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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Keltiberer auf dem Weg sei, um die Römer gemeinsam mit den Numantinern in die Zange zu nehmen. Es gibt keine Beweise dafür, doch allein der Gedanke an Falcata schwingende hispanische Kelten reicht aus, um das Chaos ausbrechen zu lassen.
    Mancinus hat keinerlei Kontrolle mehr über sein konsularisches Heer. In wilder Flucht versuchen die Legionäre, das ehemalige Winterlager des Nobilior zu erreichen. Das ist die Chance für die mit dem Terrain vertrauten Numantiner. Eine kleine Stoßtruppe von 4000 Kriegern schafft es, das gesamte römische Heer (immerhin mehr als 20

000 Legionäre) einzuschließen. Allein das wäre schon Schande genug für einen römischen Feldherrn. Für Mancinus hat die Zeit der Demütigung damit jedoch gerade erst angefangen. In den Verhandlungen über das weitere Procedere akzeptieren die Numantiner nicht ihn, den Konsul, als Verhandlungsführer der Römer, sondern verlangen explizit seinen rangniedrigsten Offizier: Tiberius Gracchus.
    Das alte römische System von potestas und auctoritas .
    Als der Friedensvertrag, der dabei herauskommt, dem Senat zur Ratifizierung vorgelegt wird, löst er einen Sturm der Entrüstung aus. Mehr als 20

000 römische Legionäre lassen sich von 4000 Barbaren Bedingungen für einen Vertrag diktieren! Skandal!
    Rom stürzt in eine Identitätskrise. Dadurch, dass nicht irgendjemand den Vertrag abgeschlossen hat, sondern ihr höchster Amtsträger, der ihn dazu auch noch schriftlich hat fixieren lassen, ist er nach dem im Römischen Reich geltenden Völkerrecht wirksam. Das wissen auch die numantinischen Abgesandten unter ihrem militärischen Anführer Rectugenus, die nach Rom gekommen sind, um die Erfüllung des Vertrages zu verlangen.
    Diesmal ist es kein juristischer Trick, sondern schlichte Rechtsbeugung, mit der sich Rom aus dieser misslichen Lage herauslaviert. Sicher, Gaius Hostilius Mancinus war Konsul, als er den Vertrag abgeschlossen hat. Nur, Rom ist eine res publica , nicht wahr? Und da hätte er die Vertreter des Volkes – den Senat – vorher fragen müssen. So ist es nur ein Vertrag, den ein einzelner Mann mit einem anderen Volk abgeschlossen hat. Der Senat sieht keine Veranlassung, diesen Vertrag für Rom als bindend zu betrachten.
    Die Numantiner verlassen Rom, wutschnaubend ob dieser neuen Ungeheuerlichkeit. Für Mancinus und seinen Offiziersstab ist die Sache jedoch noch nicht ausgestanden. Eine Bestrafung muss her, denn ungestraft darf niemand die »Ewige Stadt« derart in Misskredit bringen. Auch darf es keinen Zweifel daran geben, dass sich Rom von dem Vertrag distanziert. Selbst Mancinus ahnt, was ihm blüht, und so schlägt er selbst eine Strafe vor, die so ungeheuerlich ist, dass er wohl davon ausgeht, dass weder das Tribunal und noch weniger die Volksversammlung dem zustimmen werden.
    Das ist seine vorerst letzte eklatante Fehleinschätzung. Und um die Demütigung vollkommen zu machen, beschließt die Volksversammlung, dass nur ihm, dem ehemaligen Konsul, diese Strafe zufallen soll, während der Rest seines Stabes, Tiberius Gracchus eingeschlossen, ungeschoren davonkommt.
    Gaius Hostilius Mancinus wird zurück nach Hispania verbracht, wo man ihn entkleidet, einen Tag lang nackt vor den Toren Numantias anbindet und ihn so den Feinden anbietet. Wenn diese ihn hereinholten, würden sie damit die Nichtigkeit des Friedensvertrages anerkennen. Was die Römer unterschätzen (oder schlicht nicht wissen): Rectugenus hatte schon in früheren Auseinandersetzungen diplomatischen Kontakt mit Rom und ist daher mit dem römischen Recht bestens vertraut. Die Numantiner durchschauen die Falle also, und so steht Mancinus den ganzen Tag entblößt vor den Mauern Numantias und kehrt am Abend ins römische Lager zurück.
    Dieser Vorgang gräbt sich so tief in das Bewusstsein der Keltiberer ein, dass in Spanien bis zum heutigen Tag historische Spielszenenim Rahmen der Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Belagerung Numantias den Teil Mancinus desnudos – »Mancinus entkleidet« beinhalten. Für Rom ist die Angelegenheit in Bezug auf seinen unwürdigen Konsul damit erledigt. Der Krieg geht weiter.
    Und die Liste römischer Niederlagen erhält weitere Einträge …
    134 v. Chr. hat der Leidensdruck in Rom die Grenze der Unerträglichkeit erreicht. Es schickt den einzigen Mann ins Rennen, der eine reale Chance hat, dem Albtraum in Hispania ein Ende zu setzen: Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus, den Bezwinger Karthagos im Dritten Punischen

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