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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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anstrengend, sich die ganze Zeit mit irgendwelchen notgeilen Idioten abzugeben?«, frage ich.

    Sie schüttelt den Kopf. »Nein, gar nicht. Und es ist ein gutes Training für meine Schauspielerei. Ich trete ja nicht als ich selbst auf. Ich habe die verschiedensten Rollen für mich ausgearbeitet. Von der strengen Domina bis zur geilen Achtzigjährigen. Besonders gerne spiele ich die sexsüchtige, lispelnde Legasthenikerin, die es am liebsten mit zwei Typen gleichzeitig macht.«
    »Und auf so was stehen Männer?«
    »Es gibt nichts, worauf Männer nicht stehen. Willst du mal hören?«
    »Was kostet denn die Minute?«
    »Du bekommst sie gratis. Ist schließlich unser Kennenlernen.«
    Ich bin einverstanden und tue pantomimisch so, als würde ich sie anrufen. Viola lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. »Halloooo?«, fragt sie mit schwülstiger Stimme. »Wer spricht denn da?«
    »Stefan.«
    »Und hier ist die scharfe Gabi. Ich habe nichts an außer meiner knappen Spitzenunterwäsche. Ich habe Körbchengröße Doppel-D und rasiert bin ich auch.«
    »Ich liebe dich, Gabi. Was machst du gerade?«
    »Oh, mein starker Stefan. Ich sitze hier und habe meine Hand in meinem Höschen. Willst du deine Hand dazutun?«
    »Ja, klar. Gerne.«
    »Oh, das tut so gut, mein geiler Held. Und jetzt zieh mich aus, na komm, und besorg es mir, ja? Oh, ich will dich in den Mund nehmen, na komm schon, zeig mir dein Rohr. Oh Gott, du machst es mir so gut.«
    Viola und ich lachen uns tot, und darum merken wir zuerst
gar nicht, dass es rund um uns herum total ruhig geworden ist. Während wir uns die Tränen aus den Augen wischen, starren uns sechs andere Paare ungläubig an.
     
    4. Sie heißt Michaela und ist Accountmanagerin in einer Werbeagentur. »Ich bin froh, dass ich mich heute Abend frei machen konnte für das Dinner«, erklärt sie mir mit atemloser Stimme. »Eigentlich hätte ich noch ein Kundenmeeting gehabt. Seit meine Agentur für die Japaner arbeitet, komme ich mit meinem Sechzehn-Stunden-Tag einfach nicht mehr hin.«
    »Ja, das merkt man.«
    »Was machst du so?«
    »Ich bin Makler. Ich versuche, mit einem Sechs-Stunden-Tag auszukommen, aber eigentlich ist mir das zu viel. Vier Stunden wären besser. Ich finde eine ausgewogene Work-Life-Balance sehr wichtig.«
    »Ich auch. Darum bin ich kürzlich in ein Fitnessstudio gewechselt, das vierundzwanzig Stunden am Tag auf hat. Bewegung muss sein. Sonst fühle ich mich einfach nicht wohl. Wie ist das bei dir? Treibst du Sport?«
    »Ich mache Couching.«
    »Oh, das kenne ich noch gar nicht. Ich frage mal in meinem Studio, ob sie das anbieten.«
    »Das kann man besser zu Hause. Die Ausrüstung ist unter Umständen recht teuer, aber es empfiehlt sich, auf Qualität zu achten. Ich bevorzuge Leder.«
    »Danke für den Tipp.«
     
    5. Yvonne ist schlank und sieht mich aus großen, melancholischen Augen an. Das Erste, was sie sagt, ist: »Meine Lieblingsjahreszeit
ist Winter, meine Lieblingsfarbe ist Schwarz, mein Lieblingswetter ist Regen und mein Lieblingsfilm ist Wenn die Gondeln Trauer tragen .«
    »Lass mich raten: Dein Lieblingsmann müsste von Beruf Leichenbestatter sein?«
    »Nein. Gerichtsmediziner.«
    »Friedhofsgärtner, würde das auch gehen?«
    In ihren Augen erscheint ein schimmernder Tränenglanz. »Du nimmst mich nicht ernst, oder? Aber das macht nichts. Das passiert mir öfter.«
    »Nein, nein. Ich finde dich sehr interessant, wirklich.«
     
    6. Sie heißt Mareike, ist extrem attraktiv, hat aber ziemlich genaue Vorstellungen, wonach sie sucht. »Ich stehe auf dunkle Typen. Italiener. Spanier. So etwas. Hast du irgendwelche Vorfahren in der Richtung?«
    »Jeder Kölner hat Vorfahren in der Richtung. Erst Römer, dann Franzosen.«
    »Franzosen mag ich nicht. Sind auch keine Südländer, finde ich.«
    »Nicht mal Südfranzosen?«
    »Willst du mich verarschen?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Wir plaudern weiter, aber meine Aufmerksamkeit gehört in Wahrheit dem Gespräch, das Viola drei Plätze weiter führt. Immer, wenn ich mich zurücklehne, kann ich hören, wie ein braungebrannter Typ sie mit Geschichten über seinen Tauchurlaub vollquatscht. Ich bekomme mit, wie sie bei einer seiner angeblichen Heldentaten die Augen aufreißt und ruft: »Und der Hai war wirklich vier Meter lang? Boaaa!«

    Er macht eine beschwichtigende Handbewegung. »Vielleicht waren es auch nur dreieinhalb.«
    »Ja, aber unter Wasser sieht ja alles kleiner aus, oder? Vielleicht war er in Wahrheit zehn Meter? Oder

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