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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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Jeanette, immer noch nah bei ihm.
    »Das ist viel, was du herausbekommen hast. Und das in dieser kurzen Zeit«, stammelte Gregor und blickte ihr jetzt direkt in die Augen.
    »Ich kann sehr schnell sein, wenn ich will«, flüsterte sie und kam noch ein wenig näher.
    Gregor sah ihren wunderbaren Mund. Jeanette Albrecht, Jeanette. Er schloss die Augen.
    Und öffnete sie wieder.
    »Es riecht«, sagte Gregor.
    Jeanette, deren Lippen nur Millimeter von seinen entfernt waren, öffnete auch ihre Augen wieder und setzte sich in ihrem Stuhl auf.
    »Stimmt«, sagte sie und schnupperte. »Nach Qualm.«
    Gregor sprang auf und durchquerte eilig das Sekretariat. Alles ruhig. Aber als er die Tür zum Flur öffnete, quoll ihm dichter Rauch entgegen. Gregor warf die Tür wieder zu und rannte zurück. »Es brennt. Wie kommen wir hier raus?« Er riss die Fenster auf und blickte nach unten. Dritter Stock. Plattenbau. Keine Chance zu springen, keine Möglichkeit, sich an Fenstersimsen entlangzuhangeln. »Wir müssen durch den Flur.«
    Jeanette riss im Sekretariatszimmer zwei Handtücher aus dem Schrank und tränkte sie in dem kleinen Waschbecken mit Wasser. »Halt dir das vors Gesicht!«
    »Das hilft gegen den Rauch?«
    »Keine Ahnung, hab ich im Film gesehen.«
    »Na dann los«, sagte Gregor. Jeanette hielt ihn fest. Als Gregor sich zu ihr umdrehte, umschlang sie ihn und küsste ihn auf die Wange. »Tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen hab.«
    »Wenn wir hier heil rauskommen, hab ich wenigstens eine Story. Und die hab ich dir zu verdanken, Jean.«
    Sie hielten sich die Handtücher vor Mund und Nase und öffneten die Tür zum Flur.

Schwarz und Weiß

    Sie wollte nicht öffnen. Ihre Haare waren noch nicht gemacht und gänzlich ungeschminkt, in diesem Zustand hatte sie selbst ihr Mann in all den Jahren nur wenige Male gesehen. Es hatte geklingelt, gerade als sie ihre elektrische Zahnbürste angestellt hatte. Um diese Zeit? Evelyn hielt es zunächst für Einbildung, für einen Streich, den sich ihr müder Kopf nach nur zwei Stunden Schlaf erlaubte. Doch als es erneut läutete, nun in kurzer Folge dreimal hintereinander, bestand kein Zweifel mehr. Ihr Herz schlug heftig, sie spürte das Adrenalin. Unmittelbar vor schwierigen Geburten im Zoo oder bei Presseterminen fühlte sie ähnlich. Doch sie bekam ihre Aufregung in den Griff. Wer konnte um sieben Uhr morgens schon vor der Tür stehen? Sie band ein Handtuch um den Kopf, schnürte ihren Morgenmantel enger und öffnete die Tür.
    »Thank you«, hörte sie einen älteren Herren zu seinem Begleiter sagen, ehe sein Blick auf Evelyn fiel.
    »Heartbreaker«, tuschelte der andere, sich seine große Nase reibend.
    »Entschuldigen Sie, ich bin Hauptkommissar Schwarz, das ist mein Kollege Hauptkommissar Behnke, wir kommen beide von der Kriminalpolizeiinspektion Rostock.« Einer der beiden hielt seinen Dienstausweis in die Höhe. »Wir müssten Sie kurz stören. Ob wir vielleicht …?«
    »Ja, ja, natürlich. Ich bin nur noch …«
    »Kein Problem, Sie können gern noch …«, er ruderte mit der Hand über sein Gesicht, fast wie ein Maler, der einem Kunstwerk noch den letzten Schliff gibt. Dann griff er mit Daumen und Zeigefinger in seinen beträchtlichen Schnurrbart und ließ beiläufig »Moby Dick?« fallen. Sein Kollege griente beim Betreten der Wohnung. »Nnnnjet!«
    »Wie bitte? Ich habe Sie nicht ganz verstanden,«, fragte Evelyn irritiert.
    »Nein, nein, nichts. Ich hatte Behnke nur, also Hauptkommissar Behnke, äh …« Dann brach er kopfschüttelnd mitten im Satz ab. »Wo können wir …?«
    »Am besten dort.« Evelyn zeigte in die Küche. »Nehmen Sie bitte Platz. Ich bin in zwei Minuten bei Ihnen.«
    Nachdem sie sich in Windeseile angezogen und ein wenig Make-up aufgetragen hatte, kam sie in ihre Küche, wo die beiden Herren angeregt diskutierten.
    »… eine  SG-Doubleneck  von Gibson. Meinen Bart drauf!«
    »Sicher?«, staunte der andere ehrfürchtig und befühlte seine behaarte Oberlippe.
    »Möchten die Herren einen Kaffee?« Evelyn durchwühlte einen der Hängeschränke nach passendem Geschirr.
    »Jo, den nehmen wir, was Behnke?«
    »Wie trinken Sie ihn, mit Milch und Zucker?«
    »Hauptkommissar Schwarz nimmt seinen weiß und ich schwarz. Beide mit ohne Zucker.«
    Evelyn sah sie verdutzt an. Angesichts ihrer tief unter den Bäuchen sitzenden Jeans, ihrer rotbraunen Konferenzmappen und ihres eigenartigen Benehmens hätte sie bestenfalls pensionierte Kartenkontrolleure oder

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