Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
ein Winterlager im spanischen Hochland, auf dem Berg Gran Atalaya. Es gibt kaum Worte, um das Elend der Legionen zu beschreiben. Viele Hundert Männer sterben an Hunger und eisiger Kälte.
Nobiliors Feldzug bildet den Auftakt für eine Reihe von, vorsichtig ausgedrückt, zweifelhaften römischen Aktionen gegen die Keltiberer des spanischen Hochlandes, bei denen die Arevaci mehr und mehr eine dominierende Rolle einnehmen. Die Aktionen reichen von »Friedensvertragsabschlüssen« mit horrenden Tributzahlungen in die Tasche einzelner römischer Feldherren bis hin zu Massenmord. So greift Konsul Lucullus aus Frust darüber, dass er eigentlich befriedete Stämme vorfindet, aus denen man keinen Profit mehr schlagen kann, den Stamm der Vaccaei an und nimmt ihre Hauptstadt Cauca (heute Coca) ein. Dort richtet er unter der bereits besiegten Bevölkerung ein Blutbad an. Dafür landet er 149 v. Chr. zusammen mit Galba, der sich mit ähnlichen Aktionen in Lusitanien einen Namen macht, vor dem speziell für solche Vorfälle eingerichteten Gerichtshof.
Nach dem Massaker des Lucullus ruht der Krieg für acht Jahre. Als er 143 v. Chr. wieder aufflammt, konzentriert er sich auf eine Stadt: Numantia, die zentrale Hügelfestung der Arevaci.
Die Arevaci haben den Ort für ihre Festung ausgezeichnet gewählt. Das Bild von der Umgebung, das sich auch heute noch dem Besucher der Stätte bietet, ist beeindruckend. Vom Westen bis Osten ist der Stadthügel in einiger Entfernung umrahmt von deutlich höheren Bergketten; einer der Gipfel ist der Mons Gaius, ein bei den Keltiberern heiliger Berg, dessen Spitze fast das ganze Jahr über mit Schnee bedeckt ist. Von einigen der gegenüberliegenden Hänge aus konnten die Römer direkt in die Stadt hineinsehen, die zu erobern sie gekommen waren.
Bilder aus Numantia. Die keltiberische Kunst zeigt deutliche Züge des geometrischen Stils der Hallstattperiode. Links oben: Darstellung eines Geiers, der bei den Keltiberern als heiliges Tier galt. Man legte hochrangige Krieger, die im Kampf gefallen waren, zum Entfleischen durch Geier aus. Rechts oben: Keltiberischer Krieger. Die extrem schmale Taille entsprach dem damaligen Idealbild des Mannes. Unten: Darstellung einer Opferszene.
Militärstrategisch betrachtet ist es annähernd unmöglich, die Stadt einzunehmen. Jede unbemerkte Feindannäherung ist ausgeschlossen, denn das sie umgebende Terrain ist karg und nackt. DerHügel ist an drei Seiten von Flussläufen umgeben. Die Hänge fallen zum Durius (dem Duero) und dem Merdancho hin steil ab. Angreifer müssen etliche hundert Meter freies, deckungsloses Gelände überqueren, einen großen Teil davon über ein starkes Gefälle bergauf, um schließlich vor einer zwei Mann hohen Mauer mit Wehrgang auf der Krone zu stehen und sich beschießen zu lassen. Hat ein Angriffstrupp das massive Eingangstor, die Nebentore oder die Mauer überwunden, dann erwartet ihn das Schlimmste, was man sich als Soldat vorstellen kann: Häuserkampf auf engstem Raum, in einer unbekannten Stadt mit Häusern, deren Bauweise man nicht kennt.
Numantia ist alles andere als die primitive Siedlung unzivilisierter Barbaren, die die römischen Legionäre vermuten. Ihr Bild aus verfälschter Berichterstattung und übertrieben ausgeschmückten Erzählungen entspricht ganz und gar nicht den Tatsachen. Die Stadtmauer von Numantia ist sechs Meter tief und besteht aus einer vorderen und hinteren Stirnmauer aus großen, unbearbeiteten Felssteinen gefüllt mit kleinerem Geröll. In der Stadt wandelt man über drei bis fünf Meter breite, gepflasterte Straßen. Wie in Rom zeugen die Spuren von mit Eisen beschlagenen Wagenrädern von einer regen Handelstätigkeit. Es gibt sogar Fußwege, und auf der Straße Trittsteine als Übergänge bei starkem Regen. Die ungefähr 1500 Häuser, die 6000 bis 8000 Menschen beherbergen, sind geräumige, saubere Bauwerke aus Lehmziegeln, in der Regel mit einem 12 x 3 Meter Grundriss, mit mehreren Zimmern, eines davon als Kellerraum, um speziell im Winter den klimatischen Bedingungen im spanischen Hochland Rechnung zu tragen. Möbel gibt es nur wenige, das Leben spielt sich meist auf dem Boden ab. Der Stall ist wie fast überall, wo harte Winter herrschen, in das Wohnhaus integriert. An der einen oder anderen Stelle finden sich Zisternen, die jedoch im Sommer meist austrocknen, sodass das Wasser von den nahe gelegenen Flüssen geholt werden muss.
Auch aus anderer Sicht ist Numantia bedeutend. Von hier aus hat
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