Herrin der Falken
fähig war, sie zu ersetzen. Ob er die MacAran-Gabe besaß, ob er das war, was ihr Vater einen »echten MacAran« zu nennen pflegte? Wenn ja, bekam Darren vielleicht die Erlaubnis, ins Kloster zurückzukehren. Und vielleicht machte er es ebenso wie sie und ging ohne Erlaubnis.
Vor einem Jahr hatte ihr Vater sie mit Dom Garris verlobt.
Welche ly war Ankunft Sachen Veränderungen gewachsen getragen legen und und hatte, sich hatten seitdem stattgefunden! Romilhatte alle Kleider, die sie bei ihrer in die Truhe mit den ausrangierten andere heraussuchen müssen, die ihr
besser paßten. Ihre Schultern waren breiter geworden, und durch die ständigen Übungen mit dem Schwert und ihre Arbeit mit den Pferden traten die Muskeln an Oberarmen und Beinen hart hervor. Wie Mallina sie verhöhnen, wie ihre Stiefmutter jammern würde! Du siehst überhaupt nicht wie eine Dame aus, Romilly. Stumm antwortete Romilly auf die imaginäre Stimme: Ich bin keine Dame, sondern eine Schwertfrau. Jeden Tag verschwanden alle ihre Sorgen, wenn sie mit den Pferden arbeitete, vor allem in der Stunde, die sie dem schwarzen Hengst widmete. Keine Hand als ihre durfte ihn berühren. Sie wußte, aus ihm wurde ein Reittier, das des Königs selbst würdig war. Tag folgte auf Tag, Mond folgte auf Mond und Jahreszeit folgte auf Jahreszeit. Der Winter rückte heran, und es gab Tage, wo sie nicht einmal mit ihrem Hengst nach draußen konnte, ganz zu schweigen von den anderen Pferden.
Immer aber beaufsichtigte sie ihre Pflege. Zeit und Gewöh nung hatten die fremden Gesichter im Haus der Schwesternschaft in Freundinnen verwandelt. Mittwinter kam mit Gewürzbrot und dem Austausch von Geschenken. Ein paar Frauen hatten Familien und reisten zu Besuch nach Hause. Wenn Romilly gefragt wurde, ob sie Urlaub haben wolle, antwortete sie fest, sie habe keine Verwandten. Es war einfacher so. Aber sie grübelte: Wie würde ihr Vater sie empfangen, wenn sie auf einen Besuch nach Hause käme, ohne etwas zu verlangen, eine berufsmäßige Schwertfrau mit dem Abzeichen der Schwesternschaft in ihrem durchbohrten Ohr? Würde er sie hinausjagen, würde er sagen, sie sei nicht seine Tochter, keine Tochter von ihm könne eine dieser geschlechtslosen Frauen der Schwesternschaft sein? Oder würde er sie lächelnd willkommen heißen und sogar Stolz auf ihre Unabhängigkeit und die Kraft empfinden, die sie bewiesen hatte, als sie sich ein eigenes Leben fern von Falkenhof aufbaute?
Sie wußte es nicht. Sie war nicht einmal imstande, es zu erraten. Vielleicht wagte sie es eines Tages, Jahre später, das herauszufinden. Mitten im Winter war es sowieso unmöglich, in die Hellers zu reisen. Die meisten Frauen, die zu einem Familienbesuch aufgebrochen waren, hatten keinen weiteren Weg als nach Thendara oder Hali, das vielleicht sieben Tages-ritte entfernt lag.
In diesem Wüstenland gab es wenige Anzeichen des Frühlings. Den einen Tag war es kalt, eisige Winde wehten, Regen peitschte die Ebene, und am nächsten Tag, so hatte es den Anschein, schien die Sonne warm. In den fernen Hellers waren die Wege jetzt überflutet vom Frühlingstauwetter. Wenn Romilly mit den Pferden ins Freie konnte, zog sie den Mantel aus und arbeitete in einer schäbigen, geflickten Jacke und ebensolcher Hose.
Der Frühling brachte Gerüchte von marschierenden Armeen mit sich, von einer weit entfernten Schlacht zwischen Carolins Truppen und denen Lyondri Hasturs. Später hörten sie, Carolin habe Frieden mit dem Großen Haus von Serrais geschlossen, und seine Soldaten sammelten sich wieder auf den Ebenen. Romilly achtete wenig darauf. Sie hatte den ganzen Tag mit der neuen Gruppe von Pferden zu tun, die man ihnen zu Frühlingsanfang gebracht hatte. Sie hatten einen Unterstand für sie gebaut und eine neue Koppel außerhalb des Grundstücks der Schwesternschaft gepachtet. Dorthin ging Romilly jeden Nachmittag mit ihren Helferinnen. Ihre Welt war zusammengeschrumpft auf Stall und Koppel und die Ebene vor der Stadt, wo sie zwei-oder dreimal alle zehn Tage die Pferde trainierten. Als sie eines Tages die Pferde durch das Stadttor führten, sah Romilly eine große Zahl von Zelten, Männern und Pferden. »Was ist das?« fragte sie, und eine der Frauen, die jeden Morgen ausging, um frische Milch und Obst einzukaufen, berichtete: »Das ist die Vorhut von Carolins Armee. Sie schlagen ihr Lager auf, und von hier aus ziehen sie wieder hinunter auf die Ebenen von Valeron, um gegen König Rakhal zu kämpfen.« Sie verzog
Weitere Kostenlose Bücher