Herrin Der Stürme - 2
alles andere will sie fliegen lernen, wie es die Jungen im Schloß tun. Margali sagt, es gehört sich nicht für ein Mädchen, aber da Laran mit den Elementen zu tun hat, sollte sie lernen, aus nächster Nähe mit ihnen vertraut zu werden.« Renata lachte und gab zu: »Ich würde es auch gern lernen. Wirst du ganz förmlich und mönchisch aufstehen und mir sagen, daß das für eine Frau genauso unpassend wie für ein junges Mädchen ist?«
Allart lachte und machte die Geste eines Fechters, der einen Treffer anerkennt: »Sind meine Nevarsin-Jahre immer noch so deutlich erkennbar, Cousine?«
»Dorilys wird glücklich sein, wenn ich ihr das sage«, sagte Renata lachend, und Allart wurde plötzlich erneut bewußt, wie jung sie doch war. Sie besaß die selbstauferlegte Würde und das nüchterne Verhalten einer Überwacherin, hatte das förmliche Benehmen und die Selbstdisziplin, die zur Erziehung Dorilys’ erforderlich waren – aber in Wirklichkeit war sie selbst noch ein junges Mädchen, das sich ebenso heiter und unbeschwert geben konnte.
»Dann wird Donal es euch beiden beibringen«, sagte Allart. »Ich werde mit ihm sprechen, während du sie die Matrix zu meistern und die Kunst, mit ihr zu schweben, lehrst.«
Renata bestätigte: »Ich glaube, sie ist alt genug, um den Gebrauch einer Matrix zu erlernen. Sie wird bald sehr schnell begreifen, anstatt ihre Energien darauf zu verschwenden, mich auf die Probe zu stellen.« »Es wird leichter sein, zur Feuerstation zu fliegen«, sagte Allart. »Der Ritt ist schwierig, und viele der dort arbeitenden Männer, die die Brände überwachen, finden es einfacher, zu den Gipfeln zu fliegen.« Befangen blickte er in die sich hinter den Fenstern ausbreitende Nacht hinaus. »Ich muß gehen, Cousine, es ist sehr spät.«
Er stand auf; ihre Hände berührten sich mit dem Fingerspitzengruß der Telepathen, der irgendwie intimer als ein Händedruck war. Sie standen in loser Verbindung, und als er auf ihr erhobenes Gesicht blickte, sah er es leidenschaftlich aufglühen. Er war sich ihrer, was er eigentlich hatte vermeiden wollen, wieder völlig bewußt. Der enge Kontakt mit Cassandra, ohne jede Barriere, hatte die Fassade mönchischer Strenge und Gleichgültigkeit, die er so fest aufrechterhielt, Frauen gegenüber zerbrochen.
In dieser kurzen Berührung verschwamm sie zu einem Dutzend Frauen, sein Laran zeigte ihm das Mögliche und Wahrscheinliche, das Bekannte und Unmögliche. Beinahe gegen seinen Willen, ehe er sich völlig darüber klar wurde, was er tat, hatte er sie in seine Arme gezogen und preßte sie atemlos an sich.
»Renata, Renata … «
Mit einem bekümmerten Lächeln erwiderte sie seinen Blick. Sie befanden sich in so engem Kontakt, daß es unmöglich war, seine plötzliche Bewußtheit und sein Begehren zu verbergen, und ebensowenig ihre unmittelbare und rückhaltlose Erwiderung.
»Cousin«, sagte sie sanft, »was willst du eigentlich? Wenn ich dich ohne Absicht erregt habe, tut es mir leid. Wissentlich, nur um meine Macht über dich zu beweisen, hätte ich das nicht getan. Oder ist es nur, daß du sehr einsam bist und dich nach irgend jemand sehnst, der dir Trost und Zuneigung geben kann?«
Verwirrt, aber betroffen von ihrer Ruhe und dem völligen Mangel an Scham oder Verwirrung, löste er sich von ihr. Er wünschte sich, ebenso ruhig zu sein wie sie.
»Es tut mir leid, Renata, verzeih mir.«
»Verzeihen?« fragte sie, wobei ein Lächeln tief in ihren Augen glühte. »Ist es eine Beleidigung, mich begehrenswert zu finden? Wenn das so ist, hoffe ich, noch viele Male auf diese Weise beleidigt zu werden.« Ihre kleine Hand schloß sich um die seine. »Es ist keine so schwerwiegende Sache, Cousin. Ich wollte nur wissen, wie ernsthaft deine Absichten sind, das ist alles.«
Allart murmelte kläglich: »Ich weiß es nicht.« Verwirrung, Treue zu Cassandra, die Erinnerung an Scham und Abscheu, weil er unfähig war, der Verlockung der Riyachiya zu widerstehen, die sein Vater in seine Arme gestoßen hatte, überwältigten ihn. Hatte das ihn dazu gebracht, Renata zu umarmen? Die Erkenntnis, daß sie seine Aufwallung von Bedürfnissen und Gefühlen teilte, brachte ihn erneut völlig durcheinander.
Eine Frau, die er ohne Furcht lieben konnte, die nicht völlig von ihm abhängig war … Dann tauchte ein beschämender Gedanke auf: Oder tue ich es, weil Cassandra mir nicht mehr völlig gehört?
Ihn anlachend sagte sie: »Warum lehnst du für dich selbst eine Freiheit ab, die du ihr gegeben
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