Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
vorchristlichen Jahrhunderts datiert werden kann. Dabei entdeckte er den 42 Meter im Durchmesser messenden Grabhügel eher zufällig auf der Suche nach römischen Spuren, nachdem der Ort bereits im April 1930 durch Jean Lagorgette als archäologischer Fundort identifiziert worden war.
Es sind zwei Dinge, die diesen Fund so einzigartig machen. Zum einen wird die großzügig dimensionierte Grabkammer dominiertvon einem gigantischen Weinmischgefäß, 1,64 Meter hoch, 208 Kilogramm schwer, mit einem Fassungsvermögen von 1200 Litern. Es ist der größte bislang gefundene Weinkrater des klassischen Altertums. Er hat seine weite Reise nach Burgund in Einzelteilen gemacht und wurde vor Ort von mitgereisten Handwerkern zusammengesetzt. Ob in seiner vermuteten Heimat, dem zu dieser Zeit griechische Unteritalien, jemals tatsächlich Wein darin gemischt wurde, wird bezweifelt. Man geht eher davon aus, dass es als Gefäß für rituelle Anlässe gedient hat, was seinen Wert als diplomatisches Geschenk noch erhöht. Auch der Halsreif hat es in sich. Er wiegt 500 Gramm und besteht aus 40 Einzelteilen. Vor allem jedoch überrascht die Archäologen das Geschlecht des mit so viel Ehren beigesetzten Verblichenen. Oder besser: der Verblichenen, denn es ist eine Frau, die in die Fachwelt als die »Prinzessin von Vix« eingeht. Welchen Eindruck müssen ihr Wohlstand und ihre Macht zu ihren Lebzeiten auf Gesandte aus den ausschließlich von Männern dominierten klassischen Zivilisationen gemacht haben? Welche Überwindung muss es sie gekostet haben, diese Macht anzuerkennen?
Doch diese Macht hatte ihren Preis: Die »Prinzessin« ist schwer krank, als sie mit 35 Jahren stirbt. Bereits bei der Geburt erlitt sie durch einen Fehler eine Wirbelverschiebung am Hals; auch ihre Hüftgelenke wiesen Fehlbildungen auf. Schon einfaches Gehen muss ihr höllische Schmerzen bereitet haben.
Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass die Macht und der Reichtum des Fürstensitzes Vix vorprogrammiert waren. Besiedelt war der Ort bereits seit der Spätbronzezeit. Der Mont Lassois liegt am Oberlauf der Seine, eine der wichtigsten Teilstrecken auf dem Handelsweg von der Provence zur Atlantikküste und damit zu den begehrten Zinnvorkommen im Südwesten Englands. Der Berg thront wie eine Bastion über dem Flusstal. Wie dominant sie war, kann man heute nur erahnen, da erst in den letzten Jahren die Ausgrabung der vermutlich zugehörigen Außensiedlung auf dem Mont St. Marcel vorangetrieben werden konnte. Einer der herausragendstenFunde bislang ist der Grundriss eines monumentalen Gebäudes in griechischer Bauweise.
Neue Handelsrouten und Machtzentren der Hallstattkultur. Die alten Hallstattzentren des 7. und 6. vorchristlichen Jahrhunderts verlieren an Bedeutung, als die Griechen den Seehandelsweg nach Tartessos verlieren. Von ihrer Kolonie Massalia aus erschließen sie nun Landhandelsrouten, um zu den Zinnlagerstätten in Südwestbritannien zu gelangen.
Niemand kam an der Hügelfestung und ihren Herren (respektive Herrinnen) vorbei, ohne teuer dafür bezahlen zu müssen.
Cernunnos, der Gehörnte. Zeichnung nach einer 2,30 Meter hohen Steinskulptur aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert, die in Holzgerlingen, Württemberg, gefunden wurde und heute im Württembergischen Landesmuseum zu Stuttgart zu sehen ist. Man vermutet den gehörnten Gott Cernunnos, der auch als Gottvater bezeichnet wurde. Abbilder von ihm wurden vorrangig in Gallien und Britannien gefunden.
Doch einzigartig ist der Fund des Grabes der Prinzessin vom Mont Lassois nicht: Alle Hügelgräber dieser Region und Epoche sind die letzten Ruhestätten von Frauen. Man vermutet, dass es sich um eine Priesterinnendynastie handelt, dafür spricht auch der hohe Anteil an Frauenschmuck aus der Zeit zwischen 600 bis 400 v. Chr. in der unmittelbaren Nähe. Die dominierende Rolle von Frauen dieser Periode ist auch aus Süddeutschland belegt. Am Heidentor auf der Schwäbischen Alb, auf dem Heuberg bei Tuttlingen, ergibt die Ausgrabung des Opferplatzes fast ausschließlich Schmuckstücke für Frauen; ebenso die reichen Frauengräber vom Ipf, Bad Dürkheim, Kleinaspergle und Schöckingen. Letztere stand in enger Verbindung zum Fürsten vom Hohenasperg. Für die Priesterinnentheorie spricht auch die Tatsache, dass die »Prinzessin« von Vix trotz oder vielleicht gerade wegenihrer offensichtlichen Behinderungen eine unglaubliche Machtposition innehatte.
All diese Funde runden das Bild ab, das sich ergibt, wenn
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