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Herrin Der Stürme - 2

Herrin Der Stürme - 2

Titel: Herrin Der Stürme - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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verloren. Wäre es so gekommen, hätte ich wegen ungenügender Vorräte für die Reise umkehren müssen.«
Nur allmählich war Allart die Natur seines Laran bewußt geworden. Er sah nicht nur die wirkliche, sondern jede mögliche Zukunft. Sie breiteten sich fächerförmig vor ihm aus, und jede seiner Bewegungen erzeugte ein Dutzend neuer Alternativen. Mit fünfzehn, als er zum Mann erklärt wurde und vor den Rat der Sieben trat, um mit dem Zeichen seines Hauses tätowiert zu werden, wurden ihm die Tage und Nächte zur Qual, denn er konnte bei jedem Schritt ein Dutzend Straßen und hundert Alternativen, von denen jede mehrere neue hervorbrachte, vor sich sehen, bis er paralysiert war und sich aus Angst vor dem Bekannten und Unbekannten nicht mehr zu bewegen wagte. Er wußte nicht, wie er es abschalten konnte, und konnte nicht damit leben. Bei den Waffenübungen war er stets wie gelähmt, denn bei jedem Hieb sah er ein Dutzend seiner eigenen Bewegungen, die den anderen verstümmeln oder töten konnten. Jeder auf ihn gezielte Hieb barg drei Möglichkeiten, zu treffen oder danebenzugehen. Die Waffenübungen wurden für ihn zu einem solchen Alptraum, daß er schließlich unbeweglich vor dem Waffenmeister stand, zitternd wie ein verschrecktes Mädchen und unfähig, auch nur das Schwert zu heben. Die Leronis seiner Familie hatte versucht, in seinen Verstand einzudringen und ihm einen Ausweg aus diesem Labyrinth zu zeigen, aber Allart war von den verschiedenen Richtungen, in die ihre Versuche abzielten, ebenfalls wie gelähmt. Mit der zunehmenden Empfindsamkeit Frauen gegenüber hatte er sehen können, wie er sie packte und würgte.
Schlußendlich hatte er sich in seinem Zimmer verborgen, sich einen Feigling und Narren schelten lassen und sich geweigert, eine Bewegung oder einen einzigen Schritt zu tun, aus Angst vor dem, was geschehen konnte. Er hatte sich für einen Sonderling, einen Verrückten gehalten …
Als er schließlich soweit gewesen war, die lange, schreckliche Reise hinter sich zu bringen, hatte er hinter jedem Schritt einen falschen gesehen, der ihn in den Abgrund stürzen konnte, wo er tot oder schwer verletzt tagelang auf den Felsen unterhalb des Pfades lag. Er hatte sich fliehen und umkehren sehen. Dann hatte der Pater Vorsteher ihn begrüßt, sich seine Geschichte angehört und gesagt: »Du bist weder ein Sonderling noch ein Verrückter, Allart, aber du leidest. Ich kann nicht versprechen, daß du hier deinen wahren Weg finden oder geheilt werden wirst, aber vielleicht können wir dich lehren, damit zu leben.« »Die Leronis glaubt, ich könne es mit einer Matrix kontrollieren, aber ich war zu ängstlich«, hatte Allart gestanden, und zum ersten Mal das Gefühl verspürt, frei von Angst zu sprechen. Angst war eine verbotene Sache, Feigheit eine Untugend. Ein Hastur sprach nicht über solche Dinge.
Pater Vorsteher hatte genickt und gesagt: »Du hast recht gehandelt, die Matrix zu fürchten. Sie hätte dich durch deine Angst kontrollieren können. Vielleicht können wir dir einen Ausweg zeigen. Wenn es mißlingt, kannst du vielleicht lernen, mit deinen Ängsten zu leben. Als erstes mußt du lernen, daß du sie selbst erzeugst.«
»Das habe ich immer gewußt. Ich habe mich ihretwegen hinreichend schuldig gefunden …« protestierte Allart, aber der alte Mönch hatte gelächelt.
»Nein. Wenn du wirklich geglaubt hast, sie seien dein, würdest du weder Schuld noch Ablehnung oder Verdruß fühlen. Was du siehst, kommt von außerhalb deines Ichs und befindet sich jenseits deiner Kontrolle. Aber deine Ängste sind dein, und nur dein; wie deine Stimme, deine Finger oder deine Erinnerungen, und daher ist es an dir, sie zu kontrollieren. Wenn du dich der Angst gegenüber machtlos fühlst, hast du noch nicht zugegeben, daß sie dein ist und du mit ihr nach deinem Willen verfahren kannst. Kannst du die Rryl spielen?«
Von diesem Gedankensprung verblüfft, bestätigte Allart, daß man ihn unterrichtet hatte, die kleine Handharfe leidlich zu bedienen. »Wenn die Saiten am Anfang nicht die von dir gewünschten Töne hervorbrachten, hast du dann das Instrument verflucht oder deine ungeschickten Hände? Irgendwann, vermute ich, kam die Zeit, als deine Finger auf deinen Willen reagierten. Verfluche nicht dein Laran, solange dein Geist nicht geschult wurde, es zu kontrollieren.« Er ließ Allart einen Moment darüber nachdenken und sagte dann: »Die Wege der Zukunft, die du siehst, kommen von außen. Sie werden weder von

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