Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
man sich die Lage der Machtzentren entlang der hallstättischen Zeitlinie ansieht. Noch zu Beginn der Hallstattzeit konzentrieren sich diese Zentren um die obere Donau herum, auf das Gebiet des heutigen Böhmen, Oberösterreich und Bayern. Ab dem mittleren 6. vorchristlichen Jahrhundert verschiebt sich das Machtgefüge. Die wohlhabenden Fürstensitze erscheinen nunmehr verstärkt in Württemberg, der Schweiz, am Oberrhein und im östlichen bis nordöstlichen Frankreich.
Die Suche nach dem Grund für diese Verschiebung führt uns nicht nur zurück zu der Eingangsgeschichte, zu der ersten Begegnung des Griechen Demetros mit dem keltischen Kriegsherrn Bolg, sondern in Gebiete ganz außerhalb des Hallstattkreises …
Machtkämpfe im Mittelmeer – Teil I
Bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. beginnen die griechischen Staaten, außerhalb des griechischen Mutterlandes Koloniestädte zu errichten, um Handelsstützpunkte in der Nähe der wichtigsten Handelsrouten und Rohstoffquellen zu haben. Dass sich diese Städte wie Perlen einer Halskette an der Mittelmeerküste aufreihen, liegt dabei in der Natur der Sache: Die Griechen sind eine Seefahrernation. Dass sich diese Koloniestädte in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Gründung fast ausschließlich als dem Meer zugewandte Hafenstädte verstehen, ist auch nachvollziehbar. Doch Mitte des 6. vorchristlichen Jahrhunderts treffen verschiedene Ereignisse zusammen, die das Gleichgewicht im Mittelmeerraum komplett kippen.
Im Jahr 546 v. Chr. greift der Perserkönig Kyros das Reich des legendären König Kroisos von Lydien an und unterwirft bei dieser Gelegenheit auch die griechischen Koloniestädte an der westanatolischen (= kleinasiatischen) Küste. Deren Einwohner verlassen Kleinasien in großer Zahl. Etliche Händler siedeln sich in ihrer Kolonie Alalia an, auf der Insel, die heute den Namen Korsika trägt.
Etwa zur selben Zeit bilden die inzwischen in Norditalien ansässigen Etrusker eine Allianz mit den aufstrebenden Karthagern Nordafrikas. Zwar können die Griechen (konkret die Phoker) 539 v. Chr. in einer heftigen Seeschlacht letzten Endes ihre Stellung behaupten, doch fällt ihre Kolonie Alalia an die etruskisch-karthagische Allianz. Die Phoker ziehen sich daraufhin ins südliche Italien zurück. Ihre Seehandelswege in den westlichen Mittelmeerraum, nach jenseits der Balearen, brechen zusammen, als die Straße von Gibraltar besetzt und gesperrt wird. Dadurch sind sie von Tartessos abgeschnitten, dem wichtigsten Seeumschlagplatz für Zinn an der Mündung des Guadalquivir in den Atlantik. Erst jetzt, in der Not, richten die Einwohner der fast isolierten Koloniestadt Massalia im heutigen Südfrankreich ihr Interesse vom Meer weg auf das Hinterland ihrer Kolonie. Dumm nur, dass sich über etliche Kilometer landeinwärts kein Mensch für griechischen Wein und kostbare Keramik interessiert. Das ändert sich jedoch, als sie weiter nördlich in das Herrschaftsgebiet kleinerer Fürsten vorstoßen. Diese kämpfen etwas abseits der eingefahrenen Handelsrouten (genauer: etwa 200 bis 300 Kilometer westlich der alten, mächtigen, »etablierten« Hügelfestungen) mit einem ernsthaften Problem. Sie müssen sich teuer das erkaufen, was den Fürsten weiter östlich quasi in den Schoß fällt: Luxusgüter, die Macht verheißen. Und da Letztere diese Güter eifersüchtig hüten, weil sie ihnen ihre eigene Machtposition garantieren, sind sie nicht nur annähernd unerschwinglich, sondern oft genug auch gar nicht erhältlich.
Doch was dem einen sein Uhl ist dem anderen sein Nachtigall. Die verzweifelten Massalioten sind begierig darauf, ihre neuen Landhandelswege auszubauen, und das lassen sie sich etwas kosten. So entstehen zwischen dem Oberlauf der Rhône, der Saône und östlich und westlich des Rheins einschließlich des Donauquellgebiets nichtnur Handelszentren, die denen im Osten gleichwertig sind. Es findet eine reale Verschiebung der Machtverhältnisse statt.
Massalia pumpt über mehr als 40 Jahre hinweg nicht nur unglaublich viel Wohlstand im Sinne von reinen Warenmengen über das Rhônetal flussaufwärts in die Region. Der Wein, die Keramik, vor allem aber die Metallwerkzeuge und Waffen übertreffen die im Osten deutlich, sodass man schon von einer neuen Generation von Luxusgütern sprechen kann. Der Mechanismus, der den Hallstattfürsten im Osten ihre Macht sichert, funktioniert im Westen sogar noch besser. Er funktioniert so gut, dass er die Macht der östlichen Zentren
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