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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gegen den übermächtigen Gegner zusammenzuschließen.
    Bislang war der Po als Grenze zwischen keltischem und etruskischem Gebiet anerkannt. Jetzt stehen die Horden der keltischen Boii voller Tatendrang auf der anderen Seite des Flusses. Da das Land auf ihrer Seite für die nachrückenden Menschenmassen nicht mehr ausreicht, setzen die aus Böhmen weggezogenen Kelten über und erobern das nördliche Etrurien.
    Dort bleiben die Neuankömmlinge nicht lange. Die militärisch geschwächten Etrusker haben den Eindringlingen nicht viel entgegenzusetzen. Die Kelten rücken schnell vor und lassen sich auf dem Gebiet der heutigen Romagna nieder. Hier errichten sie keine eigene neue Stammeshauptstadt, sondern übernehmen das befestigte Felsina und nennen es Bononia. Die auf den mächtigen Stammesverbund hinweisende Silbe ›Bo-‹ bleibt über die Jahrtausende bestehen. Die Stadt heißt heute Bologna.
    Doch der Alptraum der Etrusker ist noch nicht vorbei. Im Gegenteil, genauer betrachtet hat er gerade erst begonnen.
    Die Senonen, ein mächtiger keltischer Stamm, der laut Livius gemeinsam mit Bellovesus aufgebrochen war, kommen jetzt als Nachzügler über die Alpen und halten sich auch gar nicht erst lange in der Poebene auf, die inzwischen zu beiden Seiten des Flusses komplett keltisch besiedelt ist. Sie suchen und finden ihre neue Heimat an der Adriaküste zwischen dem heutigen Rimini und Ancona. Natürlich beherrschen sie als Kriegervolk die Region. Gleichzeitig sind sie in religiösen Fragen tolerant. Zu einem gewissen Grad verschmelzen Eroberer und Besiegte. Aus Grabfunden wissen wir, dass die Kelten zum Teil etruskische Begräbnisriten übernehmen. In keltischen Gräbern finden sich Opfergaben für etruskische Gottheiten, während die einheimischen Etrusker ihrerseits Gefallen an der keltischen La-Tène-Kunst finden. Dies beweisen wiederum keltische Gegenstände, die die Etrusker ihren eigenen Toten mit auf die letzte Reise geben.
    Jetzt trennt nur noch der Apennin das Kernland der Etrusker von den keltischen Siedlungsgebieten, und inzwischen sehen auch die etruskischen Tusker ihr Land, die Toskana, bedroht. Der Schrecken lässt auch nicht lange auf sich warten.
Der Feind meines Feindes… ist mein Feind? – ein diplomatischer Lapsus mit Folgen
    Nur fünf Jahre nach ihrer Ansiedlung an der Adriaküste packt die Senonen die Unruhe. Wodurch sie ausgelöst wird, ist nicht bekannt. Einige Geschichtsschreiber der Antike berichten, dass sie sogar gerufen werden, von einem Mann aus Clusium (heute Chiusi), dessen Ziehsohn seine Frau verführt haben soll, auch in der Antike bereits eine Straftat. Die mächtige Familie des Verführers habe dann wohl verhindert, dass dem Gehörnten Recht widerfahre. Daraufhin habe dieser aus Rache die Kelten zu seiner Heimatstadt geführt. Ein mögliches, wenn auch unbewiesenes Szenario.
    Die Kelten überqueren in großen Zahlen unter der Führung eines Feldherrn mit dem Namen Brenn (latinisiert Brennus) den Apennin und stehen im Jahr 391 v. Chr. vor Clusium. Diese ist keine Grenzstadt, sondern liegt tief im Kernland des gebeutelten etruskischen Volkes.
    Als der Leidensdruck der Belagerten wächst, unternehmen die Stadtherren von Clusium einen Schritt, der die tiefe Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit demonstriert und ein bezeichnendes Licht auf die Beziehungen der etruskischen Städte untereinander wirft: Sie bitten ihren Erzfeind Rom, nicht etwa die benachbarten etruskischen Städte, um Hilfe.
    Für Rom gilt es, zwischen zwei Optionen abzuwägen. Option eins. Die Etrusker sind Roms erklärter Feind. Warum nicht warten, bis die Kelten sie komplett besiegt haben, und in der Zwischenzeit die Ressourcen zusammenziehen, um die eigenen Grenzen gegen weitere Vorstöße der Barbaren nach Süden zu sichern? Option zwei. Warum nicht den Etruskern militärische Hilfe anbieten und ihnen im Gegenzug den Unterwerfungseid abnehmen? Wie immer man sich entscheidet, das Risiko bliebe überschaubar. Bei Option zwei würde man zwar den Kampf gegen die Kelten forcieren (was unter Umständen lediglich bedeutet, ihn zeitlich vorzuverlegen), hätte aber gleichzeitig Verstärkung von den neuen etruskischen Verbündeten.
    Rom macht in dieser Situation, in der es so viel gewinnen kann, einen fatalen Fehler. Genau genommen sind es sogar zwei Fehler.
    Erstens. Rom schickt kein Heer, sondern lediglich Abgesandte. Diese sollen zum einen den Etruskern übermitteln, dass Rom sich militärisch nicht einzumischen gedenkt. Zum

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