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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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und friedlich aus.
    Am oberen Ende der Straße sah er ein junges Paar, das Hand in Hand auf die Schatten und die grüne Dämmerung des Buena Vista-Parks zuging. Warum war ihm der Park gestern so düster und bedrohlich erschienen? Eines Tages würde er ihren Spuren zu dem bewaldeten Hügel des Parks folgen. Vielleicht mit Cal und den anderen – das Picknick, das Saul angeregt hatte.
    Doch heute hatte er etwas anderes vor, eine sehr dringende Angelegenheit. Er warf einen Blick auf seine Uhr, ging rasch weiter und nahm sich kaum Zeit, ein paar Sekunden lang stehenzubleiben und den herrlichen Anblick des bizarr gezackten Gipfels zu genießen. Wenig später trat er durch die kleine Gattertür in dem hohen Drahtzaun und ging über die grüne Wiese unterhalb der kahlbraunen Hänge, die zum Gipfel der Corona Heights führten. Rechts von ihm veranstalteten zwei kleine Mädchen eine Art Puppen-Party im hohen Gras. Es waren dieselben Mädchen, die tags zuvor auf dem Gipfel herumgetollt hatten! Und nun sah er auch den zottigen Bernhardiner, der ein Stück entfernt ausgestreckt im Gras lag, neben einer jungen Frau in ausgeblichenen Jeans, die seinen dichtbehaarten Nacken kraulte, während sie ihr langes, blondes Haar kämmte.
    Links von den Mädchen lagen zwei Dobermänner – auch dieselben, die ihn tags zuvor angeknurrt hatten! – neben einem jungen Paar, das sich im Gras ausgestreckt hatte. Franz lächelte den beiden zu, und der Mann lächelte zurück und winkte ihm zu. Es war wirklich das Dichter-Klischee ›eine idyllische Szene‹. So ganz anders als gestern. Jetzt kam ihm Cals Feststellung über die dunklen psionischen Kräfte kleiner Mädchen reichlich übertrieben vor.
    Er wäre gerne etwas geblieben, doch die Zeit drängte. Ich muss zu Taffys Haus gehen, dachte er mit einem amüsierten Grinsen. Er stieg den steilen, mit Steinen und Geröll bedeckten Hang hinauf – er war nicht allzu steil! – und musste nur einmal eine kurze Pause einlegen, um seinen Atem zu beruhigen. Über die Schulter hinweg sah er die hohe, schlanke Gestalt des Fernsehturms, die Farben frisch und hell, wie das Make-up einer brandneuen Hure. (Entschuldige, Göttin!) Er fühlte sich ein wenig verrückt.
    Als er die Corona erreichte, bemerkte er etwas, das er gestern übersehen hatte. Mehrere der Felsen waren, zumindest auf der ihm zugekehrten Seite, mit dunklen und hellen Farben aus Sprühdosen besudelt worden; es musste vor geraumer Zeit geschehen sein, da die Farben stark verblichen und teilweise verlaufen waren. Es waren nur wenige Namen und Daten, eher zumeist simple Symbole: schiefe, fünf- und sechszackige Sterne, Mondsicheln, eine Sonne, Dreiecke und Quadrate. Und ein recht bescheidener Phallus neben einem Zeichen, das aussah wie zwei ineinander verschlungene Klammern – sowohl Yoni als auch Lingam. Er musste – wieso eigentlich? – an de Castries’ Grand Cipher denken. Ja, stellte er grinsend fest, hier waren Symbole, die sowohl astrologisch als auch astronomisch sein konnten. Jene Kreise mit Kreuzen und Pfeilen: Venus und Mars. Und diese gehörnte Scheibe könnte Taurus, das Sternbild des Stiers, bedeuten.
    Du hast wirklich einen eigenartigen Geschmack für die Dekoration deines Hauses, Taffy, sagte er sich. Und jetzt will ich mal sehen, ob du meinen Markknochen stiehlst.
    Die Verzierung von Felsen und Hauswänden mit dem Inhalt von Spraydosen war in diesem progressiven, jugendorientierten Zeitalter eine Standardpraxis – und dies hier lediglich Graffiti der Berge. Aber er erinnerte sich, dass der Schwarze Magier Aleister Crowley zu Anfang dieses Jahrhunderts einen ganzen Sommer damit verbracht hatte, seine Axiome mit riesigen, roten Versalien an die Hudson Palisaden zu pinseln:
     
    TU WAS DU WILLST IST DAS EINZIGE GEBOT
     
    und
     
    JEDER MANN UND JEDE FRAU IST EIN STAR
     
    um New Yorker auf den Flußbooten zu schockieren und aufzuklären. Mit einem Anflug von Perversion fragte er sich, wie so ein fröhliches, aufgesprühtes Graffiti auf den unheimlichen, felsengekrönten Hügeln in Lovecrafts Whisperer in Darkness und Dunwich Horror gewirkt hätte, oder in At the Mountains of Madness, wo alle Berge die Dimensionen des Mount Everests hatten, oder auch in Leibers A Bit of the Dark World.
    Er fand den Stein wieder, auf dem er tags zuvor gesessen hatte, und nahm sich Zeit für eine Zigarette, um seinen Atem zu beruhigen und seine Muskeln und Nerven zu entspannen, obwohl er darauf fieberte, sich zu versichern, dass das Sonnenlicht

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