Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
von jemandem kontrolliert werden. Aber ihre Zahl nimmt trotzdem zu. Wie ist das möglich?«
»Weil sie ihre Reihen andauernd auffüllen«, sagte Hamm und nickte langsam. »Aus den Dörfern, die sie überfallen.«
»Habt ihr euch jemals gefragt«, fuhr Elant fort, »warum damals, bei der Belagerung von Luthadel, Jastes’ Koloss-Armee zuerst ein Dorf überfallen hat, bevor sie auf uns zumarschiert ist? Diese Bestien mussten ihre Zahl erhöhen.«
»Sie gehen umher, tragen Kleidung und reden davon, Menschen zu sein«, sagte Vin. »Aber sie können sich nicht daran erinnern, was sie früher waren. Ihr Verstand wurde gebrochen.«
Elant nickte. »Gestern hat Vin endlich einen von ihnen dazu bringen können, ihr zu zeigen, wie man neue Kolosse macht. Aus dem, was er getan und was er zuvor gesagt hat, schließen wir, dass er zwei Menschen zu einem zusammenführen wollte. Das würde ein Geschöpf mit der Stärke von zwei Männern, aber ohne deren Hirn ergeben.«
»Eine dritte Kunst«, sagte Hamm und hob den Blick. »Eine dritte Art, Metalle zu benutzen. Es gibt die Allomantie, die Kraft aus den Metallen selbst zieht. Dann gibt es die Ferrochemie, die Metalle einsetzt, um Kraft aus dem eigenen Körper zu schöpfen. Dann gibt es da …«
»Marsch hat es Hämalurgie genannt«, sagte Vin leise.
»Hämalurgie …«, meinte Hamm. »Sie holt die Kraft aus dem Körper eines anderen.«
»Großartig«, sagte Cett. »Und?«
»Der Oberste Herrscher hat sich Helfer erschaffen«, sagte Elant. »Mit dieser Kunst, dieser Hämalurgie, hat er Soldaten gestaltet, die wir Kolosse nennen. Er hat Spione geschaffen, die wir Kandras nennen. Und er hat Priester ins Leben gerufen, die wir Inquisitoren nennen. Ihnen allen hatte er eine Schwachstelle mitgegeben, damit er sie beherrschen konnte.«
»Mir hat TenSoon beigebracht, wie man die Kolosse kontrollieren kann«, sagte Vin. »Er hat es mir unabsichtlich verraten, indem er gesagt hat, die Kandras und die Kolosse seien miteinander verwandt. Da habe ich erkannt, dass ich die einen genauso wie die anderen kontrollieren kann.«
»Ich … verstehe noch immer nicht, worauf Ihr hinauswollt«, sagte Demoux und schaute von Vin zu Elant.
»Die Inquisitoren müssen die gleiche Schwachstelle haben, Demoux«, erklärte Elant. »Diese Hämalurgie macht den Geist … verwundbar. Sie erlaubt es einem Allomanten, hineinzukriechen und die Kontrolle über ihn auszuüben. Der Adel hatte sich immer gewundert, warum die Inquisitoren dem Obersten Herrscher so fanatisch ergeben waren. Sie waren nicht wie gewöhnliche Obligatoren; sie waren viel gehorsamer. Sie waren Eiferer.«
»Genau das ist auch mit Marsch passiert«, flüsterte Vin. »Als ich ihn nach seiner Umwandlung zum Inquisitor zum ersten Mal wiedergesehen habe, ist er mir verändert vorgekommen. Aber während des Jahres nach dem Zusammenbruch ist er immer komischer geworden. Und schließlich hat er sich gegen Sazed gewandt und ihn umzubringen versucht.«
»Was wir andeuten wollen«, sagte Elant, »ist, dass etwas die Inquisitoren und die Kolosse kontrolliert. Etwas macht sich die Schwachstellen zunutze, die der Oberste Herrscher den Kreaturen mitgegeben hat, und benutzt sie nun zu seinen eigenen Zwecken. Die Beschwernisse, unter denen wir leiden, und das Chaos nach dem Zusammenbruch – das ist nicht bloß Chaos.
Genauso wenig, wie die Anzahl derjenigen, die der Nebel krank macht, rein zufällig ist. Das wirkt zwar alles offensichtlich, aber das Wichtige daran ist der Umstand, dass wir nun die Methode kennen. Wir verstehen, wie und warum diese Wesen kontrolliert werden können.«
Elant lief hin und her und hinterließ dabei Abdrücke auf dem schmutzigen Zeltboden. »Je mehr ich über Vins Entdeckung nachdenke, desto mehr glaube ich, dass alles zusammenhängt: Die Kolosse, die Kandras und die Inquisitoren sind keine voneinander unabhängigen Merkwürdigkeiten, sondern Teil eines Gesamtphänomens. Auf den ersten Blick scheint unser Wissen über diese dritte Kunst – die Hämalurgie – nicht viel wert zu sein. Wir haben nicht vor, weitere Kolosse zu schaffen, wozu dienen unsere Erkenntnisse also?«
Cett nickte, als ob Elant seine eigenen Gedanken ausgesprochen hätte. Doch Elant war abgeschweift, starrte durch die offene Zeltklappe und verlor sich in seinen Gedanken. Früher war ihm das oft passiert, als er mehr Zeit mit seinen Wissenschaften verbracht hatte. Er antwortete nicht auf Cetts Fragen; er sprach seine eigenen Bedenken aus und folgte
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