Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
katzenartige Gesichter, und sie schrien. »Aiiiii-eeeee!«
     
    Beide Männer fuhren zurück. Franz riss den Kopf zur Seite, seine Augen wichen ohne sein Wollen von dem Anblick der beiden fahlgrauen, schimmernden Gestalten, einer größeren und einer kleineren, die jetzt an ihm vorbeiwirbelten und drohend auf Byers zuschossen, der halbgebückt in sich zusammengefallen war, einen Arm schützend vor die Augen gepresst, den anderen vor den Unterleib, und das Glas mit der goldgelben Flüssigkeit segelte in einem weiten Bogen auf den dicken Teppich.
    Franz’ Gehirn registrierte den Geruch von Brandy, verbranntem Hanf und schwerem Parfüm.
    Die grauen Gestalten drangen auf Byers ein, griffen nach seinem Unterleib, und als er mit inartikuliertem Stöhnen und Blubbern zaghafte Abwehrversuche machte, sagte die größere der beiden Gestalten mit einer heiseren Altstimme: »In China, Mr. Nayland Smith, haben wir unsere Methoden, um Menschen zum Reden zu bringen.«
    Dann war der Brandy an der fahlgrünen Tapete, das unzerbrochene Glas auf dem braunen Teppich, und die mit Marihuana voll gepumpte, bildschöne Chinesin und ein schmalgesichtiges Mädchen in demselben Zustand, die ihre grauen Katzenmasken heruntergerissen hatten, lachten ausgelassen über den gelungenen Scherz und fuhren fort, Byers kräftig zu kitzeln, und Franz hörte, dass beide »Jaime! Jaime!« kreischten, den Vornamen seines Gastgebers.
    Franz’ extreme Angst war verschwunden, nicht aber seine Lähmung. Selbst seine Stimmbänder waren gelähmt, so dass er von dem Augenblick an, als die beiden grau-gekleideten Mädchen auf so seltsame Weise ins Haus geplatzt waren, bis zu dem Moment, an dem er es verließ, nicht ein Wort herausbrachte, sondern schweigend neben dem dunklen Rechteck der offenen Tür stand und das unruhige Tableau in der Halle mit kühler Distanziertheit beobachtete.
    Fa Lo Suee hatte eine schlanke, etwas kantig wirkende Figur, ein flaches Gesicht mit grobknochiger Struktur, dunkle Augen, die paradoxerweise sowohl glänzend als auch stumpf wirkten – ein Effekt des Marihuanas (und was sie sonst noch genommen haben mochte) – und glattes, blauschwarzes Haar. Ihre dunkelroten Lippen waren schmal. Sie trug graue Strümpfe und Handschuhe, und ein enganliegendes Kleid (aus gerippter silbergrauer Seide) von chinesischem Schnitt, der irgendwie immer modern wirkt. Ihre linke Hand kitzelte Byers’ Bauch, während ihr rechter Arm um die schmale Taille ihrer Gefährtin gelegt war.
     
    Diese war einen Kopf kleiner, beinahe, doch nicht ganz, hager, und hatte aufreizende, kleine Brüste. Ihr Gesicht war wirklich katzenähnlich: ein zurückweichendes Kinn, ein Schmollmund, eine Stupsnase, etwas vorquellende, blaue Augen und eine niedrige Stirn. Sie wirkte wie siebzehn, görenhaft und altklug, und sie schlug in Franz’ Erinnerung eine Saite an. Sie trug ein fahlgraues Leotard, silbergraue Handschuhe und einen grauen Umhang aus einem leichten Material. Sie kitzelte Byers mit beiden Händen, und ihr Lachen klang bösartig.
    Die beiden Katzen-Masken, die sie auf einen kleinen Tisch in der Eingangshalle geworfen hatten, waren mit leuchtenden Rändern und ein paar steifen Schnurrbarthaaren verziert, und sie behielten auch ausgezogen ihre schmale, langschnauzige Form, deren Anblick die beiden Männer so entnervt hatte, als sie in dem Spalt der halboffenen Tür aufgetaucht waren.
    Donaldus (oder Jaime) sprach während der Zeit bis zu Franz’ formlosem Abschied ebenfalls kein einziges Wort, vielleicht mit Ausnahme eines halberstickten »Nein, nicht!«, aber er lachte und quietschte und brabbelte ziemlich viel. Er stand halb gebeugt und wand sich von einer Seite zur anderen, während seine Hände erfolglos versuchten, die vier kitzelnden Hände der Mädchen abzuwehren. Sein fahlvioletter, offener Morgenmantel wehte wie eine Fahne hin und her.
    Es waren die Frauen, die das Gespräch bestritten, zu Anfang nur Fa Lo Suee.
    »Wir haben dir einen ganz schönen Schreck eingejagt, wie?« sagte sie mit ihrer rauchigen Altstimme. »Jaime ist leicht zu erschrecken, Shirley, besonders, wenn er betrunken ist. Das war mein Schlüssel, der an der Tür gekratzt hat. Nun mach schon weiter, Shirley. Fester!« Dann fuhr sie in ihrer Fu Manchu-Stimme fort: »Was haben Sie und Dr. Petrie hier getrieben? In Honan, Mr. Nayland Smith, werden wir einen sehr zuverlässigen, chinesischen Test für Homophilie durchführen. Oder könnte es sein, dass Sie bilateral sind? Wir sind im Besitz

Weitere Kostenlose Bücher