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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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lernen die Römer im 2. Jahrhundert in Spanien kennen. Die Keltiberer im spanischen Hochland gehen über Jahrzehnte hinweg eineroffenen Feldschlacht mit einer Sturheit aus dem Weg, die die römischen Oberfeldherrn reihenweise verzweifeln lässt. Rom verliert in seiner den Karthagern abgetrotzten neuen Provinz in 60 Jahren mehr als 80

000 Legionäre, denn die Kelten des spanischen Hochlands sind wahre Meister der Guerillakriegführung. Kleine berittene Einheiten führen blitzschnelle Angriffe mit dem Ziel, möglichst viele Männer zu töten oder den Tross mit den Vorräten zu plündern. Die Anführer solcher Blitzattacken sind erwartungsgemäß die Stars ihrer Stämme.
    Für den keltischen Krieger ist also nichts schlimmer, als das Gesicht zu verlieren, und zwar noch nicht einmal gegenüber dem Feind, sondern vor allem in den Augen der eigenen Leute. Ist die Lage aussichtslos, stürzen sie sich in die Waffen des Feindes oder wählen den Freitod. Eine Begebenheit aus dem Krieg der Römer in Spanien zeigt, dass dabei auch der Tod von eigener Hand etwas ist, was dramatisch inszeniert werden kann. Als die Belagerung der letzten keltiberischen Bastion, der Hügelfestung Numantia durch die Römer bereits dem Ende zugeht, und die einzigen zur Disposition stehenden Alternativen die bedingungslose Kapitulation oder der Tod durch Verhungern sind, veranstaltet einer der hohen Kriegsherren Kampfspiele der besonderen Art. Die Krieger der Numantiner treten im Zweikampf gegeneinander an und die Besiegten empfangen nach ehrenvollem Kampf dankbar den Tod aus den Händen ihrer Kameraden. Die Überlebenden, die nach dem anstrengenden Kampf zu schwach sind, um weiter gegen die Römer zu streiten, finden letztlich ihr Ende, indem sie sich in die Flammen der brennenden Häuser ihrer sterbenden Bergstadt stürzen.
    Zu guter Letzt soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Kelten im Krieg nicht durch übertriebene Geduld auszeichnen. Klappt ein Angriff nicht gleich beim ersten Anlauf, dann ist es nicht selten, dass die Herren Krieger die Lust verlieren und den Kampf aufgeben.
    Was in den Kämpfen der keltischen Stämme untereinander von eher untergeordneter Bedeutung ist, wird im Krieg gegen die organisierte Militärmaschinerie Roms zu einem wesentlichen Schwachpunkt: In Heeren, in denen der Individualismus in Reinkultur regiert, sind Aktionen, die die Zusammenarbeit aller Akteure bedingen, faktisch nicht umsetzbar. Flüsse stellen für ein keltisches Heer auf dem Marsch unüberwindbare Hindernisse dar, da ihnen die Logistik zum Brückenbau fehlt. Wahrscheinlich dauern die Feldzüge gegen andere Stämme auch deshalb meist nur einen Tag, weil es die Kelten schon vor schier unlösbare Probleme stellt, ihre eigene Versorgung und den entsprechenden Nachschub zu organisieren. Gelegentlich berichten römische und griechische Feldherren sogar von Begebenheiten, wo sie bei Auseinandersetzungen mit den Kelten einfach nur gewartet haben, bis diese Hunger bekamen, zusammenpackten und nach Hause gingen.
    Belagerungen von befestigten Siedlungen widersprechen der Kriegerehre. Was ist schon ehrenvoll daran, um ein Dorf herumzusitzen und zu warten bis die anderen herauskommen um zu kämpfen oder sich zu ergeben? Belagerungen sind wider die Natur von derart ungeduldigen Kriegern wie den keltischen. Rein praktisch betrachtet wäre es keltischen Heeren aufgrund ihrer internen Struktur (oder besser: der weitestgehenden Abwesenheit einer solchen) auch völlig unmöglich, einen solchen logistischen Kraftakt wie eine Belagerung zu bewältigen. Dennoch hält das viele keltische Stämme nicht davon ab, die Hügelfestungen mit massiven, strategisch ausgefeilten und großzügig dimensionierten Verteidigungsanlagen, aufwändigen Torkonstruktionen und der selbst für römische Belagerungsmaschinen hart zu knackenden murus gallicus (eine massive Mauer aus Holzbalken, Erdreich und Steinblöcken) auszustatten. Sie erfüllen denselben Zweck, wie die Mauer griechischer Bauart der hallstättischen Heuneburg mehr als 200 Jahre zuvor: Show – reine Selbstdarstellung.
    Noch einmal zurück zu dem jungen keltischen Krieger Aleso und seiner ersten Schlacht. Er hat während der Einzelkämpfe sehnsüchtig nach vorn gestarrt, hat neuen Stoff für seine Kriegerträume gesammelt, und genießt das neue, große Gefühl, zur Kriegergemeinschaft des Stammes zu zählen. Dass er nicht zum Kämpfengekommen ist, muss ihn nicht weiter bekümmern. Er ist in bester Gesellschaft, denn bei

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