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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Schlachten für diesen kämpfen. Um diese Verpflichtung auch nicht zu vergessen, haben die höhergestellten Familien des unterlegenen Stammes Geiseln zu stellen.
    Wer sich für die Flucht entscheidet, der sollte schnell laufen können. Vor dem Feind fliehen, obwohl man noch seine Waffen hat und nicht verletzt ist, gilt als der Inbegriff der Schande und wird entsprechend geahndet. Reitereinheiten des Siegers schwärmen aus und metzeln jeden nieder, den sie erwischen können. Dabei haben diejenigen, die auf der Flucht getötet werden, nach modernen Maßstäben noch Glück. Weniger erfreulich verläuft die Angelegenheit für diejenigen, die sich lebend gefangen nehmen lassen. Auf sie wartet ein unwürdiges, sklavenähnliches Leben, mit der Möglichkeit, an Händler aus dem Süden verkauft zu werden. Dieses, um das unwürdige, sklavenähnliche Leben in Etrurien, Italien oder Griechenland bis zum Tode fortzusetzen. Eine andere Alternative in der Behandlung der Gefangenen gilt bei klassischen Berichterstattern, allen voran Gaius Iulius Caesar, immer wieder als Beweis dafür, wie primitiv und barbarisch diese furchtbaren Kelten sind: die rituelle Opferung, bei denen Kriegsgefangene die bevorzugten Objekte sind. Aus keltischer Sicht stellt die Opferung dagegen fast so etwas wie eine zweite Chance dar, um diesen Männern eine letzte Gelegenheit zu geben, als aufrechte Krieger in die Andere Welt einzuziehen. Es ist die schmerzhafteste aller bekannten Todesarten: Die Opfer werden in einen großen Flechtwerkkorb gesperrt und bei lebendigem Leib verbrannt. Diejenigen, die nicht einmal dieses Todes würdig sind, werden erdolcht oder erhängt.
Keltische Kriegführung – strukturiertes Chaos?
    Das uralte Schachspiel (das sich übrigens unter dem Namen gwyddbwyll – »hölzerne Weisheit« bei Druiden und keltischen Aristokraten großer Beliebtheit erfreut) ist ja bekanntlich nichts anderes als Kriegführung mit Figuren auf einem Brett nach festen Regeln. Frage: Wer ist für einen ambitionierten Schachspieler, der 1000 bewährte Strategien nebst unzähligen Partien im Kopf hat und in Gedanken immer schon mehrere Züge weiter ist, der schlimmste Gegner? Antwort: Derjenige, der mit wenig theoretischem Wissen, großen Lücken im Regelwerk, dafür aber mit viel Leidenschaft spontan von Zug zu Zug entscheidet, scheinbar sinnlose Opfer riskiert und damit unberechenbar wird.
    Das dürfte in etwa der Eindruck sein, den die Heere Makedoniens, Griechenlands und Roms von den keltischen Heerscharen gewinnen, als diese ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. beginnen, über die Alpen hinweg und die Donau entlang ihr Einflussgebiet zu erweitern. Für diese streng strukturierten militärischen Systeme erschließt sich die Art und Weise, wie keltische Heere funktionieren, nur sehr langsam, und es sind Lektionen, die sie teuer bezahlen müssen. Es dauert mehrere Jahrzehnte, teilweise sogar Jahrhunderte, bis es ihnen gelingt, diese Eigenheiten zu ihrem Vorteil umzukehren.
    Einer der grundlegenden Unterschiede zwischen Heeren der klassischen Kulturen der Antike und den Kelten ist, dass Letztere noch nicht einmal ein einheitliches Heer darstellen. Nur wenige Männer in der keltischen Militärgeschichte haben es geschafft, größere Heeresverbände unter einem Kommando zu vereinen, wie Vercingetorix in Gallien oder Ortiagon in Kleinasien. Und immer waren dazu zwei Faktoren notwendig: das Charisma der Führungspersönlichkeit und ein gemeinsamer mächtiger Feind.
    Um es einmal in direktem Vergleich zu zeigen: Wenn Rom beschließt in den Krieg zu ziehen, dann geschieht das in Zeiten der Republik auf der Grundlage eines Senatsbeschlusses. Der Senat befindet auch darüber, dass Soldaten rekrutiert, ausgebildet und dann unter die Führerschaft einer militärischen Hierarchie gestellt werden. Im Kampf folgen sie streng der Befehlskette. Befehlsmissachtung oder gar -verweigerung haben ernste Folgen, die über körperliche Züchtigung bis zur Hinrichtung reichen. Für einen Römer ist das Dasein als Legionär eine Arbeit wie die eines Handwerkers, mit dem Unterschied, dass er regelmäßig bezahlt wird und am Ende seiner Dienstzeit eine Gratifikation meist in Form von Land erwarten kann. Aufgrund dieser sozialen Absicherung ist der Legionärsberuf in der Regel sehr begehrt. Allerdings verringert sich die Begeisterung zeitweise spürbar, wenn Rom gegen einen unpopulären weil renitenten Feind zieht. So geschehen im Falle der spanischen Keltiberer des 2. vorchristlichen

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