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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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darauf wollte sie es nicht ankommen lassen, sondern sich weiter beeilen, eine möglichst große Entfernung zwischen ihn und sich zu legen. In ihrer Satteltasche steckten noch ein paar Stück Hundekuchen. Sie holte einen hervor und gab ihn dem Pferd. Während es das grobe Korn zermalmte, brachte Romilly ihre Kleidung in Ordnung. Sie war halb angezogen aus der Hütte geflohen. Auch kämmte sie ihr kurzes, zerzaustes Haar mit den Fingern. Bestimmt sah sie verkommen genug aus, um der entlaufene Lehrling eines Falkenmeisters zu sein! Die Sonne stand bereits hoch. Es war ein schöner Tag zu erwarten, denn die Bäume warfen ihre Schneeschoten ab und begannen, neue Knospen zu treiben. Romilly schabte ein paar dünne Schnitten von dem gefrorenen Rabbithorn und kaute darauf. Das Fleisch war zäh und schmeckte widrig. Aber sie hatte gelernt, daß alles, was ein Vogel frißt, auch für einen Menschen verdaulich ist. Und da die Falken mit solcher Kost geatzt wurden, schadete sie ihr sicher nicht, auch wenn sie gekochtes Essen vorgezogen hätte.
    Romilly orientierte sich nach der höhersteigenden Sonne und ritt von neuem in Richtung Norden davon. Früher oder später traf sie bestimmt jemanden, der ihr den richtigen Weg nach der Stadt Nevarsin zeigte, und von da war es kein Problem mehr, sich nach dem Tramontana-Turm durchzufragen. Sie ritt den ganzen Tag, ohne einen einzigen Menschen oder eine einzige Behausung zu erblicken. Angst hatte sie nicht, denn die Natur bot eßbare Dinge genug, und solange das Wetter gut blieb, würde ihr nichts geschehen. Doch bevor ein neuer Schneesturm aufkam, mußte sie ein Obdach finden. Vielleicht war es möglich, das Pferd in Nevarsin gegen ein Hirsch-Pony und genug Bargeld für Nahrungsmittel und ein paar Sachen zum Anziehen, die sie bei diesem Wetter brauchte, einzutauschen. In ihrer Hast war sie mit bloßen Füßen in die Stiefel gefahren und hatte ihre warmen Strümpfe zurückgelassen.
    Romilly seufzte, steckte ihr Messer weg und schluckte den letzten Rest des zähen Fleisches hinunter. Ein paar verschrumpelte Winteräpfel hingen an einem Busch; sie steckte sie in die Tasche. Sie waren klein und sauer, aber dem Pferd schmeckten sie. Von hoch oben am Himmel kam der Schrei eines Falken. Romilly sah ihn kreisen und dachte an Preciosa. Einen Augenblick lang war ihr – aber das war sicher nur Erinnerung oder Einbildung-, als empfinde sie ganz schwach den alten Rapport, als läge die Welt unter ihr ausgebreitet und sie sähe sich und ihr Pferd als winzige Punkte… O Preciosa, du warst mein, und ich liebte dich, aber jetzt bist du frei, und auch ich suche die Freiheit.
    Romilly schlief in dieser Nacht in einer lange verlassenen Unterkunft für Reisende, die seit der Zeit, da die Aldarans ihre Unabhängigkeit von den sechs Domänen des Tieflandes erklärten, nicht mehr in Ordnung gehalten worden war. Heutzutage gab es nicht mehr viel Kommen und Gehen über den Kadarin zwischen Thendara und Nevarsin. Aber das Dach hielt den Regen ab, und es war besser, als unter einem Baum zu schlafen. Es gelang ihr auch, ein Feuer zu entfachen. So hatte sie es warm, und sie briet sich ein Stück Rabbithorn. Sie hoffte, ein paar Nüsse zu finden — das ständige Fleisch war sie leid –, aber solange sie satt wurde, ganz gleich wie, wollte sie sich nicht beklagen. Sogar der Hundekuchen war genießbar, wenn es sein mußte, aber das Pferd hatte mehr davon als sie. So reiste sie allein drei weitere Tage lang. Mittlerweile, so vermutete sie, hatte man zu Hause die Suche nach ihr aufgegeben. Ob ihr Vater wohl um sie trauerte, ob er sie für tot hielt? Wenn ich nach Nevarsin komme, werde ich eine Botschaft für ihn hinterlassen. Ich will ihn irgendwie benachrichtigen, daß ich in Sicherheit bin. Aber zweifellos wird es mit mir sein, wie es mit Ruyven war, er wird mich verstoßen und sagen, ich sei nicht seine Tochter. Die Kehle wurde ihr eng, aber weinen konnte sie nicht. Sie hatte schon zu viele Tränen vergossen, und sie hatten ihr nichts weiter eingebracht als Kopf- und Augenschmerzen, bis sie mit dem Weinen aufhörte und etwas unternahm, um sich selbst zu helfen.
    Frauen meinen, Tränen würden ihnen helfen. Männer haben ganz die richtige Vorstellung, wenn sie sagen, Tränen seien weibisch. Ja, Frauen weinen, und deshalb sind sie hilflos. Männer dagegen münzen ihren Zorn in Taten um und sind nie ohne Kraft, weil sie ihre Zeit nicht mit Tränen verschwenden… Sie aß den letzten Rest von dem Rabbithorn auf, und es

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