Herrin der Dunkelheit
Hammett ist sicher an einem verschrobenen alten Knacker wie de Castries rein intellektuell interessiert gewesen und hat seiner Einsamkeit und Verbitterung und seinem Versagen ein hartes unsentimentales Mitgefühl entgegengebracht. Sprechen Sie weiter, Donaldus.«
»Es gibt nichts mehr zu sagen«, erklärte Donaldus, doch seine Augen blitzten. »De Castries starb 1929 nach zwei Wochen Krankenhausaufenthalt an Herzversagen. Es war im Sommer – ich erinnere mich, dass Klaas mir sagte, der alte Mann habe nicht lange genug gelebt, um den Zusammenbruch der Börse und den Beginn der großen Wirtschaftskrise miterleben zu können, beides für ihn äußerst befriedigende Ereignisse, da er sie als eine Bestätigung seiner Theorie interpretiert hätte, nach der durch die Schuld der Riesenstädte die Welt in den Abgrund der Hölle stürzen würde.
Das also war sein Ende. De Castries wurde eingeäschert, wie er es gewünscht hatte, und die Verbrennung seiner Leiche kostete den letzten Rest seines Geldes. Ricker und Klaas teilten sich die wenigen Sachen, die er hinterließ. Er hatte natürlich keine Verwandten.«
»Ich bin froh darüber«, sagte Franz, »ich meine, dass er eingeäschert worden ist. Ich wusste natürlich, dass er tot ist – er musste nach all den Jahren gestorben sein – aber irgendwie hatte ich die Vorstellung, dass er noch immer durch San Francisco streunte, ein uralter Mann, doch drahtig und noch sehr agil und schnell. Zu hören, dass er nicht nur in einem Krankenhaus gestorben, sondern auch eingeäschert worden ist, macht seinen Tod noch endgültiger.«
»Ja, auf gewisse Weise«, stimmte ihm Byers zu und sah ihn mit einem seltsamen Blick an. »Klaas hat die Asche eine Zeitlang in seiner Wohnung aufbewahrt, in dem billigen, schäbigen Kanister, den das Krematorium gestellt hatte, bis er und Ricker entschieden hatten, was sie damit anfangen sollten. Sie kamen schließlich überein, auch in diesem Punkt de Castries Wunsch zu folgen, obwohl es eine illegale Bestattung war und sie sie heimlich und während der Nacht durchführen mussten. Ricker nahm eine kleine Hacke mit, die er in Zeitungspapier gewickelt hatte, und Klaas einen kurzen Feldspaten, ebenfalls in Papier eingeschlagen.
Noch zwei weitere Personen gehörten zu der Begräbnisgruppe, Dashiel Hammett – er hatte ihnen geholfen, ein weiteres Problem zu lösen. Sie hatten darüber gestritten, ob de Castries’ schwarzer Ring (Klaas hatte ihn an sich genommen) zusammen mit der Asche begraben werden sollte, und als sie sich nicht einigen konnten, baten sie Hammett, diese Frage zu entscheiden. ›Aber selbstverständlich‹, hatte er ohne Zögern geantwortet.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Franz und nickte. »Und dennoch seltsam.«
»Nicht wahr?« sagte Byers. »Sie banden den Ring mit einem dicken Kupferdraht an den Kanister mit der Asche. Der vierte Teilnehmer an diesem Begräbnis war – Clark. Ich wusste, dass Sie das überraschen würde. Sie hatten sich mit ihm in Verbindung gesetzt (er war in Auburn), und er war nur für diese eine Nacht nach San Francisco gekommen. Und das beweist, glaube ich, dass Clark keine Ahnung von de Castries Fluch hatte – oder sind Sie anderer Meinung? Jedenfalls brach das Quartett kurz nach Einbruch der Dunkelheit von Klaas’ Wohnung auf. Es war eine klare Nacht mit hellem Mondlicht, und das war ein Glück für sie, da sie ein Stück klettern mussten, in einer Gegend, wo es keine Straßenbeleuchtung gab.«
»Nur diese vier Männer?« fragte Franz, als Byers eine Pause machte.
»Seltsam, dass Sie das fragen«, sagte Byers. »Als alles vorüber war, fragte Hammett Ricker: ›Wer, zum Teufel, war diese Frau, die sich im Hintergrund herumdrückte? Eine alte Flamme von ihm? Ich hatte erwartet, dass sie verschwinden würde, als wir zu den Felsen kamen – oder sich uns anschließen –, aber sie ist die ganze Zeit auf Distanz geblieben.‹ Ricker war von dieser Eröffnung ziemlich betroffen – denn er hatte niemanden gesehen. Und auch Klaas und Smith nicht. Doch Hammett blieb bei seiner Behauptung.«
Byers blickte Franz mit einer Art genüsslichem Gesichtsausdruck an und kam dann rasch zum Schluss. »Das Begräbnis verlief ohne jeden Zwischenfall, obwohl sie die Hacke wirklich brauchten – der Boden war sehr hart. Das einzige, was fehlte, war, dass der Fernsehturm, diese fantastische Kreuzung zwischen einer Schneiderpuppe und einer burmesischen Pagode beim Fest der roten Laternen, sich im Dunkel der Nacht
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