Herrlich und in Freuden
als Hector. Sogar älter als Sie, mein lieber Beil Nevis. Indien ist ein Land, in dem die Menschen nicht lange jung bleiben. Sie haben nicht gemerkt, warum der Maharadscha uns beiden den Wagen allein überlassen hat, nicht wahr? Aber ich weiß es. Er wollte Ihnen damit Gelegenheit geben, sich mir zu nähern, da er überzeugt ist, Sie seien in mich verliebt. Er ist überzeugt, daß Sie ihm nie vorgeschlagen hätten, mich nach Rosemount einzuladen, wenn Sie sich nicht für mich interessierten.«
»Aber ich interessiere mich wirklich für Sie!«
»Ach ja, aber doch nicht so, wie es der Maharadscha meint.« Sie legte ihre kleine Hand flüchtig auf seinen Handrücken. »Sie liebes großes Unschuldslamm!«
»Es würde mir nicht im Traume einfallen, eine Liebelei mit Ihnen anzufangen«, protestierte der Häuptling.
»Natürlich nicht! Aber das würde der Maharadscha nie begreifen können.«
»Ist ja äußerst merkwürdig!« rief Ben Nevis.
»Aber ich bin ihm sehr dankbar für seinen Irrtum. Wenn er sich nicht so geirrt hätte, wäre ich nicht nach Rosemount eingeladen worden und hätte keine Gelegenheit gehabt, die Einladung zum Weihnachtsfest des Maharadschas von Tussore in Empfang zu nehmen. Dann wäre ich bloß eine unter vielen Gästen in Parkers Hotel gewesen und hätte dort gewohnt, bis ich wieder nach Tallulaghabad zurückgekehrt wäre und mich gewundert hätte, was wohl aus meiner Zukunft werden sollte. Oh, und dabei fällt mir ein: John Tucker kommt Weihnachten auch ins Hotel, und es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie ihm eine Einladung zum Fest des Maharadschas verschaffen könnten. Er ist sehr nett zu mir gewesen, und er ist furchtbar gastfreundlich.«
»Ja, ich weiß. Ich war auch schon bei ihm, und er hat mir tadellosen Whisky vorgesetzt. Der junge Duncan Robertson hat mich mal mitgenommen. Hector wollte nicht mitkommen, aber mir hat Tucker sehr gefallen.«
»Er ist auch einer von den Liebhabern, die mir von den Memsahibs in Tallulaghabad angehängt werden.«
»Allmächtiger!« rief Ben Nevis.
»Und jetzt muß ich sehr ernst mit Ihnen sprechen«, fuhr Angela fort. »Bisher habe ich es nur halb scherzend angedeutet. Ehe Sie in Tallulaghabad erschienen, war ich so gut wie entschlössen, Hector einen Korb zu geben. Ich dachte, er würde mit zunehmendem Alter bestimmt langweilig werden, und vielleicht auch steif und häßlich. Doch als Sie mich dann an jenem ersten Abend besuchten, sahen Sie so wundervoll in Ihrem Kilt aus, und auf eine wildromantische Art waren Sie so schön, daß ich mich zu fragen begann, ob ich Hector nicht doch heiraten und mit ihm in das Haus ziehen sollte, von dem er immer spricht - Jagdhütte nennt er es.«
»Ich möchte mal wissen, an welche er gedacht hat. Wir haben ein sehr hübsches Jagdhaus am Loch Hoch.«
»Ja, das meinte er.«
»Da wären Sie sehr schön untergebracht, Angela!«
»Lieber Ben Nevis«, sagte Angela, »lieber, guter Ben Nevis, Sie wissen ebensogut wie ich, daß es nie klappen würde. Ich bin nicht dazu geschaffen, die Frau eines Hochlandhäuptlings zu sein - genausowenig wie die Frau eines Bankdirektors oder eines Geistlichen. Sehen Sie dort«, unterbrach sie sich plötzlich, »das muß Tussore sein, was wir da vor uns sehen!«
Angela hatte recht, und bald fuhr der Wagen unter das große Säulenvordach vor dem Palast des Maharadschas, wo zwei Schildwachen in leuchtend blauer Uniform das Gewehr präsentierten, während Ben Nevis und Mrs. Winstanley die Marmorstufen hinaufgingen und oben von einer ganzen Schar von Dienern mit Salaams begrüßt wurden.
»Willkommen in Tussore!« rief Seine Hoheit der Maharadscha, der seine Gäste in der mit Marmorsäulen geschmückten Empfangshalle erwartete. Kaum hatte er Angela Winstanley und Ben Nevis die Hand gedrückt, als ein Fanfarenstoß die Ankunft Seiner Hoheit des Maharadschas von Bangabakka ankündigte. Die Fürsten begrüßten sich mit einer Förmlichkeit, die eher zu seidenen Gewändern und juwelengeschmückten Turbanen als zu karierten Sportanzügen gepaßt hätte.
Auf dem Wege zu einem behaglichen und hübschen, kleinen Zimmer, in dem vor dem Essen ein Aperitif serviert werden sollte, wies der Maharadscha auf einige Kostbarkeiten seines Palastes hin.
»Und das ist mein Musikzimmer, Mrs. Winstanley«, sagte er, öffnete eine Türe und ging voran. Sie erblickte einen Steinway- Konzertflügel und einen etwas kleineren Bechsteinflügel, ein Gewirr von Notenständern, ein großes Grammophon und
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