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Herrscher der Eisenzeit

Herrscher der Eisenzeit

Titel: Herrscher der Eisenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Hauptmann
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nehmen. Aber vielleicht war auch nur sein schlechtes Latein schuld …
    Es hatte auch keine Bedeutung, denn der Kaiser hatte unmittelbar nach der Sitzung sein Heer gesammelt und war mit seinem neuen Freund in Richtung gallische Küste aufgebrochen.
    Und jetzt sind sie hier, am Hafen, von dem aus die Unternehmung starten wird, die ihm, Adminius, den Thron der Cassi einbringen wird. Das Wetter ist perfekt, ein leichter Wind, der die Boote stolz auf dem Wasser dahingleiten lassen wird. Allein der Anblick der römischen Flotte wird seine Feinde klein erscheinen lassen!
    Aber was passiert jetzt? Der römische Kaiser scheint das Zeichen zum Halten gegeben zu haben. Will er jetzt noch eine Ansprache halten? Adminius seufzt. Nun, wenn es denn hilft?
    Der britannische Kriegerprinz versteht nicht viel von dem, was Gaius Caesar Augustus Germanicus da redet. Aber auch die Legionäre schauen einigermaßen verständnislos, nein, sogar hilflos drein. Adminius atmet auf, als er sieht, dass wieder Bewegung in die Reitereinheiten kommt. Warum lösen sich die Formationen jetzt auf? Warum, bei allen Göttern, verteilen sich die römischen Reiter über den ganzen Strand? Und warum sitzen sie jetzt sogar ab? Er schüttelt den Kopf, als würde das die Bilder vertreiben. Was tun sie da?
    Wie Käfer kriechen sie über den Sand und sammeln irgendetwas auf.
    Adminius ist verwirrt. Seine Kampfgefährten fragen ihn mit gedämpfter Stimme, ob er ihnen erklären kann, was dort vorn vor sich geht. Adminius kann es nicht. Er stößt seinem Pferd die Fersen in die Weichen, sodass es einen Satz nach vorn macht. Er muss näher heran, er muss sehen, was dort geschieht.
    Als er es sieht, ist er kurz davor, den Verstand zu verlieren. Die großen Legionen Roms kriechen über den Strand – und sammeln Muscheln!
    Von einem Augenblick auf den anderen versinkt Adminius Welt in einem undurchdringlichen Dunkel …
    Bis heute rätseln die Historiker, ob Caligula tatsächlich geistesgestört war, oder ob seine Aktionen (wie das Muschelnsammeln an der gallischen Küste, oder die Nominierung seines Pferdes für das Amt des Konsuls) nur Provokationen an die Adresse des Senats darstellten. Die Wahrheit findet sich wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Doch mögen seine Befehle noch so lächerlich auf die Legionen gewirkt und Adminius zur Verzweiflung getrieben haben. Allein die Präsentation eines kompletten Invasionsheeres an der westgallischen Küste dürfte im Jahr 40 n. Chr. einen bleibenden Eindruck auf der anderen Seite des Kanals hinterlassen haben.
    Und Irritationen. Denn auch in Südbritannien haben sich die Zeiten gewandelt. Die Cassi haben sich alle für die Kontrolle des Handels relevanten Gebiete auf die eine oder andere Art und Weise gefügig gemacht. Sie können es sich auf der politischen Ebene nicht mehr leisten, einen aggressiven antirömischen Kurs zu fahren. Luxus wollen und seiner Quelle gegenüber feindselig auftreten, funktioniert nun einmal nicht. Noch unter Cunobelin hatte sich das Verhältnis zu Rom spürbar entspannt, insofern führt die Machtdemonstration des Caligula sowohl bei den Cassi als auch bei den ohnehin römerfreundlichen Stämme Südostbritanniens zu einigen Verstimmungen, selbst als sie sehen, dass die Römer letzten Endes wieder abziehen. Die Stimmung kippt, die antirömische Partei, in der Togodum und Caradoc vom Stamm der Cassi führende Vertreter sind, gewinnt innerhalb der nächsten beiden Jahre erheblich an Macht, vor allem, als 41 oder 42 n. Chr. der inzwischen als gemäßigt geltende Cunobelin stirbt und Togodum ihm auf den Thron folgt.
    Das Leben wird schwer für die erklärten Freunde Roms. Ein solcher ist der Atrebate Verica, Nachfahre des Comm. Sein Leidensdruck ist hoch, denn Anfang 43 n. Chr. unternehmen die Cassi unter Caradoc einen erneuten Vorstoß in das Territorium der Atrebates, welches diese zwischenzeitlich von den Cassi zurückerstritten hatten.
    Den Misserfolg des Adminius vor Augen, wagt Verica noch im Jahr 43 n. Chr. die Flucht nach Rom, um dort für sich um Hilfe zu bitten.
    Aber das Rom, das Verica vorfindet, ist ein anderes als das des Adminius von vor drei Jahren. Der Exzentriker Caligula ist unter mysteriösen Umständen und unter maßgeblicher Beteiligung der Prätorianergarde ermordet worden. Wunschkandidat der Garde für die Nachfolge war der auf den ersten Blick unwahrscheinlichste Anwärter auf den Thron. Claudius, Caligulas Onkel, ist ein schwächlich wirkender, stotternder, älterer Mann,

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