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Herrin Der Stürme - 2

Herrin Der Stürme - 2

Titel: Herrin Der Stürme - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Erinnerungen noch von Furcht erzeugt. Aber die Furcht entsteht in dir und lähmt deine Fähigkeit, dich inmitten verschiedener Wege zu bewegen. Du bist es, der die Furcht erschafft. Wenn du lernst, deine Angst zu kontrollieren, kannst du furchtlos einen Blick auf die vielen Pfade, die du betreten kannst, werfen und auswählen, welchen du einschlagen willst. Deine Angst ist wie die ungelernte Hand auf der Harfe, die den Klang verzerrt.«
»Aber wie kann ich vermeiden, ängstlich zu sein? Ich will mich nicht fürchten.«
»Dann sag mir«, sagte Pater Vorsteher milde, »welche der Götter die Angst wie einen Fluch in dich legen?« Beschämt war Allart verstummt, und der Mönch sagte ruhig: »Du sprichst davon, ängstlich zu sein. Doch Angst ist etwas, das du aus Mangel an geistiger Kontrolle in dir erzeugst. Du wirst lernen, es zu verstehen, wenn du dich entscheidest, ängstlich zu sein. Das erste, was du tun mußt, ist zu lernen, daß die Angst dein ist, und daß du sie kommen und gehen heißen kannst. Fange damit an: Immer wenn du die Angst spürst, die eine Entscheidung verhindert, sage dir selbst: ›Was macht mich ängstlich? Warum habe ich mich entschieden, Angst zu spüren, die meine Entscheidung verhindert, statt die Freiheit der Entscheidung zu wählen?‹ Angst ist ein Weg, dir selbst zu verbieten, frei zu wählen, was du als nächstes tun wirst; ein Weg, die Reflexe deines Körpers, keinesfalls jedoch die Bedürfnisse des Geistes für dich entscheiden zu lassen. Und wie du mir berichtetest, hast du in letzter Zeit meist beschlossen, nichts zu tun, damit nichts von dem, das du fürchtest, über dich kommen kann. Also wurden die Entscheidungen nicht von dir, sondern von deiner Angst getroffen. Damit fang an, Allart. Ich kann nicht versprechen, dich von ihr zu befreien, nur, daß die Zeit kommen wird, da du ihrer Herr wirst. Und dann wird sie dich nicht länger lähmen.« Dann hatte er gelächelt und gesagt: »Du bist doch deswegen hierher gekommen, oder?«
»Ich hatte mehr Angst zu bleiben, als zu kommen«, erwidert Allart und schüttelte sich.
Pater Vorsteher hatte aufmunternd gesagt: »Immerhin konntest du zwischen einer größeren und einer geringeren Angst wählen. Du mußt jetzt lernen, sie zu kontrollieren und über sie hinwegzuschauen. Es wird ein Tag kommen, an dem du weißt, daß sie dein Diener ist, der sich deinem Willen unterwirft.«
»Mögen die Götter es geben«, hatte Allart zitternd erwidert. So hatte sein Leben hier begonnen … und währte nun sechs Jahre lang. Langsam, Schritt für Schritt, hatte Allart die Ängste und Forderungen seines Körpers gemeistert. Er hatte gelernt, unter den verwirrenden, fächerförmig ausgebreiteten Möglichkeiten der Zukunft die am wenigsten schädliche auszuwählen. Nach und nach war seine Zukunft enger geworden. Und jetzt sah er sich nur noch hier, erlebte nur einen Tag zur gleichen Zeit und tat, was er mußte… Nicht mehr und nicht weniger. Und nun, nach sechs Jahren, wurde das, was er vor sich sah, plötzlich zu einem verwirrenden Strom von Bildern: Er sah eine Reise, Felsen und Schnee; eine fremde Burg, seine Heimat, das Gesicht einer Frau … Allart bedeckte das Gesicht mit den Händen, befand sich erneut im Griff der alten, lähmenden Angst.
Nein! Nein! Ich will nicht! Ich will hier bleiben, für mein eigenes Ziel leben, niemandes andern Lied singen, und nicht mit eines anderen Stimme …
Sechs Jahre lang war er seiner Bestimmung überlassen gewesen und nur den Zukunftsmöglichkeiten eigener Entscheidungen unterworfen. Jetzt brach das Draußen wieder über ihn herein. Traf außerhalb des Klosters jemand Entscheidungen, die ihn auf die eine oder andere Art berührten? All die Angst, die er in den vergangenen Jahren unterdrückt hatte, stieg in ihm wieder auf. Und langsam, indem er atmete, wie es ihm gelehrt worden war, meisterte er sie wieder.
Die Angst ist mein. Ich verfüge über sie, und ich allein kann wählen … Erneut versuchte er unter den bedrängenden Bildern einen Pfad zu sehen, auf dem er Bruder Allart bleiben und im Frieden seiner Zelle auf seine Art für die Zukunft der Welt arbeiten konnte …
Aber einen solchen Zukunftspfad gab es nicht, und das machte ihm eines klar: Welche Entscheidung von außen auch immer über ihn hereinbrach, sie würde so sein, daß er sich ihr nicht entziehen konnte. Lange Zeit kämpfte er mit sich, kniete auf dem kalten Steinboden der Zelle und versuchte sowohl seinen widerstrebenden Körper als auch den Geist

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