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Herrin der Falken

Titel: Herrin der Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gut, aber er hat weder ein Herz noch Hände für Falken. Sie ließ sich in das Gehirn und das Herz des Falken einsinken und legte ihre ganze Seele in den Schrei:
    Geh, Preciosa! Flieg fort, flieg frei – wenigstens eine von uns soll frei sein! Höher-höher-jetzt dreh ab und verschwinde… »Romilly, was ist in dich gefahren?« Die Stimme ihres Vaters klang rauh. »Wirf deinen Vogel ab, Mädchen!«
    Mit schmerzhafter Anstrengung zwang sich Romilly in die Wirklichkeit zurück und löste mit geübten Händen die gestickte Haube. Der kleine Falke, wie ein Juwel schimmernd im roten Sonnenlicht, stieg auf, und Romilly hielt die tränenblinden Augen auf ihn gerichtet, ohne ihn zu sehen. Ihr ganzes Bewußtsein war bei Preciosa.
    Höher, höher… jetzt hinunter mit dem Wind und fort, fort… frei mit dem Wind, flieg frei, flieg fort… Ein letzter schneller Blick auf das Land, das sich unter ihr wie das farbige Bild in einem von Raels Schulbüchern ausbreitete. Dann riß die Verbindung. Romilly war wieder allein, allein in ihrem eigenen Gehirn. Ihre Hände und ihr Herz waren leer. Ein schriller, dünner Schrei – einer der kleinen Falken hatte ein Nagetier im hohen Gras geschlagen, steilte damit auf und landete auf ihrem Sattel. Mit automatischen Bewegungen zerriß Romilly den kleinen Kadaver und ließ den Falken von ihrem Handschuh kröpfen. Aber ihr Herz war leer.
    Preciosa. Sie ist fort. Fort. Niemals wieder…
    Ihr Vater hatte den Kopf in den Nacken gelegt und suchte den Himmel ab, wo Preciosa verschwunden war. »Sie ist lange fort«, bemerkte er. »Romilly, läßt du sie immer blaufliegen?“
    Romilly schüttelte den Kopf. Der MacAran wartete wie angewurzelt. Darrens Mund bildete ein rundes »O« der Furcht. Sie warteten. Schließlich sagte der MacAran wütend: »Du hast sie mit deiner verdammten Ungeschicklichkeit verloren! Der beste Falke in den Ställen, und beim allerersten Mal, daß du ihn aufläßt, verlierst du ihn, wertloser Sohn, der du bist, gut für nichts als das Kritzeln…« Er hob die Reitpeitsche und ließ sie auf Darrens Schultern niedersausen. Darren schrie auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz, aber der Laut ging Romilly durch und durch. Sie sprang vom Pferd, lief zu den Männern und warf sich zwischen sie, so daß die Schläge auf sie niederfielen. »Schlag mich«, rief sie, »es ist nicht Darrens Schuld! Ich habe sie verloren, ich habe sie freigegeben – ich kann nicht frei sein, ich muß in einem Haus sitzen, gefesselt, meines Falken beraubt, du verdammter Tyrann! Aber ich will nicht, daß auch Preciosa Fesseln trägt! Mit meinem ganzen Laran, mit meinem Laran forderte ich sie auf wegzufliegen – du hast Ruyven mit deiner Tyrannei fortgetrieben, du hast es geschafft, daß Darren Angst vor dir hat, aber ich habe keine Angst vor dir, und wenigstens wirst du niemals mehr meinen Falken mißhandeln, meinen Falken, meinen –« Sie brach in wildes Schluchzen aus. Ihr Vater hatte einen Augenblick innegehalten, als der erste Schlag auf ihre Schultern fiel. Als er den Strom von Anklagen hörte, als er die verbotenen Worte Ruyven und Laran hörte, verzerrte sich sein Gesicht und wurde fast schwarz vor Wut. Er hob die Reitpeitsche und schlug mit aller Kraft zu, wieder und wieder. Romilly zuckte vor Schmerz und schrie unzusammenhängende Beschimpfungen, wilder als zuvor. Ihr Vater glitt vom Pferd, stellte sich über sie und schlug ihr mit der Reitpeitsche auf Rücken und Schultern, bis Darren brüllend die Arme um ihn schlang. Und dann hielt auch Dom Alderic ihn mit starken Armen fest.
    »Kommt zur Besinnung, Sir! Es tut mir leid, aber Ihr dürft ein Mädchen nicht so schlagen – guter Gott, Romilly, dein Rücken ist ganz blutig – seht, Sir, Ihr habt ihr Kleid zerrissen!« Er wand dem MacAran die Reitpeitsche aus der Hand. Der Mann erhob keinen Protest, ließ benommen die Arme sinken. Romilly schwankte, spürte die blutige Feuchtigkeit auf ihrem brennenden Rücken. Alderic schob ihren Vater in Darrens Arme und kam, sie zu stützen. Der MacAran wirkte wie betäubt. Sein Zorn war Benommenheit gewichen. Hastig, bestürzt warf er einen Blick auf Romillys zerrissenes Kleid, wo die Peitsche den steifen Stoff zerfetzt hatte, und wandte schnell wieder das Gesicht ab.
    Er stieß hervor: »Ich… ich wußte nicht, was ich tat… ich bin in Eurer Schuld, Dom Alderic. Ich… ich…«, und die Stimme versagte ihm. Er konnte nicht mehr auf den Füßen stehen und wäre gefallen, hätte Darren ihn nicht

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