Herrin der Falken - 3
ihre Lippen kam, schlug der Falke auf ihrem Handgelenk wütend mit den Flügeln. Ihr eigener Zorn hatte sich auf Preciosa übertragen. Romilly holte tief Atem und sagte gleichmütig: »Ich werde mit Davin darüber reden. Diesen Abfall würde ich keinem anständigen Falken zumuten. Hol mir jetzt frisches Fleisch. Wenn du keine Taube bekommst, stöberst du mit einem der Hunde Mäuse oder eine Ratte auf – und zwar sofort.«
Darren hatte sich vor dem wilden Klatschen der Flügel zurückgezogen. Als Ker loslief, um den Befehl auszuführen, bemerkte er: »Ich sehe, daß die Arbeit mit dem Falken dir wenigstens die Beherrschung deines Temperaments und deiner Zunge beschert hat, Romy. Es hat dir gutgetan!«
»Ich wünschte, Vater würde dem zustimmen.« Romilly streichelte Preciosa immer noch mit der Feder und versuchte, sie zu beruhigen. »Vögel sind wie Babys. Sie nehmen die Emotionen derer auf, die sie pflegen. Mehr als das ist es nicht, glaube ich. Erinnerst du dich noch an die Kinderfrau, die Luciella hatte, als Rael ein Baby war? An ihren Namen kann ich mich gerade eben nicht erinnern – Marja, Moyra, etwas in der Art. Luciella mußte sie wegschicken, weil der ältere Sohn der Frau ertrank und sie weinte, wenn sie Rael sah, und er bekam davon Koliken. Dann kam Gwennis zu uns –«
»Nein, es ist mehr als das«, fiel Alderic ein. Sie traten aus der Dunkelheit des Falkenhauses in den gepflasterten Hof. »Es gibt ein wohlbekanntes Laran, und wie mir gesagt wurde, trat es zuerst bei den Dellerays und den MacArans auf: Die Empathie mit Falke und Pferd und Kundschaftervogel… Dafür bildeten sie es aus, für die Kriege zur Zeit von König Felix. Bei den Dellerays band es sich an lethale Gene und verschwand. Aber die MacArans besitzen die Gabe seit Generationen.“
Darren meinte mit verlegenem Lächeln: »Ich bitte dich, mein Freund, sprich nicht so frei über Laran, wenn mein Vater es hören kann.«
»Wieso? Ist er einer, der von Süßnußblüten spricht, weil ihm Schneeflocken zu kalt sind?« fragte Alderic grinsend. »Mein ganzes Leben lang habe ich gehört, daß die Pferde, die der MacAran trainiert hat, die besten auf der Welt sind, und Dom Mikhail ist einer der bemerkenswertesten MacAranLords. Er muß doch Bescheid wissen über die Gaben und das Laran seines Hauses.«
»Trotzdem will er das Wort nicht hören«, erklärte Darren. »Nicht, seit Ruyven in den Turm floh. Und ich mache ihm das nicht zum Vorwurf, obwohl manche vielleicht munkeln, ich sei der Gewinner bei dem, was Ruyven getan hat… Romilly, jetzt, wo Vater nicht dabei ist, will ich dir etwas erzählen, und du kannst es heimlich an Mallina weitergeben. Rael halte ich für noch zu jung, um es für sich zu behalten, doch entscheide darüber selbst. Im Kloster bekam ich einen Brief von Ruyven. Es geht ihm gut, er liebt seine Arbeit und ist glücklich. Euch allen sendet er seine Liebe und einen Kuß, und er bittet mich, mit Vater wieder von ihm zu sprechen, wenn ich meine, der richtige Zeitpunkt sei gekommen.«
»Das wird sein, wenn Äpfel und Schwarzfrüchte auf den Eisklippen von Nevarsin wachsen«, entgegnete Romilly. »Du warst hier, du weißt, was er empfindet.“
Darren schüttelte den Kopf. »Ah, nein, Schwester. Ich bin kein so guter Telepath wie du, obwohl ich weiß, daß er zornig war.“
Romilly wandte sich ihm mit ungläubigem Blinzeln zu. »Kannst du nur hören, was laut ausgesprochen wird?« fragte sie. »Bist du kopfblind wie der unvernünftige Esel, den du reitest?«
Langsam kroch das Rot der Scham über Darrens Gesicht. Er senkte den Blick. »Genau so ist es, Schwester.« Romilly schloß die Augen, als wolle sie irgendeine schwere Verunstaltung nicht sehen. Das hatte sie nicht gewußt, nicht einmal geahnt. Sie hatte es immer für selbstverständlich gehalten, daß alle ihre Geschwister die Gabe teilten.
Davin kam durch den Hof auf sie zu, und Romilly sprach ihn erleichtert an. »Warst du das, alter Freund, der Befehl gegeben hat, die Falken mit Küchenabfällen zu füttern, die nicht einmal frisch sind?« Sie zeigte auf den Topf mit dem verschmähten Futter. Davin hob ihn hoch, roch angewidert daran und stellte ihn beiseite.
»Dieser Faulpelz von einem Jungen hat das gebracht? Aus dem wird nie ein Falkner! Ich schickte ihn um frischeres Fleisch nach der Küche, aber Lady Luciella sagte, es dürften keine Tauben mehr für die Falken getötet werden. Zweifellos war Ker zu faul, Mäuse zu fangen. Aber ich werde etwas Besseres besorgen, damit
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