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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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noch größer?«
    »Nicht ganz, also … die Perspektive unter Wasser ist eigentlich … jedenfalls war es ein echtes Monstrum.«
    »Wie dein Schwanz, oder? Der ist bestimmt auch soooo groß.«
    »Was? Wie kommst du denn darauf?«
    Viola wendet unmerklich ihren Kopf in meine Richtung und zwinkert mir zu.
     
    7. Petra ist niedlich, erklärt mir aber als Erstes, dass sie einen Mann sucht, der ein Leben mit ihr als materielle Herausforderung begreift.
    »Und was genau soll das heißen?«, frage ich sie.
    »Er muss Kohle haben.«
    »Hast du das in deinen Fragebogen reingeschrieben?«
    »Nicht so direkt. Wäre ja ungeschickt.«
    »Verstehe.«
    »Wie sieht’s denn bei dir in dieser Hinsicht aus?«
    »Ich verkaufe Villen. Aber selbst kann ich mir keine leisten.«
    »Und sonst? Irgendwelche Aussichten auf einen finanziellen Aufstieg?«
    Ihre Direktheit beeindruckt mich und das sage ich ihr auch. Dann erzähle ich ihr, dass meine beruflichen Ambitionen mäßig sind, dass meine Erbschaft durch drei geteilt wird, weil ich noch einen Bruder und eine Schwester habe, und dass ich nicht einmal regelmäßig Lotto spiele. Petra nickt
melancholisch: »Schade, weil eigentlich finde ich dich ja ganz nett. Aber so …«
    Ich beruhige sie. »So schade ist es eigentlich gar nicht. Mir ist Geld zwar egal, aber du wärst auch nichts für mich, wenn du ein paar Millionen auf dem Konto hättest.«
    »Oh.«
    »Mmh.«
     
    21:40 Uhr: Diana kehrt in den Raum zurück und sammelt die Bewertungsbögen ein. Haben beide Partner sich ein Ja gegeben, bekommt man noch heute die E-Mail-Adresse des anderen.
    Ist mir zu kompliziert. Ich sehe fragend zu Viola hinüber. Sie lächelt und nickt - und dann knüllen wir beide im stillen Einvernehmen unsere Bewertungsbögen zusammen und werfen sie auf den Fußboden. Ich strecke ihr den Arm hin, sie hakt sich ein und gemeinsam verziehen wir uns nach vorne an die Bar des Lokals, wo wir uns endlich ohne Zeitlimit unterhalten können.
     
    1:44 Uhr: Liege im Bett und blicke auf einen weiteren Fehlschlag zurück. Mist! Viola war nett, witzig, aufmerksam, hübsch. Und ich glaube, die Attribute, die sie mir verpassen würde, wären auch nicht ganz schlecht. Hatte zum ersten Mal das Gefühl, am Ziel zu sein. Und dann sagte sie: »Ich finde es so schade, dass ich morgen in Urlaub fahre, Stefan. Und dass wir uns erst in vier Wochen wiedersehen. Aber so schlimm ist das auch nicht, oder? Vier Wochen sind schließlich keine Ewigkeit!«
    »Nein, keine Ewigkeit. Aber leider zu lang«, antwortete ich
in einem Tonfall, als hätte sie mir gerade gesagt, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hätte.
    Viola schüttelte verständnislos den Kopf: »Ihr Typen von heute seid echt seltsam. Ihr haltet es monate-oder sogar jahrelang ohne Frau aus. Aber wenn dann mal eine kommt, mit der es klappen könnte, habt ihr nicht mal ein paar Tage Geduld. Verstehe ich einfach nicht.«
    Ich senkte schuldbewusst den Kopf. »Ich könnte dir das erklären, Viola. Aber das würde es garantiert nicht besser machen. Darum hast du schon Recht: Wir Typen sind wirklich seltsam.«

23. Tag: Sonntag
    Schaffe es den ganzen Tag nicht aufzustehen. Bin deprimiert. Wegen des Anrufs von Katja. Wegen der Sache mit Viola. Wegen allem.
    Stelle fest, dass es einfach unfair ist, als Mann verlassen zu werden. Weil man nicht traurig sein darf. Ist nicht vorgesehen. Schließlich sind wir doch die coolen Typen, denen ihre Frauen sowieso nur auf die Nerven gehen und die ewig ihrer verlorenen Freiheit nachtrauern. Gäbe es eine Abwrackprämie für Frauen, wären wir die Ersten, die mit ihrem alten Modell am Schrottplatz Schlange stünden. Sollte also froh sein, dass Katja weg ist. Bin ich aber nicht!
    Das Rumgehänge führt dazu, dass ich abends nicht müde bin. Hocke die ganze Nacht vor dem Fernseher und sehe mir auf einem durchgeknallten Spartenkanal ein schlecht animiertes Manga-Kaninchen an, das mit abgehackter Stimme eingegangene SMS vorliest, die man für einen überteuerten Tarif an den Sender schicken kann.
    Liebe Uschi. Du hast so *** Möpse! Ich will dich ***.
    Bei den interessantesten Vokabeln streikt der Hase. Die meisten Botschaften sind aber ohnehin harmlos und wir Zuschauer bekommen sie ganz zu hören.

    Liebe Heidschnucke. Ich liebe dich über alles. Dein Löwenzahn.
    Ich frage mich, wie mental derangiert ein Typ sein muss, wenn er glaubt, dass die Frau, an die er sich wendet, um diese Uhrzeit vor dem Fernseher hockt und sich diesen psychedelischen

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