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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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angeschlossen haben sollen, der zumindest für die Würdenträger der oberen Kategorie recht unerfreuliche Konsequenzen hatte. Diese haben sich im Rahmen von Kultzeremonien einer rituellen Selbstentmannung zu unterziehen…
    Der keltische Gott Cernunnos. Zeichnung nach einem Relief auf dem Kessel von Gundestrup. Diese Figur ist ein schönes Beispiel für die fortgeschrittene Handwerkskunst der späten La-Tène-Zeit. Im Gegensatz zu der Cernunnos-Statue aus der Hallstattzeit (s. Abb. auf Seite 68) repräsentiert dieser Cernunnos ganz klar die Geisteswelt der Kriegergesellschaft: Die Torque, ein massiver Halsreifen, ist ein Statussymbol der Krieger.
    Die Götter sind also vielleicht nicht ganz einfache, anspruchsvolle, allgegenwärtige Mitglieder der keltischen Gemeinschaft, mit denen sich gut auskommen lässt.
    Solange man bestimmte Regeln befolgt.
Rituale: Dialog mit den Göttern
    Man sagt ›Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft‹. Die Kelten haben nichts zu verschenken. Sie erbitten – und erwarten – konkrete Gegenleistungen. Opferungen sind also eigentlich Geschäfte; man möchte, dass die Götter und Geister etwas für einen tun. Und bei Göttern, die launenhaft sind und auch sonst jede Menge menschliche Eigenschaften aufweisen, zahlt man auch schon mal dafür, dass man nicht Opfer ihrer Launenhaftigkeit wird. Diese antike Variante der ›Schutzgelderpressung‹ hat ganz offensichtlich überlebt, denn wir erleben sie alljährlich an Halloween, wenn die kleinen Geister an der Tür klingeln und »Trick or treat!« – »Süßes oder Saures!« rufen.
    Opferungen sind die am weitesten verbreitete Möglichkeit, sich mit den Göttern zu arrangieren. Wenn es um das Wohl des gesamten Stammes geht, dann sorgen auch alle gemeinschaftlich dafür, dass genug Opfergaben da sind. Handwerker fertigen spezielle Votivgaben (rituelle Gefäße, kleine Statuetten). Kriegsbeute ist zum größten Teil für Opferhandlungen vorgesehen. Verteilt wird nur was übrig bleibt, nachdem die »Opferkasse« des Stammes aufgefüllt ist.
    Bereits geopferte Gegenstände sowieso, aber auch solche, die für die Opferung vorgesehen sind, können bedenkenlos an völlig unbewachten Orten deponiert werden. Niemand stiehlt aus einem solchen Lager oder gar einem Schrein. Noch nicht einmal, weil demjenigen für dieses Sakrileg zur Besänftigung der bestohlenen Götter Folterung und Tod drohen würde. Das wäre eigentlich nur eine Formsache und muss unter Umständen noch nicht einmal den eigentlich Schuldigen treffen. Viel wichtiger ist: Man hat einen Vertrag mit den Göttern. Ihnen den Kaufpreis vorzuenthalten oder gar wieder wegzunehmen, wäre Vertragsbruch, und der hätte Konsequenzen. Diese würden alle treffen. Also auch, wenn ich selbst nicht erwischt werde, kann ich der Strafe letztendlich nicht entrinnen.
    Dieses Wissen scheint bis in unsere Tage überlebt zu haben. In entlegenen Gebieten Irlands werfen alte Torfstecher gefundene Gegenstände in den Sumpf zurück – zum verständlichen Entsetzen der Archäologen. Aber was soll man machen? Schließlich bringt es Unglück etwas zu nehmen, was offensichtlich bereits den Göttern angeboten worden ist …
    Wenn ein keltischer Stamm das Territorium eines anderen besetzt, sind die Heiligtümer tabu. Erst nicht keltische Eindringlinge, namentlich die schlecht bezahlten Legionen Roms, unter ihren zum Teil hoch verschuldeten Feldherrn, betrachten die Opferstätten als willkommene Quellen zur Aufbesserung der Bezüge.
    Sie finden diese Opferstätten nicht in den Siedlungen der Menschen, die sie vertreiben. Wenn sie die Schreine entdecken, dann meist zufällig, auf Hügelspitzen, in Grotten und in Wäldern. Eine ganz besondere Beziehung haben die Kelten zu Wasser. Für sie sind Quellen, Teiche und Seen nicht einfach nur stehende und fließende Gewässer, sondern vor allem Verbindungen zur Welt der Götter und Geister. Was liegt also näher, als sie auch als Orte der Kommunikation im Sinne des Leistungsaustauschs zu nutzen?
    Wasseropfer gibt es überall, wo die Natur die Voraussetzungen dafür geschaffen hat. Nicht zuletzt ist auch La Tène, der Ort, der der ganzen Periode ihren Namen gegeben hat, nichts anderes als einesolche Opferstätte. Eines der reichsten Depots finden die römischen Legionen unter Konsul Quintus Servilius Caepio im Jahr 106 v. Chr. in einem See in der Nähe des heutigen Toulouse, vormals Tohiosa (= »kostbares Wasser«), der Stammeshauptstadt der Tectosagier. In Irland hält

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