Herrlich und in Freuden
Und ich durfte nie Gesellschaften geben. Er sagte, man könne ihm vorwerfen, daß er Kunden werbe. Und eigentlich war nichts vorhanden, was mich dafür entschädigte, einen so schwierigen Mann zu haben. Ich war eben überhaupt nicht in ihn verliebt«, seufzte sie.
»Aber Sie haben ihn doch geheiratet!«
»Mein Vater, der bei Campbell, Campbell, Campbell & Co. arbeitete, starb eben.«
»Das überrascht mich durchaus nicht«, rief der Häuptling.
Mrs. Winstanley schien verblüfft.
»Ich wollte sagen, das tut mir leid!« berichtigte er sich.
»Und anstatt nach London zu gehen und Musik zu studieren, .wie ich es eigentlich geplant hatte«, fuhr Mrs. Winstanley fort, »mußte ich bei meiner Mutter bleiben. Wir lebten in Kalkutta, und Kalkutta ist nicht gerade die erfreulichste Stadt der Welt, es sei denn, man hat viel Geld. Meine Mutter kränkelte, und - oh, als Herbert nach Jumbulpore versetzt wurde und mich heiraten wollte und mir an- bot, meine Mutter könnte bei uns leben, da schien es ein Ausweg und...« Mrs. Winstanley zuckte die Achseln, »und so kam es eben. Ich war damals erst zwanzig, und mit zwanzig Jahren neigt man dazu, optimistisch zu sein.« - »Da haben Sie ganz recht. Ich war mit zwanzig Jahren ein krasser Optimist.«
»Meine Mutter lebte nicht mehr lange, und ich erbte ihr kleines Kapital. Und in Jumbulpore schleppte sich das Leben weiter. Bis ich Herbert bat, mir meine Freiheit zu geben. Und das tat er.«
»Und was beabsichtigen Sie zu tun, wenn die Sache mit dem Dekret nisi überstanden ist? Gedenken Sie sich wieder zu verheiraten?«
Ben Nevis war sehr mit sich zufrieden, daß er die Frage so formuliert hatte. Er kam sich diplomatisch wie ein Gesandter aus einem Roman um die Jahrhundertwende vor. Daher verblüffte ihn Mrs. Winstanleys Gegenzug ein wenig.
»Meinen Sie, ob ich Hector heiraten will? Und wenn ich nun ja sagte, was würden Sie dann tun? Glauben Sie, ich wäre seiner unwürdig?«
»O nein, natürlich nicht, nein, nein, nein!«
»Aber Sie reisen in der Absicht nach Indien, Hector daran zu hindern, eine nicht standesgemäße Ehe einzugehen - denn so haben es die andern hingestellt!«
»Ach, die Berichte waren wirklich mehr als übertrieben, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber sobald ich mich einmal mit Ihrem ehemaligen Gatten beim Kakao unterhalten hatte - heißen Buttertoast gab’s dazu -, da begriff ich sofort, daß Sie gewiß nicht so sein könnten, wie ich es befürchtet - ich meine, wie ich es erwartet hatte.«
»Ich will ebenso offen zu Ihnen sein, Ben Nevis, wie Sie es zu mir sind. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Ja, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte der Häuptling.
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, solange die Scheidung noch nicht vollzogen ist. Ich will es auf keinen Fall riskieren, plötzlich damit überrascht zu werden, daß ich immer noch mit Herbert Winstanley verheiratet bin.«
Ben Nevis’ Plan, die Winstanleys miteinander auszusöhnen, erschien ihm auf einmal weit weniger durchführbar, als er es zuerst geglaubt hatte.
»Ich habe Hector sehr gern«, fuhr Mrs. Winstanley fort.
»Ja, er ist ein guter Junge«, gab sein Vater zu. »Er soll mir sehr ähnlich sein. Finden Sie, daß er mir sehr ähnlich ist?«
»Ich will Ihnen etwas verraten, Ben Nevis. Ich hatte mich schon beinahe entschieden, Hector nicht zu heiraten. Aber als Sie gestern abend kamen und so prächtig aussahen, fragte ich mich plötzlich, ob ich nicht einen großen Fehler begehen würde, wenn ich mich weigerte, Hektor zu heiraten. Ich sah an Ihnen, wie auch er eines Tages aussehen wird. Es war ein richtiger Schreck für mich!«
»Ein Schreck?« wiederholte der Häuptling mit gekränkter Miene.
»Ein Freudenschreck«, sagte sie rasch.
»Oh, wie liebenswürdig von Ihnen! Hören Sie, soll ich Sie nicht lieber Angela nennen? Ihr ehemaliger Mann sprach von Ihnen stets als Angela, und mir wurde allmählich zumute, als kennte ich Sie schon unter diesem Namen.«
»Natürlich freue ich mich, wenn Sie mich Angela nennen«, sagte sie weich. »Aber ich kann Ihnen nicht versprechen, daß ich Hector heirate.«
»Oh - wirklich nicht?« Jeder Lauscher hätte mit Leichtigkeit ein wenig Enttäuschung aus der Stimme des Häuptlings herausgehört.
»Da Sie Phantasie haben, können Sie sich vorstellen...«
»Nein, nein«, unterbrach er sie rasch, »ich habe keine Spur Phantasie! Ich weiß, die Leute behaupten es von mir, weil ich mich so energisch für das Loch-Ness-Ungeheuer
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