Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
diese Belagerung das Gleichgewicht zwischen dem, der er war, und dem, zu dem er zu werden fürchtete, stören könnte. Konnte er es wirklich verantworten, Fadrex einzunehmen, seine Armeen abzuschlachten und seine Vorräte zu stehlen, nur weil er angeblich die Bewohner seines Reiches schützen wollte? Aber konnte er es wagen, das Gegenteil zu tun, von Fadrex abzurücken und die Geheimnisse, die möglicherweise das gesamte Reich zu retten vermochten, in jener
Höhle und in den Händen eines Mannes zu lassen, der noch immer glaubte, der Oberste Herrscher werde zurückkommen und sein Volk retten?
Es war zu früh für eine endgültige Entscheidung. Zunächst wollte er alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Alles, das eine Eroberung der Stadt unnötig machte. Und das schloss die Belagerung ein, damit Yomen fügsamer wurde. Das schloss auch ein, dass sich Vin in diese Vorratshöhle einschlich. Ihre Berichte deuteten an, dass das Gebäude schwer bewacht wurde. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich in einer normalen Nacht dort hineinstehlen konnte. Doch während eines Balls waren die Sicherungsmaßnahmen vielleicht nicht so wirksam. Es wäre die richtige Zeit, einen Blick auf das zu werfen, was in dieser Höhle verborgen war.
Vorausgesetzt, dass Yomen nicht einfach die letzte Inschrift des Obersten Herrschers vernichtet hat, dachte Elant. Und dass es dort überhaupt etwas zu entdecken gibt.
Doch darauf bestand eine gewisse Aussicht. Es war die letzte Botschaft des Obersten Herrschers, die letzte Hilfe, die er seinem Volk hinterlassen hatte. Wenn Elant einen Weg fand, diese Hilfe ohne die Einnahme der Stadt und die Tötung von Tausenden Menschen zu bekommen, dann würde er diesen Weg beschreiten.
Schließlich waren die Männer mit ihren Berichten fertig, und Elant entließ sie. Hamm ging rasch, denn er wollte an diesem Morgen einen Übungskampf veranstalten. Cett war einige Augenblicke später ebenfalls fort; seine Diener trugen ihn zurück in sein eigenes Zelt. Doch Demoux blieb. Manchmal fiel es Elant schwer, daran zu denken, wie jung Demoux war – kaum älter als er selbst. Doch aufgrund seines zurückweichenden Haaransatzes und der vielen Wunden wirkte der Mann viel älter, als er war, wozu auch die noch immer sichtbaren Auswirkungen seiner langen Erkrankung beitrugen.
Demoux schien etwas auf dem Herzen zu haben. Elant wartete, und schließlich senkte der sichtlich verlegene Mann den Blick. »Euer Majestät«, sagte er, »ich befürchte, ich muss Euch bitten, mich von meinem Posten als General zu entbinden.«
»Warum sagst du das?«, fragte Elant vorsichtig.
»Ich glaube, ich bin dieses Postens nicht mehr würdig.«
Elant runzelte die Stirn.
»Nur ein Mann, dem der Überlebende vertraut, sollte das Kommando über diese Armee haben, Herr«, sagte Demoux.
»Ich bin sicher, dass er dir vertraut, Demoux.«
Demoux schüttelte den Kopf. »Warum hat er mir dann diese Krankheit geschickt? Warum hat er von allen Männern in der Armee gerade mich ausgesucht?«
»Das war Zufall, wie ich dir schon gesagt habe, Demoux.«
»Herr«, erwiderte Demoux, »ich will Euch nicht widersprechen, aber wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Schließlich wart Ihr derjenige, der betont hat, dass die Erkrankungen auf Kelsiers Willen hin geschehen.«
Elant dachte nach. »Habe ich das gesagt?«
Demoux nickte. »An jenem Morgen, als wir unsere Armee dem Nebel ausgesetzt haben, habt Ihr den Soldaten zugerufen, sie sollten nicht vergessen, dass Kelsier der Herr der Nebel ist und die Krankheit deshalb seinem Willen entspricht. Ich glaube, Ihr hattet Recht. Der Überlebende ist der Herr des Nebels. Er hat es selbst verkündet, in der Nacht, in der er starb. Er steht hinter der Krankheit, Herr. Ich weiß es. Er sieht jene, denen es an Glauben mangelt, und er verflucht sie.«
»Das hatte ich mit meinen Worten nicht gemeint, Demoux«, wandte Elant ein. »Ich wollte damit nur sagen, dass wir nach Kelsiers Willen diesen Rückschlag hinnehmen müssen. Das bedeutet doch nicht, dass er sich besondere Personen aussucht.«
»Wie dem auch sei, Herr, das waren Eure Worte.«
Elant machte eine abwehrende Handbewegung.
»Wie erklärt Ihr Euch denn die seltsamen Zahlen, Herr?«, fragte Demoux.
»Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Elant. »Ich gebe zu, dass die Anzahl der Erkrankten eine merkwürdige Statistik ergibt, aber das sagt doch nichts Bestimmtes über deine Person aus, Demoux.«
»Diese Zahl meine ich nicht, Herr«, sagte Demoux,
Weitere Kostenlose Bücher