Herrin der Dunkelheit
entdeckt, und Marconis Radiowellen überspannten die Meere. Madame Blavatsky hatte die unheimliche Theosophie von den Bergen des Himalayas mitgebracht und die okkulte Fackel an Annie Besant weitergereicht. Der schottische Hof-Astronom Piazzi Smith hatte die Geschichte der Welt und ihre düstere Zukunft in der Großen Galerie der Cheops-Pyramide in Ägypten entdeckt, und in den Gerichten schleuderten Mary Baker Eddy und ihre führenden Akolyten einander Anklagen wegen Hexerei und Schwarzer Magie ins Gesicht. Spencer praktizierte Naturwissenschaft. Ingersolls Stimme dröhnte gegen den Aberglauben. Freud und Jung gruben sich in das bodenlose Dunkel des Unterbewusstseins. Wunder, von denen die Menschen nicht einmal zu träumen gewagt hatten, wurden auf der Pariser Weltausstellung enthüllt, für die der Eiffel-Turm erbaut worden war, und auf der Weltausstellung in Chicago. In Süd-Afrika schossen die Buren mit Krupp-Feldgeschützen aus unzerreißbarem Stahl auf die Briten. Im fernen China erhoben sich die Boxer, die sich durch ihre Magie für unverwundbar hielten. Graf Zeppelin konstruierte sein erstes lenkbares Luftschiff, und die Brüder Wright bereiteten sich auf den ersten Motorflug vor.
De Castries brachte lediglich eine große, schwarze Gladstone-Reisetasche mit, voll gestopft mit schlechtgedruckten Exemplaren seines Buches, das sich genauso schlecht verkaufte wie Melvilles Moby Dick, und einen Kopf voller galvanischer, düster illuminierender Ideen, und – wie einige Leute behaupteten – einen großen schwarzen Panther an einer Silberkette. Nach den Aussagen anderer wurde er von einer geheimnisvollen, großen, schlanken Frau begleitet oder verfolgt, die ständig einen schwarzen Schleier und weite, schwarze Kleider trug – mehr Roben oder Kaftans – und die Fähigkeit besaß, plötzlich aufzutauchen und genauso plötzlich zu verschwinden. Auf jeden Fall war de Castries ein drahtiger, nimmermüder, ziemlich kleiner schwarzhaariger Mann, mit einem durchdringenden Blick und einem sardonischen Mund, der seinen Ruhm wie ein Opern-Cape trug.
Es gab ein Dutzend Legenden über seine Herkunft. Manche Menschen behaupteten, dass er jede Nacht eine neue improvisierte, einige waren der Ansicht, dass sie von anderen unter der Einwirkung seiner düster-magnetischen Erscheinung erfunden worden seien. Die Version, die Klaas und Ricker vertraten, war einigermaßen spektakulär: während des deutsch-französischen Krieges sei er mit einem Wasserstoff-Ballon aus dem belagerten Paris geflohen, zusammen mit seinem tödlich verwundeten Vater, der als Forscher im dunkelsten Afrika gelebt hatte; die schöne und gelehrte polnische Geliebte seines Vaters und ein schwarzer Panther (ein früherer, nicht der, den de Castries später nach San Francisco mitgebracht haben soll), den sein Vater im Kongo gefangen hätte, und den sie in letzter Minute aus dem Pariser Zoo gerettet hätten, wo die hungernden Menschen die Tiere abschlachteten, seien ebenfalls in der Gondel des Ballons gewesen. (Nach einer anderen Legende war de Castries zu jener Zeit trotz seiner Jugend Ordonnanz Garibaldis in Sizilien, und sein Vater der gefürchtetste der Carbonari.)
Der Ballon wurde von einem kräftigen Wind rasch über das Mittelmeer getrieben und geriet gegen Mitternacht in einen Gewittersturm, der ihn zwar noch schneller vorantrieb, ihn jedoch gleichzeitig immer tiefer drückte, so dass er den schäumenden Wellen der See immer näher kam. Stellen Sie sich diese Szene in dem zerbrechlichen, überladenen Korb des Ballons vor, die von ständig zuckenden Blitzen beleuchtet wurde: Der Panther duckt sich verängstigt an eine Seitenwand der geflochtenen Gondel, fauchend und knurrend, mit peitschendem Schwanz, die Fänge vor Angst in das Korbgeflecht geschlagen, das unter den kräftigen Tatzenhieben zu reißen beginnt.
Die Gesichter – des sterbenden Vaters (ein alter Falke), des ernsten, frühreifen Jungen (schon ein junger Adler) und der stolzen, intellektuellen, unbeirrbar loyalen schönen Frau – alle drei verzweifelt und totenbleich im bläulichen Licht der zuckenden Blitze, während ohrenbetäubender Donner kracht, als ob die schwarze Atmosphäre auseinander bersten würde oder schwere Geschütze in unmittelbarer Nähe feuerten. Plötzlich spürten sie durch den Regen Salz auf ihren Lippen – aufschäumende Gischt der hungrigen, sturmgepeitschten Wellen.
Der sterbende Vater ergreift die Hände seines Sohnes und seiner Geliebten, drückt sie ineinander,
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