Herrin Der Stürme - 2
hast?«
Allart stotterte: »Ich will dich nicht… für meine Bedürfnisse benutzen, als wärst du eine Riyachiya.«
»Oh nein, Allart«, sagte sie mit leiser Stimme und klammerte sich an ihn. »Auch ich bin einsam und brauche Trost. Nur habe ich gelernt, daß es nicht beschämend ist, das auszusprechen und anzuerkennen. Du hast das nicht gelernt, das ist alles …«
Was Allart in ihrem Gesicht sah, schockierte ihn. Er drückte sie fest an sich und wurde sich plötzlich bewußt, daß sie bei all ihrer Stärke und ihrer unverwundbaren Geschicklichkeit und Klugheit ein ängstliches Mädchen war, das wie er selbst vor Problemen stand, die ihre Fähigkeit, sie zu lösen, weit überschritten.
Was haben die Männer und Frauen der Reiche einander angetan, daß zwischen uns alles in Angst und Schuldgefühle für das, was war oder sein kann, gehüllt werden muß? Es ist so selten, daß zwischen uns einfache Zärtlichkeit oder Freundschaft bestehen kann. Renata fest in den Armen haltend und den Kopf zu einem sanften Kuß senkend, sagte er: »Dann wollen wir einander Trost geben, Cousine«, und führte sie in das innere Zimmer.
19
Dorilys, völlig erregt, plapperte wie ein fünfjähriges Kind. Sie wurde ein wenig verlegen, als Margali sie in die Kleidung steckte, die sie von einem der Pagen geliehen hatte. Auch Margali war skeptisch.
»War das nötig, Renata? Sie ist doch jetzt schon ein richtiger Lausbub, auch ohne in Jungenkleidung herumzutollen!«
Sie blickte Renata, die sich vom fünfzehnjährigen Sohn des Haushofmeisters ein Paar Breeches ausgeliehen hatte, mit einem mißbilligendem Stirnrunzeln an.
Renata erwiderte: »Sie muß lernen, mit ihrem Laran umzugehen, und für diesen Zweck muß sie den Elementen dort begegnen, wo sie sind, und nicht, wo wir sie gern hätten. Sie hat sehr hart gearbeitet, um die Matrix zu meistern. Deshalb habe ich ihr versprochen, daß sie mit Donal fliegen darf.«
»Aber ist es wirklich nützlich, diese unpassenden Reithosen zu tragen? Das scheint mir nicht schicklich.«
Renata lachte: »Zum Fliegen? Wie schicklich würde es deiner Meinung nach sein, wenn sich ihr Umhang wie ein großes Segel im Wind blähen und über ihren Kopf fliegen würde? Diese unpassenden Breeches scheinen mir die schicklichste Bekleidung zu sein, die es beim Fliegen überhaupt gibt.«
»Daran habe ich nicht gedacht«, gestand die alte Leronis lachend. »Ich habe mich als junges Mädchen auch danach gesehnt, fliegen zu dürfen. Ich wünschte, ich könnte mit euch kommen.«
»Dann komm mit«, lud Renata sie ein. »Sicher bist du geschickt genug, die Kontrolle der Schweber zu erlernen.«
Margali schüttelte den Kopf. »Nein, meine Knochen sind zu alt. Es gibt eine Zeit, um diese Dinge zu lernen, doch wenn man sie verpaßt, ist es zu spät. Aber geht nur, Renata, genießt es – und auch du, Liebes«, setzte sie hinzu und küßte Dorilys auf die Wange. »Sitzt dein Umhang fest? Hast du einen warmen Schal? Auf den Höhen wird es sicher kalt sein.«
Trotz ihrer tapferen Worte fühlte Renata sich unwohl. Seit sie fünf Jahre alt war, hatte sie ihre Beine nirgendwo in der Öffentlichkeit gezeigt. Als sie im Innenhof auf Allart und Donal stieß, schienen auch sie verlegen zu sein und schauten weg.
Renata dachte: Ich hätte Allart für vernünftiger gehalten. Ich habe das Bett mit ihm geteilt, und doch blickt er überall hin, nur nicht auf mich, als hätte es ihn völlig überrascht, daß ich Beine habe wie jeder andere. Wie lächerlich Traditionen doch sind!
Aber Dorilys zeigte kaum irgendwelche Befangenheit. Sie stolzierte in ihren Breeches umher und forderte die Aufmerksamkeit und Bewunderung der anderen geradezu heraus.
»Sieh nur, Donal! Jetzt werde ich genauso wie ein Junge fliegen können.«
»Hat Renata dir beigebracht, mit der Matrix Gegenstände zu bewegen, bevor du es mit dir selbst versuchst?«
»Ja, und ich bin sehr gut darin. Hast du das nicht gesagt, Renata?« Renata lächelte. »Ja, ich glaube, sie besitzt eine Begabung, die ein wenig Übung in wirkliche Kunstfertigkeit verwandeln kann.«
Während Donal seiner Schwester den Mechanismus der Gleiter-Spielzeuge zeigte, trat Allart zu Renata, um ihr mit den Gurten zu helfen. Nebeneinander stehend beobachteten sie Dorilys und ihren Bruder. Die zusammen verbrachte Nacht hatte ihre Freundschaft zementiert und gefestigt, nicht aber ihre Natur verändert. Dankbar für seine Hilfe lächelte Renata zu Allart auf. Freudig wurde sie sich bewußt, daß sie wie immer über
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