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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Ihren Schatten beseitigen? Können Sie einem Poltergeist befehlen, mit dem Klopfen aufzuhören? Oder der Königin der Nacht, draußen zu bleiben? Sie können nicht monate- und jahrelang vierundzwanzig Stunden pro Tag Wache stehen. Glauben Sie mir, ich weiß es. Ein Soldat, der in seinem Schützenloch hockt, kann nicht berechnen, ob die nächste Granate ein Volltreffer sein wird oder nicht. Er würde wahnsinnig werden, wenn er es versuchte. Nein, Franz, alles, was man tun kann, ist, Türen und Fenster zu schließen, alle Lichter anzudrehen und zu hoffen, dass sie an einem vorbeiziehen werden. Und versuchen, sie zu vergessen. Essen Sie, trinken Sie, und seien Sie fröhlich. Hier, nehmen Sie einen Drink!« Er trat auf Franz zu, in jeder Hand ein halbgefülltes Brandyglas.
    »Danke, nein«, sagte Franz fast grob und rammte das Journal in seine Jackentasche. Dann nahm er das klirrende Fernglas vom Tisch und steckte es in die andere Seitentasche; dabei dachte er sekundenlang an das Fernglas in James’ Geistergeschichte ›A View from a Hill‹, dem die magische Eigenschaft verliehen worden war, in die Vergangenheit blicken zu können, nachdem es mit einer schwarzen Flüssigkeit gefüllt worden war, die aus gekochten Knochen floss, als man sie zerschlug. Konnte auch sein Fernglas irgendwie präpariert worden sein, so dass er Dinge sah, die es gar nicht gab? Ein sehr weit hergeholter Gedanke, und außerdem war sein Glas zerbrochen.
    »Es tut mir leid, Donaldus, aber ich muss jetzt gehen«, sagte er und schritt auf die Eingangshalle zu. Er wusste, dass er einen Drink annehmen würde, wenn er länger bliebe, und dass damit der alte Zyklus wieder von vorn beginnen würde; und die Vorstellung, bewusstlos zu werden, und unfähig, sich zu wehren, war äußerst beklemmend.
    Byers lief ihm nach. Seine Eile und sein Bemühen, nichts von dem Brandy zu verschütten, hätten sehr komisch gewirkt, wenn er nicht in einem entsetzten, klagenden, flehenden Tonfall gesagt hätte: »Sie dürfen nicht gehen. Es ist dunkel. Sie können nicht auf die Straße wenn der alte Teufel oder seine Paramentalen dort draußen lauern. Hier, nehmen Sie einen Drink und bleiben Sie über Nacht im Haus! Bleiben Sie wenigstens zur Party! Wenn Sie heute nacht Wache stehen wollen, brauchen Sie vorher etwas Ruhe und Abwechslung. Ich bin sicher, dass Sie heute abend eine willige und angenehme Partnerin finden werden. Sie sind alle Huren – aber intelligent. Und wenn Sie Angst haben, dass Alkohol Sie benebeln könnte, ich habe etwas Kokain im Haus, den reinsten Kristall.« Er leerte eins der beiden Gläser, die er in den Händen hielt, und setzte es auf einem kleinen Tisch ab. »Hören Sie, Franz, ich habe auch Angst – und Sie sind leichenblass von dem Augenblick an, als ich Ihnen gesagt habe, wo der Staub des alten Teufels liegt. Bleiben Sie zur Party. Und nehmen Sie wenigstens einen Drink – nur zur Entspannung. Wenn Sie ehrlich sind, gibt es keinen anderen Weg, glauben Sie mir. Sie werden zu müde, wenn Sie ewig wachen.« Er schwankte ein wenig und hatte sein freundlichstes Lächeln aufgesetzt.
    Eine Last von Müdigkeit senkte sich auf Franz. Er griff nach dem Glas, das Donaldus ihm entgegenstreckte, doch als er es berührte riss er seine Hand zurück, als ob er sie verbrannt hätte.
    »Schsch«, sagte er, als Byers sprechen wollte, und umklammerte warnend seinen Ellbogen. Durch die Stille hörten sie ein winziges, knirschendes, gleitendes, metallisches Geräusch, das von einem leisen Klicken abgeschlossen wurde, als ob ein Schlüssel in einem Schloss gedreht würde. Sie blickten auf die Haustür und sahen, wie der Bronzeknauf sich drehte.
    »Es ist Fa Lo Suee«, sagte Byers. »Ich muss den Riegel zurückschieben.« Er setzte sich in Bewegung.
    »Warten Sie!« flüsterte Franz eindringlich. »Hören Sie!«
    Sie vernahmen ein kratzendes Geräusch, das nicht aufhören wollte, als ob ein intelligentes Tier seine hornige Klaue immer wieder über die Tür gleiten ließe. In Franz’ Fantasie entstand das paralysierende Bild eines großen, schwarzen Panthers, der dicht an der anderen Seite der olivfarbenen Tür hockte, eines grünäugigen schimmernden, schwarzen Panthers, der gerade begann, zu etwas Schrecklicherem zu metamorphosieren.
    »Sie kann es einfach nicht lassen«, murmelte Byers, und bevor Franz ihn daran hindern konnte, riss er den Riegel zurück.
    Die Tür wurde halb aufgedrückt, und in der Öffnung erschienen zwei fahlgraue, längliche, flache,

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