Herrin der Falken - 3
ein Stückchen offen, damit sie mich rufen kann, falls sie Schmerzen hat oder möchte, daß ich sie auf die andere Seite drehe.«
»Du hast ein gutes Herz, Mädchen.« Rory schob die Tür um einen Spalt auf. Er ließ sich auf den Bettrand niederplumpsen und begann, seine Stiefel auszuziehen.
»Laß mich dir helfen.« Romilly zog ihm die Stiefel aus, dann rümpfte sie wohlüberlegt die Nase.
»Puh, wie die stinken! Du mußt in den Misthaufen getreten sein! Gib sie mir, mein Gatte«, absichtlich benutzte sie dieses Wort, »und ich werde sie reinigen, bevor du morgen früh aufstehst. Und deine Lederhose gib mir auch gleich mit.« Sie hielt inne. War sie zu weit gegangen? Doch Rory argwöhnte nichts.
»Aye, und ich will morgen ein sauberes Hemd anziehen, sobald du eines gewaschen und getrocknet hast.« Damit häufte er seine Kleider auf ihre Arme. »Bring alles hinaus ans Waschfaß, da kann es bis morgen früh warten. Wenn das Zeug nach Mist riecht, ist es dort besser aufgehoben, als hier in unserer Hochzeitskammer.“
Schon besser! Sollte ihm jedoch ein Verdacht kommen, wäre er immer noch wie der Blitz hinter ihr her. Als sie neben dem Waschfaß stehenblieb und halbwegs bereit war, die Freiheit sofort zu gewinnen – nackt konnte er ihr nicht sehr weit folgen-, hörte sie ihn rufen.
»Calinda! Ich warte auf dich! Komm her!«
»Ich komme«, antwortete sie mit erhobener Stimme und ging zu ihm zurück. Also hatte das Schicksal für sie entschieden. Im Schlafzimmer zog sie ihre eigenen Schuhe und Strümpfe, ihre Überjacke und ihre Hose aus.
Rory schlug die Decke zurück und stieg ins Bett. Romilly setzte sich auf die Kante. Er langte nach ihr. Seine Finger schlossen sich um ihre Brust, was von ihm wohl als Liebkosung gemeint war. Aber seine Hand war so schwer, daß Romilly vor Schmerz aufschrie. Er preßte seinen Mund auf ihren und rang sie aufs Bett nieder.
»Dir macht es Spaß, zu kämpfen, wie? Das kannst du von mir haben, Mädchen«, keuchte er und bedeckte sie mit seinem nackten Körper. Sein Atem war heiß und sauer. Romillys Bedenken waren verschwunden. Sie schaffte es, sich ein Stückchen von ihm wegzuziehen. Dann schnellte sie ihren Fuß mit aller Kraft vor. Er traf genau ins Ziel. Rory rollte mit Geheul vom Bett. Er kreischte vor Wut und Empörung, die Hände zwischen den Beinen verkrampft.
»Au! Au! Höllenkatze, Tigerin, Hündin! Au!«
Dame Mharis Stimme rief eine ängstliche Frage. Romilly kletterte aus dem Bett, riß den Mantel an sich und zog sich im Laufen mit fliegenden Fingern die Jacke über. Sie schob die Tür auf und war in der Küche, nahm sich die Reste vom Brot und von dem gebratenen Fleisch, raffte Rorys Stiefel und Hose und ihre eigenen Sachen zu einem unordentlichen Packen zusammen. Sie lief zur Stalltür. Hinter ihr stieß Rory immer noch unartikulierte Schmerz- und Wutschreie aus, die in sie eindrangen, sie fast lähmten. Nach Atem ringend stürzte sie in den Stall, zog ihren Dolch und schnitt die Stricke durch, mit denen Rorys Reit-Chervine angebunden war. Mit einem harten Schlag auf den Rumpf trieb sie das Tier in den Hof. Sie befreite ihr eigenes Pferd und mühte sich, ihm den Zaum anzulegen. Rorys Geheul und Dame Mharis Stimme, die sich zu zänkischer Klage erhob – sie wußte nicht, was passiert war, und Rory war noch nicht fähig zu sprechen – verschmolzen zu einem furchterregenden Duett. Romilly kam es vor, als tobe die Qual des Mannes in ihrem eigenen Körper. Aber das war Laran, und sie sagte sich, es sei ein geringer Preis, den sie für jenen rächenden Tritt zu zahlen hatte.
Er hätte mich getötet, er hätte mich vergewaltigt – ich brauche seinetwegen kein Schuldgefühl zu haben!
Sie verschloß ihre Jacke sorgfältig wegen der Kälte. Dann bückte sie sich und hob Rorys Stiefel auf. Schon wollte sie Stiefel und Hose in den Schnee schleudern, als ihr ein besserer Einfall kam. Sie riß die Tür des kleinen Abtritts auf, warf die Stiefel mit einer wilden Bewegung hinein und stopfte die Hose hinterher. Nun muß er sie erst suchen und dann säubern, bevor er mir folgen kann, dachte sie, schwang sich auf ihr Pferd, ergriff die hastig zusammengebündelten Vorräte und grub ihre Fersen mit einem lauten Ruf dem Pferd in die Weichen. Das Pferd lief in den Wald. Romilly nahm den steilen Pfad bergab. In ihrer Hast fortzukommen, gab sie dem Pferd den Kopf frei. Sie mußte sich an seinem Hals festhalten, so steil war der Weg, aber es gab kein Pferd auf der Welt, auf dessen Rücken sie sich
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