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Herrin Der Stürme - 2

Herrin Der Stürme - 2

Titel: Herrin Der Stürme - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Universums aufrechterhielt; daß er hier einen wahrhaften Platz in der Harmonie besaß; daß er, wenn er verschwand, ein Loch von AllartGröße in einem universellen Geist hinterließ; daß er etwas war, das nicht ersetzt oder verändert werden konnte. Wenn er den Gesang hörte, war er ganz in Frieden versunken. Der Klang seiner eigenen Stimme, ein ausgebildeter Tenor, erweckte Freude in ihm, aber nicht mehr, als der Klang jeder anderen. Ihm gefiel selbst die rauhe und unmelodiös zitternde Stimme des neben ihm stehenden Bruders Fenelon. Immer, wenn er mit seinen Brüdern sang, fielen Allart die ersten Worte ein, die er über Sankt-Valentin-im-Schnee gelesen hatte, Worte, die ihn während der Jahre seiner größten Qual erreicht, und ihm zum ersten Mal, seit er der Kindheit entwachsen war, Frieden gegeben hatten.
»Jeder von uns ist wie eine einzelne Stimme in einem großen Chor, eine Stimme wie keine zweite. Jeder von uns singt einige Jahre in diesem großen Chor, dann ist seine Stimme für immer verstummt. Andere nehmen dann ihren Platz ein. Aber jede Stimme ist einzigartig, keine ist schöner als die andere, keine kann das Lied einer anderen singen. Nichts nenne ich Sünde, außer dem Unterfangen, das Lied eines anderen oder mit eines anderen Stimme zu singen.«
Und Allart war beim Lesen dieser Worte klargeworden, daß er seit seiner Kindheit auf Befehl seines Vaters und seiner Brüder, der Hauslehrer, Waffenmeister und Stallknechte, der Untergebenen und Vorgesetzten eine Melodie zu singen versucht hatte – mit einer Stimme, die seiner eigenen nicht entsprach. Er war ein Cristofero geworden, was man bei einem Hastur für unziemlich hielt; immerhin war er ein Nachkomme von Hastur und Cassilda, ein Nachkomme von Göttern, einer, der Laran besaß – ein Hastur von Elhalyn, aus der Nähe der heiligen Stätten von Hali, in denen die Götter einst gewandelt waren. Seit undenklichen Zeiten beteten die Hasturs den Herrn des Lichts an. Und doch war Allart ein Cristofero geworden, hatte seine Brüder verlassen und auf sein Erbe verzichtet. Er war hierher gekommen, um Bruder Allart zu sein; seine Herkunft war unter den Brüdern von Nevarsin fast vergessen.
Sich selbst vergessend, und doch seines individuellen und einzigartigen Platzes in Chor, Kloster und Universum völlig bewußt, sang Allart die langen Hymnen. Später ging er, noch immer nüchtern, an die ihm zugewiesene Morgenarbeit, die darin bestand, daß er den Novizen und Schülern des äußeren Refektoriums das Frühstück brachte. Er trug die dampfenden Kannen mit Tee und heißem Bohnenbrei zu ihnen und goß das Essen in Schalen und Krüge, wobei er bemerkte, wie sich die kalten Hände der Jungen an die Hitze schmiegten und versuchten, sich zu wärmen. Die meisten der Kleinen waren zu jung, um die Technik der inneren Erwärmung schon zu beherrschen, und Allart wußte, daß einige von ihnen unter ihren Umhängen in Decken gewickelt waren. Er spürte eine unbefangene Sympathie für sie und erinnerte sich an seine eigenen frühen Kältequalen. Damals, als sein Verstand noch nicht gelernt hatte, den Körper zu erwärmen, war ihm nicht anders gewesen. Sie aber bekamen heißes Essen und schliefen mit Extradecken. Je mehr sie die Kälte spürten, desto eher würden sie sich bemühen, sie zu besiegen. Allart blieb stumm (obwohl er wußte, daß er sie hätte tadeln sollen), als sie über die Schlichtheit des Essens maulten. Hier, in den Quartieren der Kinder, wurde ein im Vergleich reichliches, üppiges Essen serviert. Er selbst hatte, seit er der vollen mönchischen Lebensweise beigetreten war, nur zweimal eine warme Mahlzeit erhalten; und der Grund dafür war gewesen, daß er in den tiefen Fassen besonders gute Arbeit bei der Rettung eingeschneiter Reisender geleistet hatte. Pater Vorsteher war der Meinung gewesen, die Unterkühlung seines Körpers habe einen Punkt erreicht, die seine Gesundheit bedrohe. Deswegen hatte er ihm befohlen, warme Nahrung zu essen und einige Tage unter zwei Extradecken zu schlafen. Unter gewöhnlichen Bedingungen hatte Allart sich dermaßen unter Kontrolle, daß Sommer und Winter ihm nichts bedeuteten. Sein Körper zog aus jeder Nahrung, ob heiß oder kalt, vollen Nutzen.
Ein betrübter kleiner Bursche, ein verwöhntes Kind von einem der Tiefland-Güter, mit sorgfältig geschnittenem, sich um sein Gesicht kräuselndem Haar, zitterte – obwohl in Umhang und Decke gehüllt – so heftig, daß Allart, als er ihm eine zweite Portion Brei gab (die

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