Herrin der Dunkelheit
und Geld.
Eine verbittert wirkende Frau mit ergrauendem rotem Haar sagte ihm: »Als nächstes müssen Sie zum Büro für Baugenehmigungen gehen, das ist im Nebengebäude des Rathauses auf der anderen Straßenseite, etwa zweihundert Meter linker Hand, und dort feststellen, wann ein Antrag auf eine Baugenehmigung für dieses Grundstück gestellt worden ist. Wenn Sie mir diese Information bringen, kann ich Ihnen weiterhelfen. Es dürfte nicht allzu schwierig sein. Sie müssen nicht sehr weit zurückgehen. Alles in dieser Gegend wurde 1906 zerstört.«
Franz tat, was die Frau ihm gesagt hatte, und dachte, dass dies alles nicht nur zu einer Fantasia, sondern zu einem Ballett von Gebäuden wurde. Das bescheidene Vorhaben, die Geschichte nur eines einzigen Gebäudes zu recherchieren, hatte ihn dazu gezwungen, eine Art höfisches Menuett zu tanzen. Zweifellos war dieser Rundlauf dazu angelegt worden, um das lästige Publikum zu entmutigen und zum Aufgeben zu bringen. Aber er würde es ihnen zeigen! Die Energie und Unternehmungslust, die Cal an ihm heute festgestellt hatte, waren noch immer unverbraucht.
Ja, ein nationales Ballett aller Gebäude, der großen und der kleinen, der Wolkenkratzer und Hütten, die sich alle erhoben und für eine Weile unsere Straßen und Gassen heimsuchten und schließlich in sich zusammenfielen, sei es durch ein Erdbeben oder durch andere Ursachen, zu der Melodie von Eigentum, Geld und Akten, gespielt von einem Symphonie-Orchester, das aus Millionen von Schreibern und Bürokraten bestand, von denen jeder sein bisschen von der unendlichen Partitur ernsthaft ablas und spielte, von der Partitur, die schließlich, wenn die Gebäude zusammenfielen, in Aktenvernichtungsmaschinen geschoben werden würden, die in langen Reihen nebeneinander standen wie die Streichergruppe eines Orchesters, doch es waren keine Stradivaris, sondern Shredmasters. Und über alles rieselte der Papierschnee.
Im Nebengebäude des Rathauses, einem nüchternen Zweckbau mit niedrigen Decken, war Franz angenehm überrascht (und sein Zynismus wurde ziemlich platt gedrückt), als ein dicklicher, junger Chinese, nachdem Franz ihm die rituelle Formel von Block- und Liegenschafts-Nummer gegeben hatte, ihm innerhalb von zwei Minuten ein zusammengefaltetes, altes Formblatt reichte, das mit altersbraun gewordener Tintenschrift ausgefüllt war und mit den Worten begann: ›Antrag zur Errichtung eines siebenstöckigen Ziegelgebäudes mit Stahlrahmen auf der Südseite von Gary Street, 25 Fuß westlich von Hyde Street; Kostenvoranschlag: $ 74870000, –, vorgesehener Verwendungszweck: Hotel‹ – und endete: ›eingereicht am 15. Juli 1925.‹
Sein erster Gedanke war, dass Cal und die anderen erleichtert sein würden, wenn sie hörten, dass ihr Gebäude anscheinend einen Stahlrahmen hatte – es war eine Frage gewesen, über die sie sich bei Spekulationen über die Möglichkeit und die Folgen von Erdbeben Gedanken gemacht und auf die sie keine befriedigende Antwort gefunden hatten. Sein zweiter war, dass die Datumsangabe das Gebäude fast enttäuschend jung machte – es gehörte zum San Francisco von Dashiell Hammett … und Clark Ashton Smith. Aber dennoch: die großen Brücken hatte es damals noch nicht gegeben; ihre Aufgabe wurde damals noch von Fähren erledigt. Fünfzig Jahre waren immerhin ein respektables Alter.
Er schrieb die meisten der brauntintigen Eintragungen in sein Notizbuch, gab dem rundlichen, jungen Chinesen den Antrag zurück und ging zum Büro des Finanz-Syndikus zurück. Die rothaarige Frau trug ihre Verbitterung anderswo spazieren, und zwei alte Männer, die beide hinkten, nahmen seine Informationen mit unverhohlener Skepsis entgegen, ließen sich aber schließlich dazu herab, einen Computer zu konsultieren. Dabei witzelten sie darüber, ob er wohl funktionieren würde oder nicht, behandelten das etwas unheimliche Gerät aber dennoch mit großem Respekt.
Einer der Greise drückte ein paar Knöpfe und blickte auf einen Bildschirm, der dem Publikum unsichtbar blieb. »Jawoll, Baugenehmigung am 9. September 1925 erteilt, 1926 erbaut, im Juni fertig gestellt.«
»Es sollte als Hotel verwendet werden«, sagte Franz. »Könnten Sie mir den Namen des Hotels sagen?«
»Dazu müssen Sie ein Adressbuch jener Zeit konsultieren. Unsere gehen nicht so weit zurück. Versuchen Sie es doch in der Stadtbücherei auf der anderen Seite des Platzes.«
Gehorsam überquerte Franz die weite, graue Fläche, die von kleinen,
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