Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
der Götter steigt, kommen auch Menschen dazu. Allerdings sterben sie nicht einfach so, sondern der Empfänger des Opfers bestimmt dessen Todesart. Opfer an den Gott des Stammes (»Teutates«) werden ertränkt, Taranis erwartet, dass die ihm Zugedachten verbrannt werden, und Esus verlangt, dass Opfer an ihn erhängt und rituell verwundet werden.
Ein Ort, an dem die Verzweiflung der Menschen offenbar besonders groß war, liegt an der Somme, in der Nähe des heutigen Ribemont-sur-Ancre. Hier wurden mehrere Hundert Krieger nach ihrem Tod in einer vermutlich rituellen Schlacht enthauptet und ihre kopflosen Körper auf überdachten Podesten aufrecht stehend – wie in einer Schlachtordnung – arrangiert.
Kriegsgefangene gelten im ewigen Geschäft mit den Göttern als bevorzugte Opfer. Sie erfahren, was die Todesart angeht, gelegentlich eine etwas abweichende Behandlung. Ihnen wird über einem Kessel die Kehle durchgeschnitten, ein Ritual, was interessanterweise fast immer in Anwesenheit von Priester innen durchgeführt wird. Dann werden die Toten enthauptet und ihnen die Gliedmaßen abgetrennt. Die fleischlosen Knochen (wobei nicht bekannt ist, ob man die Überreste einfach für eine gewisse Zeit der Verwesung preisgibt oder das Fleisch manuell entfernt wird), stapelt man fein säuberlich übereinander.
In Zeiten, in denen der Beistand der Götter besonders gefragt ist, stellen Einzelpersonen ihr eigenes Schicksal unter das der Gemeinschaft.
D er monotone Gesang der Druiden verstummt. Ohne zu zögern tritt Deardoch in den Kreis. Er ist ruhig, weiß genau, was man von ihm erwartet und was er tut. Er weiß auch, dass er sich heute für ewig die Hochachtung seines Stammes und der Götter verdient.
Als Deardoch die Mitte des Kreises erreicht, bleibt er einfach stehen und spreizt die Arme vom Körper ab. Zwei Frauen treten neben ihn und heben ihm seinen weißen Umhang von den Schultern, ganz vorsichtig, damit der Stoff seine Hände nicht berührt. Die kühle Abendluft streicht um seinen nackten, mit zahlreichen Tätowierungen verzierten Körper. Sein Geist ist völlig klar. Der oberste Druide des Stammes kommt auf ihn zu und reicht ihm einen goldenen Becher, in dem eine trübe Flüssigkeit schwappt. Mit undurchdringlichem Blick setzt er Deardoch einen goldenen Becher an die Lippen. Der schlierige, leicht bittere Trank gleitet weich seine Kehle hinunter. Der Druide tritt zwei Schritte zurück und sieht ihm aufmerksam in die Augen.
Nach einer kleinen Weile spürt Deardoch ein leichtes Brennen im Magen, das aber schnell einer beruhigenden Wärme weicht. Einer Wärme, die sich ausbreitet, die schließlich auch den Kopf erreicht, seine Gedanken einlullt.
Starke Arme packen ihn, als ihm die Beine unter seinem plötzlich unendlich schweren Körper wegsacken. Durch Nebelschleier sieht er noch, wie ihm der Druide ein Fellamulett um den Hals hängt. Den weiß gekleideten Mann, der mit einer schweren Bronzekeule hinter ihn tritt, bemerkt er nicht mehr. Das Letzte, was er wahrnimmt, ist, wie plötzlich sein Schädel zu explodieren scheint. Feurige Ringe erscheinen vor seinen Augen, die ganz langsam in beruhigendes Schwarz übergehen …
Die Druiden stehen und sehen zu, wie der Todgeweihte nach dem Schlag auf den Kopf zusammensackt. Der oberste der heiligen Männer gibt ein Zeichen. Die Gehilfen, die den Mann halten, lassen ihn langsam auf die Knie sinken, während sich ein Dritter hinter ihnen aufstellt. Mit einer schnellen Bewegung wirft er dem Opfer eine dünne, gedrehte Schnur um den Hals und zieht fest zu. Die Helferbereiten sich darauf vor, fest zupacken zu müssen, doch mehr als ein paar unkontrollierte Zuckungen bringt der geschwächte Körper nicht mehr zustande. Als auch diese kaum noch wahrnehmbar sind, lässt der Druide die Kordel fahren, greift in seinen Gürtel und holt einen kleinen Dolch mit scharfer Klinge hervor. Seine linke Hand greift den Haarschopf des Mannes und zieht den Kopf nach hinten. Die Rechte schneidet mit geübter Bewegung die Kehle durch. Kaum hat der Priester sein Tun beendet, springen alle zurück. Aufmerksam beobachten die Druiden den Fall des leblosen Körpers und den Fluss des Blutes. Aus ihren Gesichtern spricht Besorgnis. Die daraus abzulesenden Zeichen versprechen nichts Gutes.
Als sie ganz sicher sind, dass er sich nicht mehr bewegen wird, dreht sich der oberste Druide herum und hebt die Schultern. Vier Männer nehmen den Leichnam auf. Es ist noch nicht vorbei. Noch nicht ganz. Langsam
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