Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
buchstäblich aufsaugt.
Diese Verschiebung geschieht nicht von heute auf morgen, sondern zieht sich über Jahre, Jahrzehnte hin. Es ist auch nicht so, dass die östlicheren Regionen nun völlig verwaist zurückbleiben. Wahrscheinlich ist für den einfachen Bauern oder Viehzüchter die Veränderung noch nicht einmal wahrnehmbar. Dass es jedoch eine reale Verschiebung der Macht und vor allem des Wohlstands ist, davon zeugen die Gräber der neuen Herrscher der Hallstattzeit. Sie sind reicher als alles, was aus den östlichen Zentren bislang bekannt ist.
Das Ende des 6. vorchristlichen Jahrhunderts bringt noch eine weitere Veränderung. Nach dem Zusammenbrechen ihres Mittelmeerhandels beginnen die Griechen, ihre keltischen Handelspartner mit anderen, aufmerksameren Augen zu sehen. Sie erwähnen sie ab jetzt verstärkt in ihren Schriften, und das sogar recht detailliert. So beschreibt der Reiseschriftsteller Hekataios von Milet um 500 v. Chr. zwei keltische Städte, die er mit Namen kennen will: Narbo (das heutige Narbonne in Südfrankreich) und Nyrax (vermutlich Nyons in Südostfrankreich, im Département Drôme).
Ohne es zu bemerken, haben die Kelten die Aufmerksamkeit der Geschichtsschreibung auf sich gelenkt und sind damit in das geschichtliche Zeitalter eingetreten.
Die »alten« Hallstattfürsten hatten mehr als 500 Jahre Zeit, ihre Macht und ihren Wohlstand zu mehren – und natürlich auch zu genießen. Den »neuen« Herren der Hügelfestungen bleiben dagegen nur wenige Jahrzehnte. Dann sehen sie sich plötzlich mit neuen Einflüssen und Ereignissen konfrontiert, die so schnell so stark werden, dass sie alles umstoßen, was bis dahin die Grundpfeiler der keltischen Gesellschaft dargestellt hat. Tatsächlich gehören unsere Prinzessin von Vix sowie der Fürst von Hochdorf zu den Letzten, die noch in der Epoche von der Macht kosten dürfen, die wir die Hallstattzeit nennen.
Der Konflikt bricht aus
Dass sich die Zeiten ändern, merken die Hallstattfürsten daran, dass ihnen plötzlich die Luxusgüter knapp werden, mit denen sie sich Macht und Einfluss erkauft haben. Die Gründe dafür verstehen sie selbst als gestandene Geschäftsleute jedoch nicht sofort, was man ihnen auch nachsehen muss. Sie leben in einer Zeit, in der die Erzählungen von Reisenden und Händlern die einzigen Informationsquellen sind, und haben realistisch betrachtet keine Chance zu erfassen, welche Kräfte da außerhalb ihrer Einflussgebiete am Werke sind. Diese sind so komplex, dass viele Aspekte noch heute im Dunkeln liegen und die Beantwortung vieler Fragen selbst für die moderne Wissenschaft nach wie vor der Spekulation unterworfen ist.
Fakt ist: Zwischen 500 und 480 v. Chr. brechen die Machtzentren der Handelsfürsten komplett zusammen. Die Burgen und größeren Siedlungen werden größtenteils verlassen, einige dieser Hügelfestungen, wie zum Beispiel die Heuneburg, gehen gar in Flammen auf.
Aber warum?
Um 490 v. Chr. herum wird der bis dahin blühende Handel der Kelten mit Massalia quasi von heute auf morgen unterbrochen. Nicht nur, dass wie gesagt die Luxusgüter, durch deren Verteilung sie bislang ihre Macht gesichert hatten, knapp werden. Schlimmer noch: Die neuen »Gegner« bringen neue, bessere Waffen und attraktivere Keramik- und Bronzegefäße in Umlauf.
Das Zusammenbrechen der Hallstattstrukturen bedeutet jedoch keineswegs das Ende der keltischen Gesellschaft der Früheisenzeit. Zeitgleich mit dem Untergang der alten Machtzentren entstehen nördlich davon, in den Gebieten um die Flüsse Marne und Moselle sowie am mittleren Rhein, sehr wohlhabende, wohl organisierte Gemeinschaften, die sich von ihrem inneren Aufbau her durch ein wesentliches Kriterium von den Hallstattkommunen unterscheiden: Die Herren dieser neuen Gemeinschaften sind keine Händler.
Es sind Krieger.
Galli .
Werden die Hallstattfürsten zu Beginn des 5. vorchristlichen Jahrhunderts quasi über Nacht von einem Umsturz überrascht? Oder haben sie einfach die Zeichen nicht erkannt? Nicht erkennen wollen?
Dabei sind diese Zeichen deutlich. Und sie weisen untrüglich auf einen weiteren Mitspieler um die Macht in Südeuropa hin.
Die Grabbeigaben in den Hallstattgräbern der letzten Jahrzehnte des 6. vorchristlichen Jahrhunderts unterscheiden sich in einigen Details von ihren älteren Vorgängern. Hat man dem Toten für seine Gelage im nächsten Leben vorher noch Keramikgeschirr mitgegeben, so wird jetzt allmählich auf Bronze umgestellt. Das lässt
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