicht gekommen. »Ich möchte nicht EINE Frau kennenlernen, Lucy«, wiederhole ich und bemühe mich dabei um eine natürliche, entspannte Stimme. »Ich möchte DICH kennenlernen. Darum weiß ich, dass unser Zusammentreffen kein Zufall ist.«
    Sie schaltet ihren Blick auf Schlafzimmer und sagt: »Darf ich dir was beichten: Ich wollte schon immer mal, dass ein Mann so etwas zu mir sagt.«
    »Ich werde das Kompliment weitergeben.«
    »Wieso weitergeben? An wen?«

    Du bist ein Idiot, höre ich in der gleichen Sekunde im Ohr.
    »Du bist ein … faszinierender Mensch«, sage ich und bekomme gerade noch die Kurve.
    Gerettet. Kompliment.
    »Danke.«
    Lucy sieht mich erstaunt an. »Danke? Wofür?«
    »Habe ich gerade Danke gesagt?«
    »Ja, hast du.«
    »Ach, nichts. Ich meine, das war, weil …«
    Ich verliere den Faden und trinke nervös mein Glas Pinot in einem Zug aus. Was nicht gerade zu meiner Konzentration beiträgt.
    Sag ihr, dass du ihr für den schönen Abend dankst. Und für die Gelegenheit, dass ihr beide euch kennenlernen könnt.
    »Ich möchte dir für den schönen Abend danken. Und für die Gelegenheit, dass ihr beide euch kennenlernen könnt«, wiederhole ich.
    »Ihr beide? Wen meinst du?« Es ist deutlich, dass Lucy anfängt, an meinem Verstand zu zweifeln.
    Idiot. Lass sofort die Finger von dem Wein. Und konzentriere dich gefälligst.
    »Du hast Recht. Tut mir leid.«
    »Womit?«, fragt Lucy.
    »Ach, vergiss es. Wenn es so warm ist wie heute, vertrage ich einfach keinen Alkohol.«
    »Geht mir genauso«, sagt Lucy und ist wieder versöhnt. Wir bestellen eine große Flasche San Pellegrino und stoßen erneut auf diesen Abend an. So als wüssten wir beide, dass wir die erste Chance versaut haben, aber immer noch eine zweite haben.

    »Woher kennst du eigentlich Andy?«, fragt Lucy dann. Keine verkehrte Frage, schließlich ist er derjenige, der unser Date arrangiert hat.
    »Andy? Woher ich den kenne? Ach, das ist eine lange Geschichte«, gebe ich mit einem aufrichtigen Lächeln zurück.
    »Dann erzähl sie mir.«
    »Willst du wirklich?«, frage ich mit einem Tonfall, der so vermint ist, dass sogar Andy es am anderen Ende der Leitung kapiert. Lass das Thema fallen, Alter. Ich spiele heute Abend keine Rolle. Es geht nur um dich und Lucy.
    »Andy hat mal eine Zeit lang bei uns in der Firma als Hausbote gearbeitet«, erkläre ich Lucy, obwohl das natürlich totaler Unsinn ist. »Aber wir mussten ihn dann leider entlassen, weil er der Aufgabe einfach nicht gewachsen

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